Beitragvon Günter Cornett » 10. November 2002, 00:09
Hallo Peer,
danke, dein Beitrag lenkt die Diskussion deutlich in konstruktive Bahnen.
peer schrieb:
> Und mal ganz ehrlich: Müssen Judenwitze (gleich ob Judenwitz
> oder jüdischer Witz) im Forum sein? Also, ich kann darauf
> verzichten...
Judenwitz oder jüdischer Witz - ich wundere mich, dass darüber so viele Missverständnisse im Forum zu bestehen scheint. Ausser im Spielbox-Forum habe ich eine Gleichsetzung bisher nur auf einer Nazi-Seite gesehen. Ich werfe Gustav vor, dass er diesen gewaltigen Unterschied bestreitet und dadurch Judenwitze im Spielbox-Forum hoffähig macht.
> nichts. Ich glaube kaum, dass er das Forum nutzen will, um
> Antisemitismus unter den Spielern zu schüren (mal davon ab,
> dass ihm das auch nicht gelingen würde).
Ich hätte früher auch nicht gedacht, dass es unter den Forumsschreibern hier echte Nazis gibt. Meine 'rechts-von-der-CSU'-Bemerkung gegenüber Thomas J. war zunächst nur eine ironische Weiterführung seiner Argumentation. Ich war erschrocken, als ich merkte, dass ich da wirklich ins Braune getroffen hatte. Dass ich dann soviel Widerstand erfahre, weil ich mich - ausdrücklich nur gegen - Antisemitismus wende und dann gleich von mehreren (Ronald N., Ralf A., Attila, André, Toasti, Gustav, ...) so 'missverstanden' werde, hat mich schon sehr verunsichert. Ob ich es mit einem Missverständnis, Ignoranz, Lust an der Provokation, unbewusstem Antisemitismus oder bewusstem Rechtsextremismus zu tun habe, ist für mich daher nicht so ohne weiteres erkennbar.
Jüdische Witze sind Witze von Juden, entstanden in einem jüdischen Umfeld, nicht immer - aber oftmals - besonders tiefgründig. Jüdische Witze nehmen u.a. übertriebene Religiösität, Geschäftemacherei, ein bestimmtes Verhalten also aufs Korn, nicht aber eine bestimmte Nationalität. Mit Ausnahme von Gustavs Witz habe ich daher auch an keinem der Witze etwas auszusetzen.
Judenwitze sind Witze von Nichtjuden über Juden, was an sich nicht schlimm wäre, wenn sich in ihnen nicht die antisemitische Haltung der letzten Jahrhunderte widerspiegeln würde. Darin unterscheiden sie sich bspw. von Schotten-, Schwaben- und Ostfriesenwitzen, in denen mit Klischees gespielt wird, die teilweise völlig erfunden sind, teilweise auf den betroffenen Gruppen wirklich zugeschriebene Eigenheiten beruhen.
Ein geiziger Schotte, ein fleissiger Schwabe, ein tölpelhafter Ostfriese bedroht niemand; vor einem 'habgierigen Juden' aber muss man sich schützen. Daher zielen Judenwitze auf Ausgrenzung. Diese Ausgrenzung war eine Voraussetzung für Auschwitz. Wenn heute Judenwitze erzählt werden, geschieht das in den meisten Fällen nicht mit der Absicht, Auschwitz zu wiederholen. Oftmals interessiert ihn diese Wirkung gar nicht. Das ändert aber nichts daran, dass er sich daran beteiligt, Auschwitz erneut möglich zu machen. Und dass der Judenwitz selbst schon weh tun muss angesichts der Vergangenheit und auch heute noch nicht verstummender 'Juden-Raus' rufe. Täglich werden jüdische Friedhöfe geschändet.
Für Juden (und damit natürlich auch für Nicht-Juden) sind Judenwitze eben eine unmittelbare Bedrohung.
Was die Sache für Nichtjuden mitunter schwierig macht, ist, dass in jüdischen Witzen natürlich auch übertriebene Geschäftemacherei aufs Korn genommen wird. Ein Beispiel ist der Witz 'Mandelbaum auf dem Sterbebett: Wer kümmert sich ums Geschäft?'. Natürlich ist der Geschäftsmann - wie alle Personen in diesem Witz - Jude. Aber das ist nicht das Thema dieses Witzes. Wenn Ralf nun sagt, dass dieser Witz nur im jüdischen Kontext funktioniert, nicht aber bspw. im bayerischen, dann ist das für mich unterschwelliger Antisemitismus. Nicht bösartig gemeint, aber - zumindest für mich - deutlich sichtbar.
Gustav werfe ich vor, dass er solche differenzierte Betrachtungen erschwert, weil er 'Moralisiererei' gänzlich ablehnt und mir - wider besseres Wissen(!) - generelle Humorlosigkeit unterstellt (mehr dazu in der Antwort an ihn).
Gruß, Günter
PS: zum Thema
> Und wie Michael Knopf in seinen Rezensionen gerne
> frauenfeindliche Sprüche einbaut, weil er ja damit durchkommt
Die Bemerkungen von Michael Knopf kann man IMHO so oder so interpretieren: frauenfeindlich oder einfach das Geschlechterverhältnis karikierend. Sein Artikel 'Frauen sind anders' (Spielbox 2/2002) z.B. kann man als Artikel über
- die 'dumme Frau' ansehen, die nicht kapiert, dass das Thema eines Spieles für den Rezensenten nebensächlich ist
- den 'dummen Mann', der nicht kapiert, dass am Spiel nicht nur der Mechanismus wichtig ist
- darüber, dass hier zwei unterschiedliche Aufassungen aufeinanderprallen
Nunja, das wäre ein anderer Thread.