Beitragvon Ernst-Jürgen Ridder » 29. Juni 2015, 17:06
Hallo janove,
wenn man denn wüsste, was für Dich das Urteil "belanglos" ausmacht, wäre man schon weiter.
Wer nach nur einer knappen halben Stunde Spielzeit Viticulture als belanglos abbricht, sucht wohl ganz andere Spiele als dieses.
Ich habe mich hier schon mehrfach zum Spiel geäußert. Es funktioniert in allen Spielerzahlen gut. Sogar solo (mit der Tuscany-Erweiterung) ist es richtig gut.
Das Spiel ist nichts für Eilige. Es braucht Zeit, sich zu entwickeln.
Es hat nichts "Böses", destruktive Interaktion ist jedenfalls seit der Regel der zweiten Auflage nicht möglich, und das ist auch ausdrücklich so gewollt. Der Autor sagt dazu, ein Spiel solle nicht frustrieren, sondern Spielfreude bereiten; wer etwa Freude daran hat, andern böse "in die Suppe zu spucken", kann mit Viticulture nicht glücklich werden. Viticulture will aus eigener Kraft gewonnen werden, nicht dadurch, dass man andere niedermacht.
Es hat eine nur scheinbar geradlinige Spielstruktur, es gibt auch andere Wege.
Ich hätte zudem nicht gedacht, dass man dem Spiel über das Grundspiel hinaus noch soviel Tiefe geben kann, wie es diese mit der Tuscany-Erweiterung hat. Eines der eher seltenen Beispiele, dass ein gutes Spiel durch eine Erweiterung nicht bloß abwechslungsreicher, sondern noch besser werden kann. Das Grundspiel kann man eigentlich mit dem vollausgebauten Viticulture auf der dritten Erweiterungsebene kaum noch vergleichen.
Für mich -meine ganz persönliche Meinung- ist Viticulture mit der Tuscany-Erweiterung mein Highlight, das bislang einzige Spiel, das von mir bei BGG eine 9.1 bekommen hat; eine so hohe Note habe ich sonst noch nie vergeben. 9.1 bis runter zu 9.01 habe ich auch nur vergeben, um meine eigenen TOP10 von anderen 9er-Spielen abzuheben.
Wenn Du nicht auf destruktive Interaktion aus bist, wenn Du von einem Spiel nicht verlangst, dass es 100%-ig planbar ist, wenn es Dir Spaß macht, nicht von Anfang an einer gewählten Strategie mit Aussicht auf Erfolg folgen zu können, wenn Du damit klar kommst, Dich auf veränderte Situationen einstellen zu müssen (der Autor nennt das "thinking on the fly"), dann solltest Du es nochmal spielen. Wenn nicht, lass' es lieber.
Wenn Du aber Feuer fangen solltest und die Tuscany-Erweiterung hinzunimmst, wirst Du spätestens ab der zweiten Erweiterungsebene, sobald Du den neuen Spielplan mit seinem neuen Spielablauf und seinen neuen Möglichkeiten benutzt, feststellen können, dass Viticulture "ein Gedicht" ist, das ein Spielerherz höher schlagen lassen kann, wenn es sich darauf einlässt.
Echten Vinhos-Fans und Anhängern von Spielen, die aus einer bloßen Ansammlung von Mechaniken ohne "Seele" bestehen, wird man mit Viticulture allerdings keine Freude bereiten können.
Spielerische Grüße
Ernst-Jürgen
(Bei Viticulture -und ich kenne immerhin rund 2000 Spiele- komme ich echt ins Schwärmen, das darf man auch ruhig merken.)
Spielerische Grüße
Ernst-Jürgen