Bis vor wenigen Jahren galt das wettbewerbsorientierte Spielen von Videogames, e-Sports, in der breiten Masse der Gesellschaft als etwas Seltsames, ausgeübt von Außenseitern, die den ganzen Tag im Keller vor dem Computer sitzen.
Die e-Sports-Wahrnehmung hat sich geändert
War dieses Vorurteil schon damals eben nur ein Vorurteil, hat sich die Wahrnehmung des e-Sports in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft mittlerweile deutlich gewandelt. Gekennzeichnet ist dieser Wandel durch eine Vielzahl von Aspekten. Die großen Leitmedien in Deutschland berichten inzwischen sehr differenziert und objektiv über dieses Thema, auch unter Einbeziehung von Know-How-Trägern, die in der Regel selbst im e-Sports aktiv sind. Wenn man sich die Medienberichte der vergangenen Jahren anschaut, dann wird man feststellen, dass ein Großteil davon den elektronischen Sport sehr positiv darstellt, ohne zu vergessen dabei auf Risiken und Gefahren hinzuweisen. Wir sehen heutzutage also überwiegend eine differenzierte und ganzheitliche mediale Aufarbeitung des e-Sports.
Ähnliches ist in der Politik festzustellen. Ein Leuchtturm im politischen Diskurs zum e-Sports ist Schleswig-Holstein. Hier wird sehr offen und unter Einbeziehung aller Interessengruppen debattiert, unter anderem in Anhörungen im Kieler Landtag. Jüngst wurde von politischer Seite eine halbe Million Euro in Schleswig-Holstein zur Verfügung gestellt, um den e-Sports im Land zu fördern. Gemeint ist hier nicht der professionelle e-Sports, bei dem ohnehin Millionenbeträge im Markt sind, sondern der Breitensport sowie die Forschung.
e-Sports-Akteure schaffen Strukturen
So soll es e-Sports Vereinen und klassischen Sportvereinen ermöglicht werden, entsprechende Räumlichkeiten für den Sport als Sozialisierungspunkte zu schaffen, damit die Spieler sich direkt vor Ort treffen und miteinander spielen können. Mit dem eSports Nord e.V. hat in Schleswig-Holstein ein Verein seinen Sitz, der bereits sehr konkret an der Schaffung des ersten reinen e-Sports-Vereinsheims im nördlichsten Bundesland arbeitet. Ebenso ist ein Landeszentrum für den e-Sports in Kiel geplant, wie auch eine e-Sports-Akademie in Heide an der Fachhochschule Westküste. Letztere würde die wissenschaftliche Aufarbeitung und Forschung zum Thema forcieren und den Sport als Ganzes auf ein neues Niveau heben, wenn es um Strukturen für eine umfassende Anerkennung geht.
Forschung ist ein gutes Stichwort: Bachelor- und Masterarbeiten, als auch Dissertationen werden zum Thema immer häufiger geschrieben. Mit Esportionary.net hat jüngst die erste deutsche e-Sports-Denkfabrik ihre Pforten geöffnet. Die Forschung ist vor allem deshalb wichtig, um das Bild vom e-Sports zu objektivieren und Verbesserungspotenziale zu ermitteln.
Vom Breitensport bis zum Profi
Im Fokus der Wirtschaft steht vor allem der professionelle eSports, den man früher „Pro Gaming“ genannt hat. Der Markt wächst beständig und hat eine riesige Basis an Fans und Breitensportlern, die den Profisport finanzieren, indem sie Karten für Events kaufen, Crowdfunding-Projekte unterstützen, Streaming-Dienste abonnieren, Merchandising-Artikel erwerben oder spezielle Hardware von Sponsoren, wie etwa Mäuse und Tastaturen, kaufen. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass der reine e-Sports-Markt, also jener ohne das Gaming im Allgemeinen, im Jahr 2022 bereits die zwei Milliarden US-Dollar-Marke knacken könnte. Das Wachstum ist nach wie vor stark exponentiell.
Breitensport, Forschung, Medien, Politik und Profisport gemeinsam tragen die Verantwortung dafür, dass die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Sportart beständig steigt. Im persönlichen und familiären Umfeld von Fans und Spielern wissen inzwischen die meisten, was e-Sports ist und stehen dem Phänomen weit weniger skeptisch gegenüber, als vielleicht noch bis vor wenigen Jahren.
Die Referenzen in Sachen e-Sports sind nach wie vor Südkorea, China und die USA. Für Deutschland kann man aber ebenfalls festhalten: Der e-Sports ist angekommen – und das in allen Aspekten unserer Gesellschaft, vom klassischen Sport, über die Wissenschaft und Politik, bis hin zu den Wohnzimmern vieler Menschen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir künftig noch viel mehr positive Entwicklungen in der deutschen e-Sports-Landschaft erleben werden. Ich persönlich freue mich darauf.
Weitere ergänzende Infos:
Was ist Spielen?
eSports-Nord e.V. im Gespräch mit spielen.de auf Youtube