Universität des Saarlandes hat geschrieben: [...] Spiel gehört zu den elementaren menschlichen Aktivitäten. Sein besonderer Wert liegt in der dualen Natur des Spiels begründet. Im Spiel wird Realität abgebildet und reflektiert, gleichzeitig gehört das „Anderssein“ als das gewöhnliche Leben zu seinen Grundmerkmalen. So kann das Spiel als simulacrum verstanden werden. Der Teilnehmer betritt eine Welt, die in zeitlich und räumlich begrenztem Rahmen nach eigenen, festgelegten Regeln funktioniert und in der es ein bestimmtes Ziel zu erreichen gilt, zugleich ist es durch eine dialektische Verbindung von Realität und Illusion gekennzeichnet. Spiele können Partizipation ermöglichen und gestatten die Adaption von Rollen, die die Situation des Spielers im realen Leben bestätigen, von ihr abweichen oder ihr sogar diametral entgegengesetzt sein können. Gerade dieser Aspekt der alternativen Realität macht das Spiel zu einem besonders interessanten kulturgeschichtlichen Untersuchungsobjekt.
Im Zentrum der Tagung stehen Brettspiele, d.h. alle Spiele, die unter Einsatz von Figuren, Steinen oder anderem Material in dem begrenzten Rahmen eines Spielfelds oder Spielbretts gespielt werden. Ein übergeordnetes Untersuchungsziel der Tagung ist die Erforschung von Spielen im Hinblick auf Formen von politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Repräsentation unter besonderer Berücksichtigung von transnationalen, transkulturellen und imperialen Kontexten. Dabei ist von Interesse, inwiefern Spiele eine systemstabilisierende, affirmative Funktion besitzen und somit reale Strukturen bestätigen, und inwieweit Spiele zur Förderung von Resilienz beitragen können oder sogar bestehende Machtverhältnisse unterminieren. Spiele werden immer wieder neu erfunden oder variiert. Diese Veränderungsprozesse im Rahmen des Transfers in neue politische, soziale oder kulturelle Kontexte sollen ebenfalls beleuchtet werden.
Betrachtet werden soll ferner Spiel als Ausdruck und Produkt sozio-kultureller Codes, und dabei die Frage gestellt, wie sich nicht nur im Spiel kulturelle Wertvorstellungen manifestieren, sondern wie das Spiel diese seinerseits bestätigen, beeinflussen oder verändern kann. Der Zeitrahmen erstreckt sich von den frühesten Belegen für Spiele in (Welt)Reichen der Antike, des Mittelalters und der Neuzeit (Rom, China, Byzanz, Karolingerreich, Spanien, Frankreich, England, Niederlande, Portugal) bis zu Spielen in postkolonialen Diskursen.
Mögliche Themen:
- Funktion von Brettspielen: Was waren die Ziele dieser Spiele?
- Formen der Repräsentation: Wie werden Reiche in Brettspielen dargestellt?
- Vergleichende Ansätze: Vergleiche zwischen charakteristischen Brettspielen unterschiedlicher Reiche
- Historische Perspektiven: Varianten von imperialen/transkulturellen Brettspielen
- Geographische Verbreitung: Regionale Unterschiede von Spielen innerhalb eines Reiches
- Globale Dimensionen: Verbreitung von Spielen und ihre Anpassung neue kulturelle Kontexte
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