Beitragvon Roman Pelek » 19. Februar 2002, 19:13
Hi Karl-Heinz,
Karl-Heinz OBERWINKLER schrieb:
> Ich verbinde folgende Vorstellung mit abstrakten Spielen: Ein
> Raum, Totenstille, zwei Spieler, die schweigsam über einem
> Spielbrett grübeln... Wenn ein Dritter wagt, diese
> Konzentration zu stören, indem er z.B. etwas fragt, dann
> wirft man ihm einen "Was für ein Sakrileg-Blick" entgegen...
Das ist das gängige Klischee. Es mag vielleicht auf einige Spieler, meinetwegen auch auf einige Partien zutreffen, aber ich persönlich finde, dass man auch abstrakte Spiele durchaus "locker" spielen kann, wenn man es denn will :)
> Zugegeben: Schach, Gipf, Abalone und Co. erfordern hohes
> spielerisches Können, aber sind sie selbst noch "spielerisch"
> ? Sind sie nicht vielmehr zu ernst ? Ein Abbild der Welt von
> harten Zahlen, Daten und Fakten, in der wir uns alle ohnehin
> im Alltag bewegen ?
Für mich persönlich sind abstrakte Spiele eine eigene Welt, die nichts mit dem Alltag zu tun hat. Ich persönlich bewege ich mich zumindest nicht jeden Tag in einer Welt, die nur aus harten Zahlen, Daten, Fakten besteht, sondern eher in einer, die von Alltagssorgen, zwischenmenschlichen Belangen und Ähnlichem geprägt ist ;-) Und diese kann man prima auch mal im abstrakten Spiel außen vor lassen und sich an der "Reinheit" eines Spielprinzips ohne Schnörkel, Umschweife erfreuen...
> Ein Kleinformat jener Welt, in der ja
> ohnehin immer weniger kommuniziert wird ? Verwendet man
> vielleicht gerade deshalb für sie so nichtssagende Namen wie
> "Zertz", "Dvonn", etc.., weil man sich ja nichts zu sagen hat ?
Ein abstraktes Spiel ist durchaus ein intellektueller Wettstreit, das muss man sicher mögen. Abgesehen davon, s.o., dass man diese Spiele auch locker spielen kann, kann man die Situation aber auch anders sehen: man nimmt sich einmal die Zeit zur Ruhe, zur Konzentration. Ich persönlich empfinde die heutige Welt eher als Zumüllung mit häufig unnötzer audio-visueller Information jeder Art und schätze es, auch mal abschalten und mich konzentrieren zu können.
Um Deinen Thesen noch als Diskussionsanreiz etwas entgegenzusetzen: könnte es sein, dass abstrakte Spiele vielleicht vielen nicht liegen, da es Menschen heutzutage zunehmend schwer fällt, sich zu konzentrieren und auch, überspitzt formuliert "intellektuelle Niederlagen", leicht zu nehmen? Weil es Menschen zunehmend schwerer fällt, Problemlösungen durch gedankliche Abstraktion des Erlebten herbeizuführen?
> Aus all diesen Gründen: Ich tauche lieber in echte
> Spielewelten ein und nehme dabei Freunde mit..., nicht nur
> einen Gegner.
Ich persönlich schätze sowohl abstrakte Spiele als auch die thematischen und kommunikativen, jedes zu seiner Zeit. Mal habe ich zu diesem, mal zu jenem Lust. Und jede Art des Spiels hat m.E. ihre eigenen Vorzüge, ich finde es gleichermaßen interessant, in Themen einzutauchen, zu kommunizieren wie auch ein "intellektuelles" Duell auszutragen. Für mich ist das alles spielerisch, solange man es nicht zu ernst nimmt!
Das Spielerische hört für mich da auf, wo es verbissen wird, wo man Niederlagen nicht erträgt, man Dinge aus dem Spiel in der Realität "nachträgt"... Das kann bei einem kommunikativen, thematischen Spiel genauso sein wie bei einem abstrakten
Ciao,
Roman