Beitragvon Marten Holst » 4. April 2002, 12:25
Moinle Alexander,
> > also was mir immer wieder auffällt: Im Brettspiel sitze ich
> > mit menschlichen Gegenern zusammen, habe Interaktion, kann
> > Grübeln, knobeln, habe Spaß, den ich auch mit den anderen
> > Teile und sehe auch gleich deren Reaktion.
>
> Genau das tue ich auch an einem Computer in einer virtellen
> gemeinschaft.
> Meiner Meinung nach sogar in hoeheren mass. Der Chat der das
> zusammensitzen
> ersetzt, gibt sooo viele moeglichkeiten sich zu artikulieren,
> seine Stimmung zu
> uebermitteln. Seine Gedanken zu aeussern.
> Gerade durch den gewissen "abstand" den ich gegenueber
> anderen Mitspielern
> habe, faellt es vielen Leuten leichter ueber Dinge zu reden
> ueber die sie am Tisch, Auge in Auge nie reden wuerden.
Hmmm, das sehe ich umgekehrt (den letzten Teil - dass eine virtuelle Gemeinschaft durchaus die spielerischen Interaktionsanforderungen erfüllt, da stimme ich zu). Die Möglichkeiten, sich zu äußern, halte ich für wesentlich eingeschränkter. Gesichtsausdrücke, Tonfälle, Gesten lassen sich durch Ausdrücke wie die Smilies oder "*grin*" nur sehr unzulänglich wiedergeben. Man merkt nicht an einem Zusammenzucken des Gegenüber, dass man sich auf einem falschen Weg befindet. Und "kennen lernen" ist auch schwieriger, denn es ist "anonym" im Netz wesentlich leichter, jemandem eine Rolle vorzuspielen, sodass ich zumindest weniger Vertrauen habe, jemandem, den ich nur über Computer kenne, wirklich intime Details mitzuteilen, als jemandem, den ich persönlich kenne (zusätzlich zu einigen "unbedeutenden" Nebenbedingungen wie dem Gefühl einer gleichen Wellenlänge).
Nicht in Abrede stellen will ich hier, dass man in Foren, Chatrooms, sonstwie Leuten "begegnen" kann, die man dann später (via e-Mails, irgendwann auch persönlich) "kennen lernt". Aber [i]in[/i] der Internetwelt sind auch reale Menschen doch zunächst nur virtuell.
> Also bitte nicht wieder diese, vor dem Computer vereinsammt
> man und
> ist ein "kranker Mensch" geschichte :)
Und wenn ich es doch will? Nein, man muss nicht vor dem Computer vereinsamen. Aber [i]nur[/i] in der virtuellen Welt herumturnen - ist das nicht auch eine Vereinsamung? Denn echte Freunde haben ja auch Stärken und Schwächen, die man im Netz nie kennenlernt. Man hat nur eine "Projektion" der Leute, mit denen man interagiert. Der Computer kann da meiner Meinung nach nur ein Medium sein, ein kennen lernen zu ermöglichen. Ein reines Leben nur in Internetgemeinschaften wäre meines Erachtens nur unwesentlich besser, als sonstige Traumwelten. Was aber positiv zu sagen ist, ist, dass das Medium "Internetgemeinschaft" vielen Leuten, die gehandicapt sind (behindert oder entstellt), die Möglichkeit bieten, zuerst mit ihrem Wesen, dann mit ihren "äußeren Fehlern" in Erscheinung zu treten, und somit vorurteilsfreier behandelt zu werden.
Computerisierte Grüße
Marten (der "im Netz" auch schon nette Leute getroffen hat)