Die Anleitung, ein unverstandenes Wesen
Ihr kennt es sicherlich auch. Man fiebert einem neuen Spiel entgegen, hat die Schachtel in der Hand und fällt gleich nach dem Auspacken über die Spielregeln her. Doch irgendwie gibt es eigentlich doch immer an einer Anleitung etwas zu bemängeln. Denn die Spiele-Hersteller haben natürlich keine verbindlichen Regeln, wie eine Anleitung auszusehen hat. Damit meine ich nicht den Inhalt, der schon oft genug schwierig zu vermitteln ist, wenn er fehlerfrei sein soll, sondern die Form.
Wie also sollte die ideale Spielanleitung beschaffen sein? Das möchte ich Euch mal hier im Forum fragen. Nicht aus persönlichem Anlaß, sondern einfach so, weil ja auch immer mal wieder Verlagsmitarbeiter mitlesen. Und da ich keinen Blog oder so etwas betreibe, sondern eine reine Rezi-Seite, schreibe ich den Text mal hier auf.
Punkt 1 – InternationalitätViele Spiele kommen heute mehrsprachig bzw. sprachneutral auf den Markt. Dabei werden jedoch die Anleitungen natürlich in die Sprachen übersetzt, bei denen man den größten Absatzmarkt sieht. Die Frage stellt sich hier, ob man alle Sprachen in einem Heft unterbringen sollte oder für jede Sprache ein eigenes Heftchen erstellt.
Bei Queen Games hat man pro Nationalität ein eigenes Heftchen. Das finde ich persönlich ganz praktisch, weil man die Anleitungen, die man nicht braucht, wegwerfen kann oder unter das Inlet legt. Die Spielanleitung selbst ist nicht so dick und läßt sich leichter handhaben. White Goblin Games dagegen hat alles in einem großen Heft zusammen. So kann nichts verloren gehen und man hat schnell die anderen Übersetzungen zur Hand, wenn es mal um Detail-Regelfragen und Interpretationen geht. Wahrscheinlich ist ein einziges Anleitungsheft günstiger in der Produktion…
Mir persönlich gefallen viele Anleitungen allerdings besser.
Punkt 2 – Layout bei mehrsprachigen AnleitungenWenn man eine Anleitung mehrsprachig macht und alles in ein Heft setzt, gibt es dafür mehrere Ansätze. Der gebräuchlichste ist dabei wohl das Bereichs-Layout. Erst kommt die komplette Anleitung in einer Sprache, danach die komplette Anleitung in einer zweiten Sprache usw.
Bei Drei Magier Spiele funktioniert das allerdings anders. Hier gibt es mehrere Sprachen, die auf einer Doppelseite in Spalten nebeneinander liegen. Dies hat den Vorteil, daß man Abbildungen nur einmal auf einer solchen Seite unterbringen muß und dann direkt für vier oder sechs Sprachen zur Verfügung hat. Bei Regelunklarheiten findet man den Passus in einer anderen Sprache natürlich auch sehr schnell.
Der Nachteil dieses Layouts ist das ständige Nachblättern selbst bei leichteren Kinderspielen, weil die Anleitung jedes Mal aus gefühlten 24 Seiten besteht. Und die fremden Sprachen auf der Doppelseite irritieren dazu.
Die dritte Variante kommt mir bei den Gigamic-Spielen in den Sinn. Hier hat man die Anleitungen in der Regel auf ein festes Format (1 bis 2 Seiten) gequetscht und die Beispiele am Ende des Regelbuchs abgedruckt. Verweise in den Spielregeln fordern den Leser dazu auf, dorthin zu blättern und sich das Beispiel anzuschauen. Auch hier ist der Vorteil, daß die Abbildungen nicht ständig wiederholt gedruckt werden müssen und man dadurch Seiten spart. Das erste Lesen einer Anleitung wird zwar holpriger, allerdings kann man beim Nachschlagen oder Rekapitulieren der Regeln auf einen kompakten Textblock zurückgreifen.
Mir persönlich gefällt der erste Ansatz am besten. Mit den Regeln von Drei Magier dagegen komme ich gar nicht klar, das finde ich einfach nur grausam und ablenkend.
Punkt 3 – Aufzählung und Abbildung des SpielmaterialsEigentlich kann man hier bei fast allen Spielen nichts bemängeln. Die Spiele zeigen oft das Spielmaterial und benennen es, dazu gibt es fast immer die Zahlenangaben, wie viele Objekte welcher Art vorhanden sein müssen.
Aber es gibt natürlich auch Ausnahmen. Bei den Czech Games Edition-Spielen ist in der Anleitung selbst oft kein Hinweis, welche Menge vorhanden sein sollte. Dies muß man dann umständlich auf der Unterseite der Verpackung nachlesen. Oder die Materialabbildung ist auf der Schachtel zu finden (Myrmes war das glaube ich).
Mir gefällt das persönlich überhaupt nicht, denn wenn ich solche Informationen suche, schaue ich doch automatisch in der Regel und für mich gehören Materialangaben dort hinein.
Was mich neuerdings stutzig macht: Einige Spiele geben keine Mengen mehr an. Während es früher hieß, daß ein Spiel 100 Geldscheine hatte, kommt heute manchmal nur noch ein lapidares „Spielgeld“ zum Einsatz. Gibt es da nicht eigentlich eine Verpackungsrichtlinie, in der geregelt wird, daß alles Wesentliche eines Produktes genau aufgelistet werden muß? Bei Lebensmitteln also Inhalt und Menge, bei Haushaltswaren nur die Menge etc...
Ich finde es gut, wenn ein Spiel mir genau beschreibt, was drin sein soll. Aber das muß dann auch wirklich vorhanden sein. White Goblin Games z.B. nimmt es ja nicht so genau mit seinen Deklarationen. Hier fehlt bei dem einen oder anderen Spiel schon mal ein Marker und wird dann nachträglich als „wir haben uns vertippt“ deklariert. Ist natürlich die einfachere Methode, bevor man allen Kunden Ersatz schicken muß. Klar, Fehler können immer passieren, zumal ein zusätzlicher Stanzbogen natürlich auch Geld kostet und man dann eventuell direkt bei der Produktion entscheidet, daß dies dann eingespart werden soll. Dumm, wenn man dann die Anleitung nicht mehr anpassen kann…
Warum das ein Problem sein kann? Weil ich ja vielleicht in einigen Jahren genau so ein Spiel gebraucht kaufe/verkaufe und dann auf eine Differenz stoße. Als Käufer würde ich natürlich meckern über den schlechten Verkäufer und als Verkäufer hab ich mit einem nörgelnden Kunden zu tun.
Punkt 4 – SchachteldesignOk, das hat jetzt nichts mit Anleitungen mehr zu tun, aber einen abgetrennten Text wollte ich auch nicht mehr schreiben.
Wie sollte eurer Meinung nach die Schachtel-Information aussehen?
Ich möchte gerne an den Längs- und/oder Querseiten eine Angabe über die Spielerzahl und das Einstiegsalter haben. Gerne auch eine ungefähre Zeitangabe. Das Cover sollte den Autoren-Namen dabei haben, auf Spielerzahl/Alter/Spielzeit kann ich da verzichten. Angaben über Spielepreise sind mir persönlich egal, wirken aber vielleicht verkaufsunterstützend. Dann sollten sie aber nicht 50% des Covers einnehmen.
Auf der Schachtelunterseite möchte ich gerne ein großes Bild des Materials, eventuell bei besonderen Gimmicks eine Vergrößerung davon, sehen. Auf eine Skalen-Beschreibung wie bei Alea (Anspruch, Spieldauer, Kalorienverzehr während einer Partie, Spaßfaktor, Interaktivität, Fußpilzwahrscheinlichkeit) kann ich verzichten. Materialangaben in Tabellenform bei kurzen Listen finde ich auch ok. Die Standard-Sachen wie Grüner Punkt, CE, Strichcode, Anschrift des Verlags etc. müssen ja auch sein. Neben einer Autoren-Angabe hätte ich auch liebend gerne den Grafiker und (komischerweise) auch den Verantwortlichen des Verlags genannt. So wie bei Queen Games damals immer mit „Realisation: Bernd Dietrich“.
So, jetzt seid ihr dran. Was seht ihr anders, was hab ich bei meinen Überlegungen übersehen und wo pflichtet ihr mir bei?
Ciao,
Andreas Keirat
www.spielphase.de