Beitragvon ulrichblum » 12. Mai 2012, 12:51
Hallo
Immerhin versucht der Spiegel Beitrag beide Seiten zu sehen. Denn leider wird die notwendige Diskussion über das Urheberrecht teilweise mit so groben Geschützen geführt, dass Lösungsansätze in weite Ferne rücken.
Ich denke es ist relativ klar, dass das Urheberrecht einer Anpassung an die neuen Digitalen Möglichkeiten bedarf. Die Frage ist nur: Wie?
Die Piratenpartei mach in ihrem Positionspapier dazu durchaus einige interessante Vorschläge:
http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/0/07/UrhG_Arguments_FassungBPT2011-2.pdf
(Sollte das Papier überholt sein möge man mich korrigieren.)
Ich bin der Meinung, dass hier zumindest die Richtigen Fragen gestellt werden und in diversen Punkten taugliche, realistische Lösungen vorgestellt werden.
ABER:
Leider wird das Papier für mich überschattet durch Punkt 37. In dem die Legalisierung von Tauschbörsen gefordert wird. Alles was davor und danach vernünftiges über Nutzungsrechte und deren Fristen etc. gesagt wird, ist durch diesen Punkt leider hinfällig. So konkret die Begründungen bei vielen Anderen Punkten ist, so schwammig wird sie hier. Es wird darauf verwiesen, dass wer überdurchschnittlich viel in Tauschbörsen tauscht, auch überdurchschnittlich viel für Kulturgüter ausgibt. Zudem sei ja nicht bewiesen, dass das Tauschen zu tatsächlichen Umsatzverlusten führt.
Der Hacken an der Sache ist aber, dass sich diese Aussagen, die vielleicht nicht gänzlich falsch sind, auf den aktuellen Zustand beziehen, in dem das Tauschen einen illegalen Akt darstellt. In dem Moment, in dem der Staat aber diesen Akt legalisiert bezweifle ich stark, dass noch viel Geld für digitalisierbare Kulturgüter ausgegeben würde.
Man kann durchaus darüber sprechen, mit welchen Mitteln Nutzer dieser Tauschbörsen verfolgt werden. Hier gibt es offenkundig Auswüchse in die falsche Richtung (Stichwort Abmahnindustrie). Aber auch ein Urheberrecht, das gegenüber heute stark verkürzt, oder sonst wie anders ausgestaltet ist, bedingt, dass es für den Zeitraum der Gültigkeit auch eingefordert werden kann.
Ja, es gibt sicher Leute, die freiwillig weiterhin etwas dafür zahlen, diese Werke zu konsumieren. Nur macht man damit die Schöpfer dieser Werke zu Almosenempfängern, deren Werk nur dann Vergütung verdient, wenn es gut genug ankommt. Ich zahle nicht mehr, ich spende, weil mir etwas gefallen hat (vergleiche: Geek-Gold spenden auf BGG). Ich lese also ein Buch, und weil mir der Schluss nicht gefallen hat, entscheide ich mich nichts zu Spenden? Übersetzen wir das doch mal auf unseren Bereich: Schon lange habe ich mich auf das neue tolle Spiel XY gefreut. Begeistert wird es ausgepackt und gespielt. Doch irgendwie will der Funke dann doch nicht überspringen. Das Fazit am Schluss: joooaaaa, kann man spielen muss man aber nicht. Frage des Mitspielers: und, zahlst du was dafür? Ich: Nö, ich glaub nicht. So begeistert hat es mich dann doch nicht...
Konsequenz daraus wäre meiner Meinung nach, dass das Einkommen eines Urhebers sich zur Gänze aus nicht digitalisierbaren Produkten generieren müsste. Ja klar, ein paar Fans würden auch was für den digitalen Teil ausgeben, aber wenn die T-Shirts nicht laufen, oder die Konzerte nicht ausverkauft sind, dann gibt es ein Problem.
Als Spieleautoren könnten wir uns nun zurücklehnen und sagen, das betrifft mich ja nicht, ich verkaufe ja letztlich ein physisches Produkt. Ich persönlich gehe aber stark davon aus, dass noch in meiner Lebenszeit 3D Projektion auf einen Stand kommt, wo Spiele problemlos digitalisiert werden können. Vielleicht fällt dabei die haptische Komponente weg, aber die Vorteile an Platzbedarf und Verfügbarkeit würden für die meisten Nutzer überwiegen.
Aber auch schon jetzt betrifft uns das, denn hier werden gesellschaftliche Weichen gestellt, die grundsätzlich den Umgang mit Kultur betreffen.
Ja, wir müssen zu einem Urheberrecht finden, das die mitunter großartigen Möglichkeiten der Digitalisierung berücksichtigt und ermöglicht. Wenn wir aber weiterhin möchten, dass zumindest ein Teil der Kulturschaffenden sich voll mit ihrer Tätigkeit befassen kann und dabei mitunter Werke schafft die nur in vertiefter Auseinandersetzung entstehen können, dann müssen wir den Kulturgütern auch einen Wert beimessen, der sich nicht nur in Bewunderung, sondern auch in Geld ausdrückt.
Liebe Grüße
Ulrich Blum
Disclaimer: Dieser Post gibt meine persönliche Meinung wieder und ist kein offizielles Statement der SAZ, deren Pressesprecher ich bin.