Beitragvon Dumon » 3. Mai 2014, 09:47
Hi!
Ich hab mich bisher mit Antworten zurückgehalten, da ich hoffte, dass andere da mehr Einblick bieten könnten. Denn obwohl ich die Regeln übersetzt habe, hab ich leider nicht soo viel Einblick, wie vielleicht manch anderer Spieler (ich hab wechselnde Gegner, meist Anfänger).
Meine Antworten können sich deshalb bisher nur auf die Spielkonstruktion sowie Aussagen anderer Spieler (auf BGG) stützen. Aber bevor Du gar keine bekommst...
;-)
Zitat:
"Erstens: Das Spiel ist ja recht asymmetrisch angelegt. Kommt man irgendwann dahin, dass jeder grenzdebile Sparta-Spieler jeden Einstein in Athen abreibt (oder umgekehrt), will sagen, mit ein wenig Erfahrung der Spieler, ist das Spiel tatsächlich so gut austariert (man kann es sich kaum vorstellen, wenn man das Spielbrett sieht), dass man mit beiden Seiten gleichwertige Gewinnchancen hat?"
Das Spiel hat eine recht hohe Einstiegshürde. Nicht aufgrund der Regeln, sondern aufgrund der vielen Möglichkeiten. Und diese ist für den Athen-Spieler noch ein ganzes Stück höher, da die Strategie für den Sparta-Spieler intuitiver ist (Armeen ausheben, über Land marschieren, etc.). Heißt: Solange der Athen-Spieler nich weiß, was er tut, ist es für den Sparta-Spieler nicht schwer, mit ihm den Boden zu wischen.
Das ändert sich aber, wenn der Athen-Spieler dann weiß, wie der Hase läuft. Seine Aufgabe ist es, dem Spartaner von Anfang an schwer zu machen. Denn hat der Spartaner früh eine zu gut funktionierende Infrastruktur, ist er fast nicht mehr aufzuhalten.
Gehen wir aber davon aus, dass beide Spieler gleichermaßen das Spiel beherrschen, und auch wissen, wie Athen "zu spielen ist", dann hängt der Rest tatsächlich nur noch von den Spielern selbst ab. Groupthink und eingefahrene Gleise können hier das Spiel vernichten.
Was ich aber bisher von den sehr erfahrenen Spielern gehört habe (via BGG), ist das Spiel sogar sehr ausgeglichen. Trotz der Asymmetrie.
Oft wird der Vorteil des Sparta-Spielers im Kampf zu Land als Manko genannt - als Grund, warum letztendlich der Athen-Spieler nie würde gewinnen können. Auch das ist mehr Groupthink als alles Andere. Man kann als Athen-Spieler Kämpfen zu Land sehr effektiv aus dem Weg gehen, oder sie sogar zu seinem Vorteil nutzen. Athen hat dahingegen den Vorteil, Sparta vom Handel abzuschneiden, und wenn es das gut hinbekommt, hat Sparta massiv mit Versorgung zu kämpfen.
Zitat
"Und zweitens: Kristallisiert sich mit ein paar Spielen Erfahrung nicht eine ewig gleiche Strategie heraus, à la ich eröffne immer so, dann spielt mein Mitspieler immer dies, daraufhin gehe ich immer dahin und mein Mitspieler kontert immer so. Hat man tatsächlich mehrere strategische Spielmöglichkeiten und damit meine ich natürlich sinnvolle Spielmöglichkeiten oder ist man durch den Zwang der Ressourcenbeschaffung nicht doch nach einer anfänglich sicherlich vorhandenen Lernphase relativ stark auf eine Strategie festgelegt, weil man die Ressourcen halt nicht beliebig überall bekommt?"
Es gibt im Spiel ja pro Runde 1 Ereigniskarte (also vier im Spiel). Das ist zwar nicht viel, kann aber grade die anfänglichen Züge einer Runde etwas beeinflussen. Und diese dann wiederum die folgenden Züge. Schon dadurch kommt Varianz ins Spiel, wenn auch nicht bergeweise.
Der zweite Varianzpunkt sind die Schlachten. Durch den Zufallsfaktor der Kartenhand werden Schlachten nie gleich ablaufen. Die Anzahl danach noch bestehender Einheiten beeinflusst dann aber wiederum die Möglichkeiten im weiteren Verlauf der Runde. Auch das ist ein kleiner Faktor, der verändert.
Der dritte Aspekt sind natürlich die Belagerungen, da auch diese zu einem gewissen Grad zufallsabhängig sind. Auch da verändert sich ggf. die Einheitenzahl.
Wichtigster Punkt hier sind aber vielleicht die drei Projekte in jeder Runde. Diese machen andere Poleis interessant, und können dadurch das Spiel entscheidend verändern. Wenn sie nicht durch Groupthink an den Rand der Spielentscheidungen gedrängt werden. Auch das ist halt immer fraglich. Allerdings werden die Projekte meist erst in den letzten beiden Spielrunden so wirklich ausschlaggebend.
Es gibt natürlich auch negative Stimmen. Gerade letztens wurde hier ein Thread eröffnet, der sich auf eine Rezension bezieht, nach deren Aussage es eine Strategie gäbe, die das Spiel bricht, und die die einzig Sinnvolle wäre:
http://www.spielbox-online.de/phorum4/read.php4?f=1&i=288947&t=288947&
Ich hab in dem Zusammenhang dann einen Thread auf BGG aufgemacht, um zu sehen, was die erfahreneren Spieler denken. Die Antworten bestätigten meine Auffassung (kannst Du im anderen Thread bzw. auf BGG nachlesen - dort verlinked).
Was ich damit sagen will, ist, dass Groupthink einen massiven Einfluss darauf hat, ob das Spiel sich immer gleich entwickelt. Denn Polis ist ein Spiel mit extrem hoher Interaktionsrate, da es zu gleichen Teilen aus Aktion und Reaktion besteht. Wenn also beide Spieler den verändernden Nuancen im Spiel keinen Raum einräumen, wird es womöglich immer gleich ablaufen. Dabei bieten diese Nuancen aber nicht nur Varianz im Spielablauf (und wären damit Selbstzweck), sondern eben auch Strategien, dem Gegenspieler einen Schritt voraus zu sein.
Ich hoffe, das konnte etwas helfen mit der Entscheidung.
Grütze,
Dumon