Beitragvon Dumon » 30. Oktober 2014, 12:20
Naja, ich kann zum Thema Langzeitmotivation nicht viel sagen, habs bisher nämlich nur einmal gespielt. Und auch das "nicht einfach gut zu spielen" war eher im Konjunktiv, da ich auch da noch nicht viel zu sagen kann.
Fest steht, dass es viele Möglichkeiten zu Agieren gibt. Ob diese vielen Möglichkeiten sich aber zugleich auch in "viele Möglichkeiten, das Spiel zu gewinnen" übersetzen lassen, DAS kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen.
Ich kann aber mal eine ganz grobe Einschätzung geben (wie gesagt "nach dem ersten Spiel"). Das, was jetzt kommt, basiert alles auf meinem "Gefühl".
Arler Erde ist eines der Spiele von der Messe, von denen ich mir viel versprach. Und thematisch ist es wirklich schön umgesetzt, ist spielerisch interessant und intelligent verknüpft.
Arler Erde ist aber auch eines der Spiele von der Messe, bei dem ich mir schon sehr früh (mitten im Spiel) relativ sicher war, dass es bald meine Sammlung wieder verlässt.
Warum?
Weil es zwar viele Möglichkeiten bietet, aber mir insgesamt weder genug Varianz bietet, um langfristig interessant zu bleiben, noch genug separate Wege zum Ziel, noch wirklich große Unterschiede in Ablauf und Aktionen.
Varianz:
Variiert werden ausschließlich ein paar Gebäude (4 von 7 grünen, 2 von 5 gelben, 3 von 5 blauen). Es gibt dadurch zwar einige Kombinationen, aber da die Gebäude auf das Spielgeschehen keinen massiven Einfluss haben*, heißt das eben nur, zu schauen, welche der Gebäude ich haben will, und der Rest (70% des Spiels, wenn nicht mehr) bleibt einfach gleich.
Separate Wege:
Es gibt viele Möglichkeiten, Punkte zu sammeln. Reisen, Gebäude, Deiche, Felder, Wälder, Tiere etc. Im Endeffekt aber wird man immer wieder ein ähnliches Schema fahren, und immer wieder bei einem ähnlichen Grundausbau landen. Man stelle sich Agricola ohne Berufe und kleine Anschaffungen vor, die zu ihren Funktionen ja auch den Aufbau des Hofes verändern können. Das fehlt hier komplett.
Was aber noch ein viel größeres Problem ist, das sind die vielen Möglichkeiten. Denn diese ermöglichen dem Spieler, Probleme, die der andere Spieler (durch Wegnehmen von Aktionen) schafft, einfach mit Alternativrouten zu umgehen. Und die vielen Möglichkeiten geben eben nur unterschiedliche Wege zu Punkten.
Unterschiede in Ablauf und Aktion:
Ich hab ja erwähnt, dass der Hof in jedem Spiel wahrscheinlich auf ein immer ähnliches Ziel hinarbeiten wird. Dabei ist es, im Gegensatz zu Agricola, ganz egal, WO denn jetzt das Feld hinkommt, oder WO die Tiere stehen, etc. Nur genug Platz muss vorhanden sein.
Leider fühlen sich alle Aktionen, die man macht, irgendwie ähnlich an. Mehr buchhalterisch als spielerisch. Der Funke springt nicht über, wenn ich drei Deichteile versetzen muss, um die Deichlinie zu verschieben. Oder wenn ich mal wieder ein neues Feld auslege, neue Tiere erhalte, etc. All das sind mechanische Abläufe, die mehr wie Hin- und Herschieben auf dem Abacus wirken als wie Aktionen eines Spiels. Und insgesamt wirkt Arler Erde wie ein Rechenbeispiel um Effizienz, eine Kopfrechenaufgabe, deren Parameter sich immer wieder ein klein bisschen ändern, wodurch der Graph leicht angepasst werden muss. Denn ich verfolge nicht die eine Strategie, um an Punkte zu kommen, oder die andere. Was ich mache, das ist, den Punkten hinterher laufen. Ich sammle Punkte. Egal, ob die aussehen wie ein Plättchen Bauholz, ein Schaf oder ein Gebäudeplättchen.
Versteht mich nicht falsch, ich bin Eurogamer durch und durch. Als solcher spiele ich fast immer den Mechanismus, fast nie das Thema des Spiels. Aber selten hat mich ein MEchanismus so wenig gepackt, ja fast schon gelangweilt, wie hier. Arler Erde ist eine reine Optimieraufgabe, ein Solopuzzle, bei dem selbst das kleine bisschen Interaktion (das Wegnehmen der Aktionsfelder) dadurch ad absurdum geführt wird, dass man ähnliche Felder in der anderen Jahreshälfte finden kann (und auch ggf. nutzen darf) oder, falls das nicht zutrifft, durch alternative Aktionskombis sich ähnliche Wege zum Ziel erschließen kann. Einzig das Wegnehmen von Gebäuden hier bringt Interaktion, aber das war es auch schon. Also rechnet man vor sich hin, und am Ende gewinnt der, der 5 Punkte oder so mehr hat. Aber nicht, weil es ein spannender Kampf war, sondern weil sein Weg ihm an einer oder zwei Stellen eben die kleinen paar Punkte mehr gebracht hat.
So fühlte ich mich nach dem ersten Spiel.
Was fehlt, das ist Interaktion. Massiv. Ich nehme meinem Mitspieler fast gar nichts weg. Vielleicht blockiere ich das Aktionsfeld, dass jetzt am Effektivsten gewesen wäre, mir mehr Punkte eingebracht hatte. Aber vom Spielgefühl ist das wesentlich blutärmer als ihm die 9 Holz vor der Nase wegschnappen, auf die er gewartet hat (und weswegen er nicht vorher bereits zugriff).
*Und die Gebäude?
Nun, die bringen auch nur wenig ins Spiel. Ja klar, sie haben Sonderfertigkeiten, die neue Möglichkeiten oder Punkte generieren, aber diese hatten für mich kaum EInfluss aufs Spielgefühl. Ich bezweifle ebenso, dass eine größere Auswahl an Gebäuden (eine Erweiterung, die ohne Zweifel kommen wird) hier viel ändert, wenn es nicht etwas am Interaktions-Manko verschiebt. Denn sonst rechnen wir einfach weiter nebeneinander her. Und das empfinde ich als äußerst langweilig.
Allerdings ist das, wie gesagt, die Meinung nach Spiel 1. Arler Erde wird noch ein, zweimal auf den Tisch kommen. Und wenn es sich bei diesen Spielen nicht doch als spannender herausstellt, als es zunächst wirkte, dann wird es meine Sammlung wieder verlassen. In der sich wirklich spannende 2-Personen-Spiele befinden, oder solche, die man phantastisch zu zweit spielen kann...
Grütze,
Dumon