Beitragvon Günter Cornett » 9. Februar 2006, 14:45 
			
			
			
			Kai Borschinsky schrieb:
>
> Günter Cornett schrieb:
> > > Spiel ein Plagiat ist, ohne eigene schöpferische Höhe. Das
> > > wird aber wohl eher nicht möglich sein. Zumal davon
> >
> > Warum?
>
> Es ist schon schwer genug, Plagiatsfälle in der Literatur
> nachzuweisen, und da ist es noch relativ einfach, da du auf
> das geschriebene Wort verweisen kannst, wenn du Seitenweise
> "Zitate" aus anderen Werken findest, ist der Plagiatisvorwurf
> relativ naheliegend. Aber wie willst du jemandem Nachweisen,
> dass er eine unveröffentlichte (!) Idee geklaut hat? Die
> reine Ähnlichkeit alleine ist in meinen Augen kein
> hinreichender Beweis. (Und meines Wissens entspricht das auch
> der gängigen Rechtssprechung.)
Jo, das sehe ich auch so. Die Veröffentlichung in Göttingen ist schon eine Veröffentlichung. Möglicherweise ist das Spiel auch in der Spiel&Autor beschrieben.
Den Inhalt aller Ausgaben muss ein redakteur natürlich nicht ständig präsent haben. :)
> > > auszugehen sein dürfte, dass selbst wenn Goldsieber von dem
> > > Mechanismus Mitte der 90er Jahre Kenntnis genommen hätte,
> > > seit dieser Zeit reichlich Wasser die Spree runtergeflossen
> >
> > Urheberrechte sind bis etwa 70 Jahre nach Tod des Autors
> > gültig.
>
> Ich glaube, du verstehst mich da falsch. ;) Ich sprach gerade
> nicht von Urheberrechten, sondern von Gedächtnisfunktionen.
Ok. Allerdings berechtigt auch nachvollziehbares Vergessen nicht zu Urheberechtsverletzungen. Wie ich schrieb, ist es dann kein bewußtes Kopieren, kann aber trotzdem eine unbeabsichtigte Urheberrechtsverletzung sein (kann, muss nicht).
> Hättest einfach mal nicht aus dem Zusammenhang reißen sollen,
> stand nämlich im gleichen Satz ;) Wir wissen doch ansonsten
> beide, dass es mit dem Urheberrecht in Sachen Spiele (leider)
> etwas komplizierter ist.
Jo, deswegen wollte ich deinen Beitrag sinnvoll ergänzen ...
> > > ist und man nicht davon ausgehen kann, dass ein armer
> > > geplagter Redakteur wirklich jede tolle Idee, die nix
> > > geworden ist, im Hinterstübchen behält.
> >
> > Es ist dann zwar kein Plagiat (im Sinne von bewußtes
> > Kopieren), aber kann dennoch eine Urheberechtsverletzung
> sein.
>
> Kann, aber ist es der sich aufdrängendste Gedanke? Sorry,
> Günter, aber du solltest eigentlich auch wissen, dass Ideen
> an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten (mehr oder
> minder) unabhängig voneinander entstehen können. Und dass
> manchmal Ideen gerade einen Nerv treffen und ein anderes Mal
> eben nicht.
Jo, das weiß ich doch (siehe auch meine letzte Antwort an Erika). Ich unterstelle Goldsieber nichts Böses, aber u.U. haben sie mit der Veröffentlichung versehentlich Urheberrechte verletzt. Sicher bin ich mir da nicht, da ich beide Spiele nur aus 'Erikas' Beschreibung kenne und die Frage der Parallelentwicklung sicherlich nicht so ganz einfach zu beantworten ist.
Angenommen, jemand der das Spiel Zatre nicht kennt, entwickelt ein ähnliches Spiel und veröffentlicht es. Objektiv wäre das eine Parallelentwicklung, aber darf er das Spiel dann auch veröffentlichen?
Ich meine, er muss beweisen, dass es sich um eine Parallelentwicklung gehandelt habe (kenne aber keine Rechtssprechung dazu). Sonst könnte man jedes Spiel parallel entwickeln.
Ein paar wichtige Fragen hierzu:
Wie sorgfältig muss die Marktrecherche eines Verlages sein?
Kann man z.B. bei Kleinverlagsspielen davon ausgehen, dass sie nicht bekannt sind und deshalb von anderen verlagen 'parallel entwickelt' werden dürfen?
Wenn nein, dann stellt sich die Frage: wie sieht es mit Autorenveröffentlichungen aus?
> > > Wenn man sich ansieht, dass fast jeder größere Verlag ein
> > > "Mensch-ärgere-Dich-nicht", ein "Memory" oder ein "Rummycub"
> > > hat, wo die Ähnlichkeiten nur beim Namen aufhören, kann man
> > > ersehen, dass nicht einmal ein ganzes Spiel so weit geschützt
> > > werden kann.
> >
> > MÄDN geht auf das altindische Pachisi zurück, der Urheber ist
> > mit Sicherheit schon länger als 70 Jahre tot.
> > Memory dürfte aufgrund mangelnder Schöpfungshöhe nicht
> > schutzfähig sein. Bei beiden sind aber die Titel als Titel
> > und Marke sehr wohl geschützt (und werden auch aktiv
> > verteidigt).
>
> *gg Titelschutz ist ein gänzlich anderes Feld, über das wir
> hier eigentlich nicht reden. Warum machst du immer
> Nebenkriegsschauplätze auf? Du solltest eigentlich wissen,
> dass ich weiß, dass Schmidt und Ravensburger ihre
> Namensrechte aktiv verteidigen. ;)
Jo, das weiß ich. Aber ich hoffe, dass das auch noch jemand anders liest.
Daher wollte ich nicht jemanden ins Unglück stürzen, der hier liest, die Spiele seien rechtefrei und dann eine Markenverletzung begeht, indem er Memory als Onlinespiel anbietet (=vierstellige Anwaltskosten). Ist kein Nebenkriegsschauplatz sondern nur etwas Verantwortungsgefühl.
Und 'aufgemacht' hast du diesen Nebenschauplatz mit deinem leider nicht passenden Hinweis auf Spiele, die aus anderen Gründen nicht schützbar sind:
|: Wenn man sich ansieht, dass fast jeder größere Verlag ein
|: "Mensch-ärgere-Dich-nicht", ein "Memory" oder ein "Rummycub" hat, wo
|: die Ähnlichkeiten nur beim Namen aufhören, kann man ersehen, dass
|: nicht einmal ein ganzes Spiel so weit geschützt werden kann.
Zumindest bei MÄDN und Memory (aber vermutlich auch bei Rummycub) liegt eine Situation vor, die man nicht generell auf Autorenspiele übertragen kann. Die meisten Autoren leben glücklicherweise noch und machen Spiele mit einer gewissen Schöpfungshöhe.
> Ich sprach vom Spielmechanismus. Und der ist eben nach meinem
> Wissen bisher nur in einer konkreten Umsetzung schutzfähig.
> Ich lasse mich von dir aber gerne über die neuere
> Rechtssprechung belehren.
Du meinst, der gleiche Mechanismus darf grundsätzlich in einem anderen Spiel verwendet werden? Ich denke, es kommt da sehr drauf an, wieviel gemeinsamkeiten bestehen und wieviel Unterschiede.
Eine Umsetzung von Siedler mit Quadraten statt Sechsecken verletzt meiner Meinung nach ganz eindeutig Urheberechte.
Auch mit Dreiecken. ;-)
> > Die Kramerleiste ist kein Spiel sondern ein einfacher
> > Mechanismus, der in einem Spiel gewöhnlich keine tragende
> > Rolle spielt.
>
> Würde in der Software Branche aber durchaus auf
> entsprechendem Niveau patentrechtlich geschützt werden
> können. Bei Spielen zum Glück nicht. Denn wenn solche (oder
> auch andere, tragendere (nicht-technischen)) Mechanismen in
> dieser Weise geschützt werden könnten, würden wir weniger
> gute Spiele erhalten, weil man als Autor nur noch "eigene",
> oder wenige alte, freie Mechanismen verwenden dürfte.
Ja, das sehe ich auch so. Von daher ist es gut, dass einzelne Mechanismen hierzulande(!) nicht schützbar sind.
> Die Kramerleiste war ein Beispiel für einen weit verbreiteten
> Mechanismus, der Spiele durchaus deutlich besser macht,
> einfach weil sie dadurch benutzerfreundlicher werden. Ein
> Spiel mit Kramerleiste hat durchaus einen Wettbewerbsvorteil
> vor einem ohne. Es ist also durchaus eine wichtige Innovation.
>
> > > Es ist immer ein Spagat, wo hört das Adaptieren und Zitieren
> > > auf, wo fängt das Plagiat an. Literatur und Spiele leben aber
> > > davon, dass sie auf einander Bezug nehmen. Jedes neue Spiel
> > > ist bis zu einem gewissen Grad eine Kopie eines älteren
> >
> > Sie enthält Elemente aus anderen Spielen. D.h. es gibt Schnittmengen.
> > Eine Kopie ist etwas anderes.
>
> Mensch Günter, es gibt durchaus Dinge zwischen schwarz und
> weiß, die meisten liegen dazwischen. Es ging um graduelle
Ja, sag ich doch.
> Unterschiede. Kannst du eine exakte Grenze benennen, ab der
> ein Zitat zum Plagiat wird? Bei den Extremen ist es klar,
Nein
> aber wo genau ist die Grenze? Ich kann so was nur nach meinem
> persönlichen Empfinden entscheiden. Darum ging es mir: Es
> gibt keine eindeutige Grenze, sondern einen großen
> Graubereich. Nehmen wir ein Spiel wie Hazienda, vollständig
> aus bekannten Elementen zusammen gesetzt, aber die
> Komposition ist neu und gut arrangiert.
>
> > > Spieles, bei manchen ist das auffälliger, bei anderen
> > > weniger. Das "Neue" ist dabei nicht unbedingt ein neuartiger
> > > Mechanismus, sondern eine neuartige Verknüpfung von
> > > Bestehendem.
> >
> > Und ob dieses "Neue" ausreicht, um als eigenes Spiel
> > Urheberechtsschutz zu haben, kann man nur am konkreten
> > Beispiel beurteilen. Und wo die Genze konkret verläuft,
> > darüber dürfte es immer unterschiedliche Meinungen geben.
>
> Nichts anderes habe ich eigentlich die ganze Zeit gesagt. Nur
> halt von der anderen Seite her argumentiert. ;)
> >
> > Man sollte dazu auch wissen:
> >
> > Zum Urheberrecht gehört auch das Recht auf Bearbeitung:
> > § 23 UrhG Bearbeitungen und Umgestaltungen
> > Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen
> > nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder
> > umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden.
>
> Das bezieht sich aber immer auf ein konkretes Werk, nicht auf
> die Rezeption desselben. Ich darf z.B. nicht eine Statue, die
> ich gekauft habe und die Urheberschutz genießt, ohne
> Einwilligung des Künstlers bemalen.
Oh, das sehe ich anders. Ich darf sie sogar mit der Axt zerschlagen und in der Mülltonne entsorgen.
Ich darf aber nicht eine Statue bemalen und dann als mein Werk ausgeben. Selbst wenn die Bemalung hinreichende Schaffungshöhe hat, um eigene urheberechte zu begründen.
Das ist IMHO damit gemeint. Sonst dürfte ich mir ja auch nicht in einem Buch Notizen machen.
> Urheberrecht ist ein sehr weites Feld. Du mußt im Zweifel als
> vermeidnlich geschädigter nachweisen, dass "dein Werk"
> verändert und ohne deine Erlaubnis verwertet worden ist. Wie
> willst du das bei einem Spiel machen? Wie gesagt, der
> einzelne Mechanismus ist meines Wissens nicht durch das
> Urheberrecht geschützt, sondern nur das konkrete vollständige
> Werk. #
Kleine Veränderungen reichen aber IMHO nicht aus, um von einem neuen eigenen Werk zu sprechen. Es kommt immer auf die Frage an: was ist das wesentliche an einem Spiel?
> Im übrigen solltest du auch den in diesem Falle zutreffenden
> § 24 (1) UrhG zur Kenntnis nehmen:
> "Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes
> eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des
> Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet
> werden."
Der Knackpunkt hierbei ist: was ist eine freie Benutzung?
Eine freie Benutzung wäre für mich z.B. wenn ich Bilder aus einer Zeitung ausschneide, zerschnipple und daraus eine Collage bastel.
Nicht aber, wenn ich das Wesentliche eines Spieles in einem anderen zusammenhang veröffentliche. Beispiel: Abalone als thematisches Brettspiel mit Steinböcken statt Kugeln und einem topographischen Spielfeld (Gefälle, Hindernisse). Das wäre für mich eine unerlaubte Bearbeitung.
Anders wiederum wäre es, wenn ich ein umfangreiches Brettspiel mit sehr viel Mechanismen machen würde. Und in bestimmten Situationen werden dann Schlachten nach Abalone-Prinzip ausgetragen. Das wäre für mich eine freie Benutzung.
Aber mir ist dabei sehr wohl bewußt, dass meine persönliche Meinung nicht automatisch zur Rechtsnorm wird. Schade eigentlich. ;-)
Gruß, Günter