Beitragvon Christof T. » 28. Dezember 2011, 15:37
ravn schrieb:
> Bleibt die Frage, warum der Autor das finale Testing seiner
> Spielidee nicht vor der Veröffentlichung macht, sondern es
> jetzt so dreht, dass er die Spielefreaks daran beteilgt, eine
> verbesserte Version zu erstellen? Ist für mich ein erneutes
> Armutszeugnis, das inzwischen einige Brettspiele vorschnell
> auf dem Markt geworfen werden.
>
Es ist ja ganz einfach so, dass man beim Spieleentwickeln meist nur einen eingeschränkten Kreis an Testern zur Verfügung hat. Wenn ein Spiel auf dem Markt ist, dann kommen vielfach mehr Spielrunden und damit Erfahrungen auf. Durch das Internet können diese Erfahrungen auch schnell kommuniziert werden.
Außerdem kommt noch ein gewisser Zeitdruck dazu, der immer vorhanden ist, wenn man auf der Messe ein Spiel abliefern will.
> ABER: Ich finde Colonial in der alten Regelversion
> ausreichend gut. Soweit man das nach einer ersten
> Dreier-Partie sagen kann.
>
> Dieses "wir basteln nach der Veröffentlich am Regelwerk rum"
> lässt mich als Spieler trotzdem ratlos zurück, mit welcher
> Regelwerkversion ich denn jetzt spielen sollte. Die alten
> Regeln, die ja schliesslich dem Spiel beiliegen oder den
> neuen, die anders sind. Diese Entscheidung soll mir
> eigentlich der Autor abnehmen und ein vollendetes Werk
> abliefern für das ich schliesslich bezahle.
Was ist schon vollendet? Warum ist es denn wichtig, dass ein Spiel »vollendet« ist. Bei Twixt, Go und Konsorten, da sehe ich das ja noch ein, weil das Spiele sind, bei denen man keine Regel weglassen kann. Aber ein Spiel mit vielen (Handlungs-)Ebenen, das man auch noch mit verschiedenen Zielrichtungen spielen kann, warum sollte das für alle Zeiten in Stein gemeißelt werden?
Die Hauptsache ist doch, dass man ein Spiel hat das funktioniert und Spass macht. Wenn es mit neuen Regeln noch besser funktioniert und noch mehr Spass macht, um so besser.
>
> Aber wobei ich Zweifel hege, dass die neuen (oder auch
> alten?) Regeln wirklich durchgetestet sind - vor allem, wenn
> der Autor die Spielergemeinschaft nach Feedback dazu fragt
> auf BGG für seine zweite Auflage!
>
> Die Denke des Nach-Patchen von Features mitsamt Bugfxing beim
> Enduser ausgelagert (siehe Panic Station), hat inzwischen
> dann leider schon die Brettspielwelt erreicht. Finde ich
> persönlich schade.
>
Es ist schlecht, wenn ein Spiel Fehler hat, die erst später bemerkt werden und dann Nachgebessert werden muss. Aber vielfach geht es ja auch nur darum manche Dinge etwas zu glätten, die manchem negativ aufgefallen sind, wobei andere gar keine Probleme damit hatten.
> Die Zeiten, dass man Spiele aus der Schachtel heraus ohne
> BGG-FAQ und Regel-Errata V2.1 spielen konnte und dabei sicher
> war, kein verfälschtes Spielerlebnis zu haben, sind
> Vergangenheit und ein weiteres Indiz, dass der Markt mit
> vorschnellen Veröffentlichungen übersättigt ist. Quantität
> statt Qualität eben, um schnell abzukassieren, weil ja schon
> die nächste Neuheit gehypt werden will.
Erstens ist es so, dass es heutzutage einfach viel mehr Spiele gibt. Und deswegen sich die einzelnen Fälle stärker summieren als früher. Ich denke, dass es prozentual gesehen nicht mehr Fehler gibt als früher. Früher war nicht alles besser, wir haben schon immer mit fehlerhaften, schwierigen und uneindeutigen Regel zu kämpfen gehabt. Allerdings wurde früher meistens nicht »nachgeschustert« weil es für Kritik kein Forum gab. In den ganz alten spielbox-Heften, war die Rubrik »Besser Spielen« wesentlich größer und ausführlicher als heute.
Noch ein Wort zum Thema »Abkassieren«. Ein komplexes Spiel zu entwickeln erfordert sehr viel Zeit. Ein solches redaktionell zu bearbeiten, mit Grafiken zu versehen, Drucken zu lassen etc. noch mehr Zeit. In dem Markt unseres Spiele-Hobbys steckt nun wirklich nicht sehr viel Geld so dass sich jemand mit der Entwicklung so eines Spieles (und selbst bei vorsätzlichere Übervorteilung des Kundens) eine Goldene Nase verdienen könnte.
Wenn ein Spiel das verkauft wird, funktioniert und unterhält, wo ist da der Gedanke das »Abkassierens«? Du kannst ja immer selbst entscheiden, ob du ein Update wahrnimmst oder nicht.
>
> Prominente Beispiele gefällig:
> - Eselsbrücke von Schmidt
> - Helvetia von Kosmos
> - Space Empires von GMT
> - Panic Station von White Goblin Games
Ich kann nur zu »Eselsbrücke« sagen, dass uns das Spiel in der ersten Auflage überaus viel Spass gemacht hat. Der Verlag und der Autor sind wohl auf die Punkte der Kritiker und Spieler eingegangen und haben das Spiel daraufhin verändert. Warum auch nicht. Ich bin sicher das Spielgefühl ist noch ebenso amüsant wie vorher.
Besten Gruß
Christof