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Abstrakte Spiele unbeliebt???

Das ehemalige spielbox-Spielerforum
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Marten Holst

Nichtsdestowenigertrotz

Beitragvon Marten Holst » 19. Februar 2002, 10:36

Moinle,

> > nichtsdestowenigertrotz
>
> Woran mag es liegen, daß ich sofort wusste, wer dieses
> Posting geschrieben hat, nachdem ich das obige Wort gelesen
> hatte?

Hmmm, weibliche Intuition seitens Deiner Frau. Falls Du sonst öfters mal grübeln solltest, ein Tipp: der Name des Autors steht in Klammern hinter dem Postingtitel im Baum und noch einmal oben hinter "Autor:" im Artikel. Nur, falls ich mal keine verräterischen Worte schreiben sollte. :-P ;-)

> Gruß Carsten (der schon viele Merkwürdigkeigen erlebt hat -
> u.a. Marten)

Tschüß
Marten (der findet, dass Carsten auch manchmal, äöh, nun, hmmm, ja: merkwürdig ist)

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Roman Pelek

Geschmäcker

Beitragvon Roman Pelek » 19. Februar 2002, 19:13

Hi Karl-Heinz,

Karl-Heinz OBERWINKLER schrieb:

> Ich verbinde folgende Vorstellung mit abstrakten Spielen: Ein
> Raum, Totenstille, zwei Spieler, die schweigsam über einem
> Spielbrett grübeln... Wenn ein Dritter wagt, diese
> Konzentration zu stören, indem er z.B. etwas fragt, dann
> wirft man ihm einen "Was für ein Sakrileg-Blick" entgegen...

Das ist das gängige Klischee. Es mag vielleicht auf einige Spieler, meinetwegen auch auf einige Partien zutreffen, aber ich persönlich finde, dass man auch abstrakte Spiele durchaus "locker" spielen kann, wenn man es denn will :)

> Zugegeben: Schach, Gipf, Abalone und Co. erfordern hohes
> spielerisches Können, aber sind sie selbst noch "spielerisch"
> ? Sind sie nicht vielmehr zu ernst ? Ein Abbild der Welt von
> harten Zahlen, Daten und Fakten, in der wir uns alle ohnehin
> im Alltag bewegen ?

Für mich persönlich sind abstrakte Spiele eine eigene Welt, die nichts mit dem Alltag zu tun hat. Ich persönlich bewege ich mich zumindest nicht jeden Tag in einer Welt, die nur aus harten Zahlen, Daten, Fakten besteht, sondern eher in einer, die von Alltagssorgen, zwischenmenschlichen Belangen und Ähnlichem geprägt ist ;-) Und diese kann man prima auch mal im abstrakten Spiel außen vor lassen und sich an der "Reinheit" eines Spielprinzips ohne Schnörkel, Umschweife erfreuen...

> Ein Kleinformat jener Welt, in der ja
> ohnehin immer weniger kommuniziert wird ? Verwendet man
> vielleicht gerade deshalb für sie so nichtssagende Namen wie
> "Zertz", "Dvonn", etc.., weil man sich ja nichts zu sagen hat ?

Ein abstraktes Spiel ist durchaus ein intellektueller Wettstreit, das muss man sicher mögen. Abgesehen davon, s.o., dass man diese Spiele auch locker spielen kann, kann man die Situation aber auch anders sehen: man nimmt sich einmal die Zeit zur Ruhe, zur Konzentration. Ich persönlich empfinde die heutige Welt eher als Zumüllung mit häufig unnötzer audio-visueller Information jeder Art und schätze es, auch mal abschalten und mich konzentrieren zu können.

Um Deinen Thesen noch als Diskussionsanreiz etwas entgegenzusetzen: könnte es sein, dass abstrakte Spiele vielleicht vielen nicht liegen, da es Menschen heutzutage zunehmend schwer fällt, sich zu konzentrieren und auch, überspitzt formuliert "intellektuelle Niederlagen", leicht zu nehmen? Weil es Menschen zunehmend schwerer fällt, Problemlösungen durch gedankliche Abstraktion des Erlebten herbeizuführen?

> Aus all diesen Gründen: Ich tauche lieber in echte
> Spielewelten ein und nehme dabei Freunde mit..., nicht nur
> einen Gegner.

Ich persönlich schätze sowohl abstrakte Spiele als auch die thematischen und kommunikativen, jedes zu seiner Zeit. Mal habe ich zu diesem, mal zu jenem Lust. Und jede Art des Spiels hat m.E. ihre eigenen Vorzüge, ich finde es gleichermaßen interessant, in Themen einzutauchen, zu kommunizieren wie auch ein "intellektuelles" Duell auszutragen. Für mich ist das alles spielerisch, solange man es nicht zu ernst nimmt!

Das Spielerische hört für mich da auf, wo es verbissen wird, wo man Niederlagen nicht erträgt, man Dinge aus dem Spiel in der Realität "nachträgt"... Das kann bei einem kommunikativen, thematischen Spiel genauso sein wie bei einem abstrakten

Ciao,
Roman

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Lindemann Brigitta

Re: Geschmäcker

Beitragvon Lindemann Brigitta » 19. Februar 2002, 19:26

Hallo an alle dieses Thread's,

könnte die Unbeliebtheit der abstrakten Spiele vielleicht daher kommen, dass man mit dieser Sorte Spiele in zu jungen Jahren in Kontakt gekommen ist und dann ständig verloren hat, weil halt die Erwachsenen von Haus aus besser waren (anders als bei Memory)?
Ich persönlich habe den Reiz mancher abstrakter Spiele eigentlich erst als Erwachsene schätzen gelernt, obwohl ich schon in sehr jungen Jahren mit Mühle, Dame und Schach in Berührung gekommen bin......
Brigitta

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Panna

RE: Abstrakte Spiele unbeliebt???

Beitragvon Panna » 19. Februar 2002, 19:31

Hallo Jost,

bei allen muß man sich erst einmal fragen warum spielen Menschen. Will jemand gewinnen, das Spiel an sich oder ist es ein Gewinn mit anderen Menschen zu lachen , zu lästern, mit sich selbst zu hardern, den geistigen Austausch zu fühlen,kurzum zu leben oder,oder.....
Ich finde selbst ein Schulgeschichtsbuch spannend. Ich lese auch Bücher mit historischen Hintergrund , für manche macht es den Einstieg auf ein Thema
leichter, doch in der Regel ist es doch meist aufgesetzt.Wie bei etlichen Spielen.

Ein Roman lebt meist von dem Zusammenspiel der Protagonisten und vor allen von der Sprache des Autors selbst, meist nicht so sehr vom Thema.
Ähnlich ist es auch mit Spielen.
Beim Wein sagt man harmonisch wenn Säure und Süße sich die Waage halten , wenn irgendwie alles stimmt.

So jetzt hör ich auf .
Gruß Panna

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Roman Pelek

Re: Geschmäcker

Beitragvon Roman Pelek » 20. Februar 2002, 01:44

Hi Brigitta,

Lindemann Brigitta schrieb:

> könnte die Unbeliebtheit der abstrakten Spiele vielleicht
> daher kommen, dass man mit dieser Sorte Spiele in zu jungen
> Jahren in Kontakt gekommen ist und dann ständig verloren hat,
> weil halt die Erwachsenen von Haus aus besser waren (anders
> als bei Memory)?

Hm, bei mir zumindest trifft das so nicht zu :) Ich kam sehr früh mit Mühle, Dame, Schach, Backgammon, Twixt in Berührung bzw. auch sehr viel mit Sprach-/Mathematik-Spielen und Logikrätseln - und trotz manchmal herber Enttäuschungen bei solcher Art von Spielen hat das bei mir den Ehrgeiz geweckt, besser zu werden und mich näher damit zu beschäftigen.

Ich denke, der Grundstein für bestimmte Sachen liegt schon in der Kindheit, wer niemals als Kind mit so etwas in Berührung kommt, wird's später auch links liegen lassen. Für mich persönlich ist es eher eine Frage des "wie" - Anreize schaffen, ohne zu überfordern und Frust zu erzeugen. Ich denke, man muss als Kind auch verlieren lernen und daraus Ehrgeiz entwickeln können, man sollte nur nicht völlig niedergeputzt werden...

So oder so ein schwieriges Thema. Vielleicht ist der Rückgang der Popularität abstrakter Spiele auch bloß ein Übersättigungsphänomen, früher wurde man fast ausschließlich mit solchen Spielen konfrontiert - ich denke, sowas weckt auch verständlicherweise ein bißchen den Wunsch nach Abwechslung. Ich möchte auch nicht jeden Tag ein und dasselbe spielen oder essen oder...

Ciao,
Roman (der fürchtet, dass man für eine fundierte Aussage hierzu intensive Marktforschung betreiben müsste...)

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Marten Holst

Re: Geschmäcker

Beitragvon Marten Holst » 20. Februar 2002, 11:02

Moinle,

als Abstraktionsspielemöger aber auch Themaspielemöger will ich auch mal ein paar Worte abgeben.

Zum einen: ich habe mich früher häufig mit Freunden und Freundinnen (jeweils einzeln) in eine Kneipe gesetzt und Bao gespielt. Ein wunderbar abstraktes Spiel, genau durchrechenbar, und trotzdem war es locker und man hat nebenher geplauscht.

Zum anderen: wenn ich Schach spiele (und das tue ich mindestens einmal die Woche), dann gibt es erhebliche Unterschiede, ob ich mich zum Blitzen hinsetze - dann wird in einem fort gequasselt (man frage Carsten mal, wie sich das in etwa anhört... ;-)[i][/i]) - oder ob es Turnierschach ist, was wirklich Romans Definition entspricht: einmal voll konzentrieren, den Kampf aufnehmen, und dann aber auch bitte wirklich Totenstille (wir nennen das dann "Turnierruhe").

Nebenbei sind solche Spiele wie Schach, Dame, Abalone durchaus noch spielerisch. Leute, die "keine Ahnung" von Strategien, Eröffnungen, typischen Stellungen haben können miteinander gut spielen, Leute, die Ahnung haben, auch. Man sollte solche Gruppen dann nur nicht mischen... das ist nicht "zu ernst" oder "harte Zahlen", wenn Du mal einen durchschnittlichen Spieleabend (ohne Turnier) eines durchschnittlichen Schachklubs besuchst...

Was mir aber auffällt: wieso müssen abstrakte Spiele ohne Glücksanteil oder für zwei Spieler sein (so diese Diskussion). Man zeige mir doch mal bitte das Thema in "Mensch ärgere Dich nicht" oder "Malefiz"...

> Um Deinen Thesen noch als Diskussionsanreiz etwas
> entgegenzusetzen: könnte es sein, dass abstrakte Spiele
> vielleicht vielen nicht liegen, da es Menschen heutzutage
> zunehmend schwer fällt, sich zu konzentrieren und auch,
> überspitzt formuliert "intellektuelle Niederlagen", leicht zu
> nehmen?

Ich denke, da gibt es mehrere Gruppen. Ich kenne Leute, die Schwierigkeiten haben, anderen "unterlegen" zu sein, weil sie ein glücksunabhängiges Spiel andauernd verlieren, andere hingegen mögen solche Spiele viel lieber, weil sie dann ihr Schicksal selber in der Hand haben, es ist nur die Frage, welche Gruppe wie groß ist...

> > Aus all diesen Gründen: Ich tauche lieber in echte
> > Spielewelten ein und nehme dabei Freunde mit..., nicht nur
> > einen Gegner.

Und hier muss ich ganz laut protestieren: die "Gegner" sind im 2-Personen-glücksunabhängigen-Abstraktspiel durchaus Partner. Wenn Leute den Gegenüber nicht abkönnen, dann mag das bei Turnieren durchaus vorkommen, wenn das aber immer passiert - dann sollen sie es gefälligst lassen...

Tschüß
Marten (beim Tichu häufig seinem Partner ein Gegner und seinen Gegnern ein guter Partner)

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Jens-Peter Schliemann
Spielkamerad
Beiträge: 28

Re: Geschmäcker

Beitragvon Jens-Peter Schliemann » 20. Februar 2002, 11:38

Hi,

abstrakte Zwei-Personen-Strategie-Spiele sind sicherlich am stärksten auf Sieg oder Niederlage ausgerichtet, da sie aus keinerlei Zufallsaspekten bestehen, wie wer koaliert mehr mit dem anderen, Zufallsmechanismen oder Einschätzüberlegungen, welchen Zug der andere gemacht haben könnte - wenn man die Wahl der Strategie seines gegenübers nicht als Zufallsaspekt begreift (so verstehe ich jedenfalls eine Aussage von Kramer, dass in jedem Spiel Zufall sein muss!).

Deshalb denke ich, dass an dem Aspekt, als Kind nur selten eine intellektuelle Chance gegenüber Erwachsenen zu haben, etwas dran ist und die besonders ehrgeizigen beschäftigen sich dann mit Solitäraufgaben und entwickeln ein mathematisches Interesse um so einen intellektuellen Vorsprung zu erzielen um dann Erfolgserlebnisse in diesen Spielen zu haben.

Ich treffe mich regelmäßig mit Michail Antonow und wir spielen mit Spaß abstrakte Spiele, da wir als Spieler dieses Genre mögen. Dabei entsteht eine Spannung, wenn Situationen brenzlig werden, die ich so unmittelbar in anderen Spielen nicht oder nur viel seltener erlebe. Und es wird dabei auch gelacht, weil wir uns gut kennen und uns das mit der Schadenfreude als spannendes Wechselspiel zwischen Ernsthaftigkeit der brisanten Spielsituation und Lust am Spiel erlauben. Ich möchte hiermit nur deutlich machen, dass gute abstrakte Spiele Spaß machen und ein intellektueller Wettstreit etwas mit Konzentration auf die Spannung aber auch Entspannung zu tun hat.

In diesem Sinne glaube ich auch, dass Spiele, die auf einem abstrakten System beruhen viel eher eine 'spieldynamische Dichte' besitzen als Spiele, die an einer Story entlang designt sind. Und diejenigen, die Phänomene in abstrakten Systemen als reizvoll begreifen können, sind auch diejenigen, die solchen Spielen dann häufig sehr viel mehr abgewinnen können.

Für mich gibt es kulturell gesehen zwei Kronen im Bereich der Spiele. Die abstrakten Zwei-Personen-Spiele mit all ihren systematischen und objektiven Kriterien und das Familienspiel als Zusammenkunft ganz unterschiedlicher Menschen.

Carcassonne ist sicherlich eine interessante Mischform, da es eine relativ stimmige thematische Einbettung hat, aber eher aus seinem abstrakten System heraus seine Reize bezieht, da diese eine spieldynamische Dichte haben. Siedler von Catan hingegen ist sehr viel mehr entlang der Story designt. In diesem Sinne begreife ich eine Möglichkeit für den neuen Trend, den Carcassonne auslöst, hin zu Spielen mit einem starken abstrakten System, die zudem thematisch stimmig eingebettet sind.

Jens-Peter


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