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[PEEP] Riff Raff von Zoch

Kritiken und Rezensionen: Wie ist Spiel XY?
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Duchamp

[PEEP] Riff Raff von Zoch

Beitragvon Duchamp » 24. Juli 2012, 14:40

Seit Nürnberg 2012, wo das Spiel präsentiert wurde, war ich neugierig auf dieses neue, "typische" Zoch-Spiel. Hier mein Info-Report:

"Riff Raff" ist ein Spiel in der Tradition von "Hamsterrolle", "Bamboleo" oder "Hinkel & Stein": Gewicht abschätzen und auf eine Art Waage platzieren sind Kern des Geschehens. Schwierig für einen Verlag, da er nie hundertprozentig weiß, wie die endgültigen Elemente ausfallen. Zu glatte oder zu raue Oberflächen, ein schwereres Holz, alles Mögliche kann dazu führen, dass das Spiel nicht mehr wie vorgesehen funktioniert.

Riff Raff funktioniert.

Das Herzstück des Spiels ist ein Holzschiff, das kardanisch gelagert auf einer hohen Pappwelle sitzt. Unten, am ins Meer verlängerten Mast, hängt als Gegengewicht eine Stahlkugel. Nach oben ragt der Mast 20 Zentimeter hinauf und hat überdies drei Brettchen als Rahen. Das "Deck" trägt die Zahlen 1 - 4, die Rahen je zwei Zahlen bis hinauf zur zehn an der Spitze. Durch die Aufhängung schwingt das Schiff in jede Richtung hin und her. Jeder Spieler erhält je eines von 8 verschieden schweren und geformten Gegenständen (Truhe, Kiste, Beiboot, Flasche, Matrose, Planke, Ratte und Fass) sowie Handkarten von 1 - 10.

Zu allererst muss das Schiff zusammengebaut werden. Der Zusammenbau sollte in etwas anderer Reihenfolge von statten gehen als in der Regel beschrieben. Hier waren bei Drucklegung die ausgelieferten Elemente noch nicht verfügbar (wie auch?) ... Die Stäbe (Mast und „Untermast“ mit Stahlkugel) verjüngen sich am Ende und müssen mit Kraft in den Rumpf "gedreht" werden. Dafür sitzen sie dann auch wirklich fest. Das geht allerdings kaum, wenn der untere Teil schon auf der Welle sitzt, wie es die Regel vorschlägt. Das fertige Schiff mit drei Rahen verlockt sofort zum Spielen.

Das gesamte Material ist absolut hochwertig - ein massiver Schiffsrumpf, eine 110 g schwere Stahlkugel, die an den unteren Stab geschraubt wird, schöne Holzteile - Zoch vom Feinsten.

Der Spielverlauf ist denkbar einfach. Jeder der 2 - 4 Spieler erhält Karten und Gegenstände. Eine Runde besteht aus zwei Phasen: Simultan eine Handkarte aufdecken (die ist danach aus dem Spiel) und Gegenstände aufs Schiff platzieren. Ziel des Spiels ist, alle Gegenstände loszuwerden. Da das Spiel höchstens zehn Runden dauert (wenn alle Karten weg sind), gar nicht so einfach. Denn jeder Gegenstand verändert die Gewichte und Hebelwirkungen, und immer wieder purzeln Gegenstände vom Schiff. Da die gespielten Karten sowohl die Spielreihenfolge (von 10 runter bis 1) festlegen, als auch den Ort des Platzierens, wird das Ganze ziemlich trickreich. Außerdem wird derjenige, der die höchste Zahl ausspielt, "Kapitän" dieser Runde und bestimmt bei gleich hohen Karten die Spielreihenfolge. Sollte das Unentschieden bei den höchsten Karten bestehen, bestimmt der vorige Kapitän, wer nun die Rolle übernimmt.

Was aber geschieht nun, wenn man eine Truhe auf die erste Rahe stellt, dicht am Mittelpunkt, und oben schon ein Matrose an der Rahe hängt, eine Kiste auf der anderen Seite steht und das Schiff bereits Schlagseite hat ...? Immer wieder schlingert das Schiff, stärker mit jeder neuen Ladung, Dinge fallen FAST herunter, dann plötzlich kommt das Schiff nach dem Verlust einer Kiste erst richtig in Schwung - und schlägt in die andere Richtung aus wie ein Wildpferd. Wenn etwas fällt, sollte der aktive Spieler es tunlichst auffangen - denn was er fängt, kommt aus dem Spiel. Was auf Tisch oder Boden fällt, kommt in seinen "Vorrat".

Die Kombination von Interaktion und dem eigentlichen Platzieren funktioniert tadellos. Taktische Erwägungen sind dauernd vorhanden, und spannend ist es sowieso. Denn auch, was die Gegenspieler tun und wie sich das Schiff verhält, muss ich permanent beobachten. Gerade die Unvorhersehbarkeit des Schlingerns macht den Spaß aus.

Im Vergleich zu anderen "Balance"-Spielen ist Riff Raff eher eine rasante Angelegenheit. Da macht es überhaupt nichts, dass der Mechanismus natürlich nicht wie eine High-Tech-Maschine in letzter Präzision ausschlägt, sondern das Gelenk - je nach Zusammenbau und Ausrichtung - mitunter in die eine Richtung empfindlicher als in die andere reagiert. Dies zu beobachten gehört schlicht zum Spiel. Und darf auch jedes Mal etwas anders sein.

Wem trotz allem Spaß die Angelegenheit letztlich doch ZU kippelig ist, oder wer mit kleineren Kindern spielt (oder Menschen, die keine allzu ruhige Hand haben), dem sei empfohlen, ein paar Beilagscheiben hervorzukramen und auf dem Schraubgewinde, das Stahlkugel und Mast verbindet, zwischenzulegen. Schon ist es unten schwerer und oben weniger wackelig. Je nach Spielgruppe und Geschmack kann dann justiert werden.

Diesen Bericht gibt es auf Englisch, dafür ausführlicher und bebildert, auf Boardgamegeek:
http://www.boardgamegeek.com/thread/832322/rock-the-boat-a-pictorial-introduction

Hier noch ein Kurzvideo mit Spieleautor Christoph Cantzler und dem Spiel in Aktion aus Nürnberg:
http://www.youtube.com/watch?v=orhAqudjy5E&feature=player_embedded

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ravn

Re: [PEEP] Riff Raff von Zoch

Beitragvon ravn » 24. Juli 2012, 16:09

Duchamp schrieb:

> "Riff Raff" ist ein Spiel in der Tradition von
> "Hamsterrolle", "Bamboleo" oder "Hinkel & Stein":
> Riff Raff funktioniert.

Danke für den PEEP. Ist damit gekauft - halbblind sozusagen, da ich ja jetzt weiss, was mich erwartet. Interaktive Geschicklichkeits-Spiele mit Aufforderungs-Charakter sind einfach toll!

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widow-s-cruse

Re: [PEEP] Riff Raff von Zoch

Beitragvon widow-s-cruse » 24. Juli 2012, 19:22

Hallo Daniel,

danke für die Tipps. Ich habe Riff Raff vorhin zusammengebaut. Die Hinweise kamen gerade rechtzeitig.

Auf dem städtischen Kinderfest kommt´s zum Einsatz. Ich bin auf die Reaktionen der Kinder gespannt. :-)

Liebe Grüße
Nils
http://aiblinger-zockerbande.de/

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Chulian
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Re: [PEEP] Riff Raff von Zoch

Beitragvon Chulian » 25. Juli 2012, 15:12

Danke für den tollen Peep. Mit mehr Substanz als manch anderer Peep. Genau wegen deiner Eingangsworte zu Hamsterrolle, Bamboleo usw. ist auch für mich dieses Spiel ein Pflichkauf. Freu mich drauf, zwischen unserer Strategieorienterten Spielen immer mal wieder so etwas zu haben.

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freak
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Re: [PEEP] Riff Raff von Zoch

Beitragvon freak » 26. Juli 2012, 10:35

Da freue ich mich auch drauf, heute abend mein Exemplar in den Händen zu halten ;)

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ravn

Re: Riff Raff von Zoch: Leichtgängigkeit der Kipp-Achsen?

Beitragvon ravn » 26. Juli 2012, 16:02

Vorhin vom Paketboten bei mir abgeliefert worden. Schönes Material, wie es spielerisch wirkt, kann ich im Einzelspieler-Versuch kaum prophezeien. Geht stark in die Richtung Bomboleo, aber eben durch das Schiff thematischer und durch die Karten wohl auch ein wenig taktischer.

Wie labil-leichtgängig soll das Schiff eigentlich gelagert sein? Auf der Achse, die lose auf dem Ring aufliegt, da klappt das ganz gut. Die Achse des Innenrings ist bei meinem Exemplar allerdings schwergängier und reagiert deshalb eher zögerlich auf Gewichtsverlagerungen.

Wie sieht es da bei Euch aus oder weiss jemand, wie das vom Autor / Verlag gedacht ist?

Cu / Ralf

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Duchamp

Re: Riff Raff von Zoch: Leichtgängigkeit der Kipp-Achsen?

Beitragvon Duchamp » 27. Juli 2012, 11:45

Yep. Es ist wohl so, dass die beiden Achsen unterschiedlich sensibel reagieren. Das ist auch auf dem Video von Nürnberg mit dem finalen Prototyp zu sehen (habe gerade nochmal reingeschaut). Das ist bei meinem Exemplar nicht anders, stört aber nicht weiter.

Man bringt ja den Gelenkstab beim Zusammenbau beliebig zum Schiff verdreht an, so dass die "schnellere" Richtung bei jedem Spiel eine andere ist: mal vorne - hinten, mal schräg, mal quer. Die Spieler müssen die Reaktionen des Schiffes ohnehin beobachten und sollten diesen Effekt mit bedenken. ;-)

Ob das bewusst so gedacht war oder nur auf eine zufällig eher enge Bohrung im Mast zurückzuführen ist, weiß ich allerdings auch nicht.

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ravn

Re: Riff Raff von Zoch: Leichtgängigkeit der Kipp-Achsen?

Beitragvon ravn » 27. Juli 2012, 13:58

Duchamp schrieb:
>
> Yep. Es ist wohl so, dass die beiden Achsen unterschiedlich
> sensibel reagieren.

> Ob das bewusst so gedacht war oder nur auf eine zufällig eher
> enge Bohrung im Mast zurückzuführen ist, weiß ich allerdings
> auch nicht.

Danke für die Info. Ich habe mal bei Zoch direkt angefragt, wobei ich bei Holzmaterial eh kein Präzisions-Spielzeug erwarte. Wollte nur sicher gehen, dass mein Exemplar in Ordnung ist, weil wäre blöd, wenn der Spielspass darunter leiden würde bzw anders besser wäre.

Cu / Ralf

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ravn

Re: [PEEP] Riff Raff von Zoch: Daumen hoch!

Beitragvon ravn » 30. Juli 2012, 11:15

ravn schrieb:

> Danke für den PEEP. Ist damit gekauft - halbblind sozusagen,
> da ich ja jetzt weiss, was mich erwartet. Interaktive
> Geschicklichkeits-Spiele mit Aufforderungs-Charakter sind
> einfach toll!

Und der Kauf hat sich gelohnt. Zwar bisher nur eine Zweier-Partie gespielt, aber die hat direkt drei (!) Revanchen am selben Tag gefordert. Riff Raff trägt als das Spiel, was es sein will: Ein Geschicklichkeits-Spiel, bei dem jeder Spieler jederzeit mitfiebert, das unerwartete Ketten-Reaktionen zeigt, das scheinbar unmögliche Neige-Situationen hervorbringt, bei dem man während der Partien in seinen Ablege-Möglichkeiten wächst ("das schaff ich noch, mal sehen, ob das klappt"), das durch den Karteneinsatz für das Genre sogar ausreichend taktisch werden kann und nie banal.

Kurz gesagt: Es macht (mir und in meiner bisher gespielten Spielrunde durchweg) Spass! Und das ist wohl das grösste Lob, was ein Spiel einheimsen kann.

Cu / Ralf

PS: Ob jetzt die eine Kipp-Achse weniger labil als die andere ist, ist im Spiel völlig egal. Eher kommt damit noch zusätzliche Spannung auf. Ein "Falsch" kann es somit gar nicht geben, egal wie stark beweglich (zwischen sehr leichtgängig bis weniger leichtgängig aber noch klar beweglich im Spielverlauf) die Kipp-Achsen jetzt nun sind.

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Duchamp

Leichtgängigkeit der Kipp-Achsen - Reaktion?

Beitragvon Duchamp » 30. Juli 2012, 18:38

ravn schrieb:
>
> Danke für die Info. Ich habe mal bei Zoch direkt angefragt,
> wobei ich bei Holzmaterial eh kein Präzisions-Spielzeug
> erwarte.

Hallo!

Scheint ja soweit zu funktionieren (s. dein Post von heute) ;-)

Was haben die Zoch-Leute denn geantwortet?

Grüße,

Daniel
(der am Wochenende auch diverse "Rutsch-Partien" hatte)

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ravn

Re: Leichtgängigkeit der Kipp-Achsen - Reaktion?

Beitragvon ravn » 30. Juli 2012, 21:12

Duchamp schrieb:
>
> Was haben die Zoch-Leute denn geantwortet?

Da die Mail direkt an mich ging, hier nur die Zusammenfassung: Zoch hat mir sehr ausführlich geantwortet. Die unterschiedliche Kipp-Empfindlichkeit ist gewollt und auch produktionsbedingt und kann je nach Exemplar unterschiedlich ausfallen. Dabei gibt es kein richtig oder falsch im Toleranz-Bereich von Holz. Da mein Spiel einwandfrei funktioniert, kein Grund zur Klage.

Cu
Ralf


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