Mit Enshrouded beginnt das Jahr 2024 direkt mit einem lang erwarteten Survival-Titel, der am 24. Januar zunächst im Early Access startet. Das Spiel des Frankfurter Entwicklerstudios Keen Games ist derzeit exklusiv auf Steam für den PC erhältlich. Sobald das Survival-Action-RPG den Early Access verlässt, soll es auch für die PlayStation 5 und die Xbox Series X/S erscheinen.
Für einen Early-Access-Titel kommt Enshrouded bei den Spielern bisher sehr gut an. So würden immerhin 86 Prozent der Steam-Nutzer das Spiel weiterempfehlen. Dennoch gibt es auch Kritik, was bei einem noch unfertigen Spiel normal ist. Allerdings finden sich auch Probleme, die nicht auf die noch frühe Entwicklungsphase, sondern auf ein unglückliches Spieldesign zurückzuführen sein könnten. Welche das sind und warum Enshrouded trotzdem viel Potential hat, erfahrt ihr hier im Test.
Aufgrund der Vielzahl an Pflanzen und Früchten ist es ratsam, langfristig eine große Farm anzulegen, um immer genügend Nahrung und Handwerksmaterialien zur Verfügung zu haben.
Eine Geschichte mit Erzählschwierigkeiten
Die Haupthandlung von Enshrouded greift viele bekannte Szenarien auf und kombiniert sie zu einem neuen. Euer selbst erstellter Charakter ist einer der wenigen Überlebenden von Embervale. Die Menschen der Vorzeit waren besessen von der Gier nach magischen Kräften und trieben es zu weit. So wurde das Land mit dem Miasma überzogen, das bösartige Kreaturen hervorbrachte, die an Pilz-Zombies erinnern. Schließlich gibt es im Miasma auch allerlei Myzel und Riesenpilze. Die Sporen des Miasmas reichen von blau bis grün und hüllen große Gebiete in einen dichten Nebel. Glücklicherweise wurde euer Charakter vom Alchemisten Balthazar in eine Überlebenskapsel gesperrt, so dass ihr zusammen mit fünf weiteren NPCs überlebt habt. Eure Aufgabe ist es nun, den Schmied Oswald Anders, die Jägerin Athalan Skree, den Schreiner Cade Hawthorn, die Bäuerin Emily Fray und euren Retter Balthazar ebenfalls aus den Kapseln zu befreien.
Alle Dialoge sind ins Deutsche übersetzt, es gibt jedoch keine Sprachausgabe. Die verschiedenen NPCs können euch mit allerlei Handwerksrezepten versorgen und schicken euch immer wieder auf Reisen, um eine neue Fertigungsstation oder Ausrüstung zu finden. Diese werden benötigt, um neue Gegenstände herzustellen. Die Erzählweise hat allerdings ihre Tücken, denn neben kurzen Dialogen wird die nicht uninteressante Geschichte ausschließlich durch Briefe und Notizen erzählt, die in Embervale verteilt sind. Nicht nur das Auffinden der über 100 Notizen könnte zum Problem werden, sondern auch die richtige Reihenfolge, damit die Geschichte einen Sinn ergibt. Auch wenn Keen Games mit diesem Setting das Rad nicht neu erfunden hat, ist es schade, dass die Geschichte nicht besser erzählt wird. Potenzial wäre auf jeden Fall vorhanden.
Die Türme von Enshrouded sind neben euren Flammenaltären (Basen) eure einzige Schnellreisemöglichkeit. Dazu müsst ihr aber erst einmal ihre Spitze erreichen und dafür einige kleine Rätsel lösen.
Enshrouded setzt auf eine voxelbasierte Welt
Das Besondere an Enshrouded und einer der Gründe für den großen Erfolg der letzten Demo ist die voxelbasierte Welt. Sie erlaubt es, fast alles in der Welt zu zerstören. Das wiederum eröffnet großartige Möglichkeiten für das Terraforming. Ob ihr eure Basis auf einer weiten Wiese, einem Berg oder sogar in einem Berg baut, bleibt euch überlassen. Wenn auch mit viel Schweiß und Arbeit verbunden, könnt ihr in jeden Berg eine Höhle graben und dort euren Flammenaltar aufstellen. Im Umkreis von 40x40x40 Metern könnt ihr dann euer Domizil errichten. Diese Fläche könnt ihr schon früh im Spiel auf 160x160x160 Meter erweitern. Wenn ihr euren Hauptstandort auf Dauer behalten wollt, solltet ihr schon jetzt eine große Baufläche einplanen. Baut also nicht zu nah am Miasma. Wenn euer Baubereich in das Miasma hineinragt, bleibt diese Fläche dauerhaft unbrauchbar. Unebene Flächen könnt ihr zum Glück mit der Harke begradigen.
Das Bauen ist relativ einfach und bietet dennoch viele Möglichkeiten. So gibt es einen Einrastmodus, den ihr jederzeit ein- und ausschalten könnt. Mit dem Einrasten könnt ihr zum Beispiel Truhen in gleichen Abständen platzieren. Wenn eure Ideen etwas mehr Feinarbeit erfordern, könnt ihr den Modus deaktivieren. Der einfache Baumodus stellt euch die wichtigsten Bauelemente wie Fundamente, Decken, Wände mit Fenstern und Türen zur Verfügung. Die Besonderheit: Ihr könnt in den detaillierten Baumodus wechseln und kleine Bausteine einzeln platzieren oder entfernen. So könnt ihr euer Haus verzieren, Fenster vergrößern oder ganz eigene Dachkonstruktionen bauen. Zugegeben, das erfordert viel Zeit und Geduld und ist wohl eher etwas für die ganz kreativen Häuslebauer unter euch. Um eure Kreativität nicht zu bremsen, gibt es gleich zu Beginn Dutzende verschiedener Baumaterialien.
Dank der voxelbasierten Welt von Enshrouded reißen Sprengstofffässer auch realistische Löcher in den Boden. Minecraft in realistisch.
Erkunden ist Fluch und Segen zugleich
Doch um diese zu finden und freizuschalten, muss man erst einmal die riesige offene Welt von Embervale erkunden. Dabei gibt es viel zu entdecken. Auf eurer Reise trefft ihr auf gepanzerte Einheiten in verlassenen Städten, Karawanen und sogar Bosse. Außerdem findet ihr immer wieder neue Pflanzen, Tiere und Gegner, die euch mit vielen verschiedenen Ressourcen versorgen. Und davon braucht ihr eine ganze Menge. Außerdem ist die Karte voll von Schreinen und Refugien der Flamme, in denen ihr die wichtigen Funken erhaltet, um eure Flammenstufe zu erhöhen. Dies ist vor allem beim Erkunden wichtig, da ihr immer wieder auf den roten Miasma-Nebel trefft. Dieser tötet euch innerhalb weniger Sekunden, während euch die heilige Flamme einige Minuten vor dem gewöhnlichen Miasma schützt. Aber auch hier gilt: Ist die Zeit im Miasma abgelaufen, seid ihr sofort tot.
Mit jeder Flammenstufe sind einige Gebiete, die vorher mit dem tödlichen roten Miasma umgeben waren, für euch begehbar. Enshrouded versteht es unglaublich gut, euren Erkundungsdrang zu wecken, bremst euch mit dem roten Miasma-Nebel aber wieder aus. Oft müsst ihr weiträumig um ihn herumlaufen oder steht schlicht vor einer hohen Gesteinswand, die im 90-Grad-Winkel auch dem kühnen Bergsteiger in euch, abschreckt. Häufig werdet ihr also lange Umwege laufen müssen, weil ihr nicht geradewegs zu eurem Ziel gelangt. Bis auf eure eigenen Füße gibt es noch kein geeignetes Fortbewegungsmittel außer euren Gleiter. Dieser hilft euch natürlich nicht, wenn ihr in neugeahnte Höhen gelangen wollt, sondern eher, wenn dabei seid, diesen wieder zu entkommen. Auf Dauer kann das frustrieren, insbesondere weil es nur wenige Schnellreisepunkte auf der Karte gibt.
Die Schreine der Flamme sind auf der Karte verteilt und geben euch einen oder mehrere Funken, wenn ihr sie aktiviert. Diese benötigt ihr, um eure Flammenstufe zu erhöhen.
Miasma steigert euer Adrenalin
Noch schlimmer wird es, wenn ihr euch mitten im Miasma befindet und seht, dass eure Lebenszeit abläuft. Während ihr verzweifelt nach einem Ausweg sucht, seht ihr im Nebel kaum, was dahinter liegt. Gleichzeitig befindet sich der Miasma-Nebel meist in Tälern. An den steilen Hängen kommt ihr aber oft nicht mehr aus dem Miasma heraus, während es für einen Rückweg schon zu spät ist. Wenn ihr die Karte schon aufgedeckt habt, hilft euch zumindest die Kartenstruktur. Helle Bereiche liegen höher als dunkle, so dass ein allmählicher Farbübergang einen eher flachen Ausweg verspricht. Die ablaufende Zeit ist auch der bedrohlichste Teil des Miasmas. Es ist aber auch der Teil, der einen nicht in Ruhe den Nebel erforschen lässt. Auch in den Tälern gibt es rote Miasma-Seen, in die man oft unfreiwillig hineintritt.
Kaum hat der große Zeh das Miasma berührt, sind schon ein bis zwei Minuten von eurem Zeitkonto verschwunden und die Erkundung wird zum stressigen Erlebnis. Um die Zeit im Nebel zu verlängern, gibt es zum Glück Miasma-Tränke. Außerdem solltet ihr immer wieder nach Gebäuden oder Hügeln Ausschau halten, die euch manchmal auf ihrer Spitze sporenfreie Luft zum Atmen lassen. So könnt ihr bei vollem Zeitkonto in Ruhe das verseuchte Gebiet erkunden. Außerdem stoßt ihr häufiger auf große, rote Miasma-Wurzeln, die ihr mit einer Axt fällen könnt. Dafür erhaltet ihr nicht nur einen wertvollen Fähigkeitspunkt, sondern befreit auch das umliegende Gebiet vom Miasma. Positiv zu erwähnen ist, dass ihr beim Tod niemals eure getragene Ausrüstung verliert, sondern nur einige Gegenstände aus eurem Inventar. Diese könnt ihr euch an eurem Grabstein zurückholen. In Enshrouded fallen die Konsequenzen für einen Tod eher gering aus.
Es gibt nicht nur den tödlichen roten Miasma-Nebel, sondern auch rote Miasma-Seen und Flüsse. Diesen sollte man besser nicht zu nahe kommen.
Wenig Survival, viel Action-RPG
Insgesamt bietet Enshrouded nur wenige Survival-Elemente. Man muss sich also keine Sorgen um Hunger oder Durst machen. Die zahlreichen Früchte, Gemüse und Pflanzen verbessern entweder eure Lebens- oder Ausdauerregeneration oder erhöhen einzelne Statuswerte. Tränke geben euch sofort Lebens- oder Manapunkte zurück, erhöhen für kurze Zeit euren Schaden oder erhellen eure dunklen Nachtwanderungen. Im Gegensatz zu eurer Rüstung verlieren eure Werkzeuge und Waffen an Haltbarkeit, können aber an eurer Werkbank kostenlos repariert werden. Weniger angenehm sind die vielen verschiedenen Produktionsstätten wie die Schmelze oder der Kohle-Ofen. Einige Gegenstände könnt ihr in eurem Inventar herstellen, andere nur bei einem eurer fünf NPCs. Andere stellt ein NPC für euch her, aber nur, wenn ihr einen bestimmten Gegenstand in eurem Lager steht, den er benötigt. Während ihr beim Crafting die Materialien automatisch aus den magischen Kisten zieht, ist das bei den Produktionsstätten anders.
Dazu müssen genügend Materialien im Inventar derselbigen vorhanden sein. Teilweise müssen mehrere Produktionsschritte mit verschiedenen Fertigungsstätten durchlaufen werden, bis der gewünschte Gegenstand entsteht. Dies verzögert sich weiter, da die Herstellung sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. So dauert es zum Beispiel volle zehn Minuten, bis aus einem fossilen Knochen drei fossile Knochenpulver werden. Das zieht das Spiel ohne Mehrwert in die Länge und bei den vielen Ressourcen, die das Spiel bietet, verliert man schnell den Überblick. Die Produktionszeiten könnten also deutlich kürzer sein und der Komfort der magischen Kisten sollte auch für alle Produktionsstätten gelten. Der Drahtseilakt zwischen Immersion und Bequemlichkeit ist bei Videospielen häufig ein Thema. Wird ein Spiel zur Beschäftigungstherapie wäre es an der Zeit, Immersion zu reduzieren und den Spielspaß in den Vordergrund zu stellen.
Um eure Flamme zu verbessern, gute Beute zu machen und euch persönlich herauszufordern, trefft ihr vor allem im Miasma auf einige herausfordernde Bosse.
Kampf- und Fertigkeitssystem in Enshrouded
Auch das Kampfsystem enthält typische Action-RPG-Elemente. Man verfügt über eine Schlagkombination, eine Ausweichrolle und kann die Angriffe des Gegners mit einem physischen oder magischen Schild blocken. Dabei greifen die Entwickler auf das Ausdauersystem von Zelda: Breath of the Wild zurück, das in den letzten Jahren von immer mehr Spielen übernommen wurde. Ausdauer ist vor allem zu Beginn Mangelware. Ihr könnt sie mit spezieller Nahrung oder einfach mit Wasser steigern. Am wichtigsten für eure Ausdauer ist jedoch der Status „Ausgeruht“. Den erhaltet ihr immer dann, wenn ihr euch in der Nähe von komfortablen Gegenständen aufhaltet, wenn ihr sitzt, schlaft oder euch in einem geschützten Haus befindet und eine Wärmequelle in der Nähe ist. Die Höhe des Ausdauerbonus und die maximale Dauer hängen von der Komfortstufe ab. Beim Schreiner findet ihr viele Komfortgegenstände, mit denen ihr euer Haus großzügig ausstatten solltet.
Der Talentbaum bietet euch viel Freiheit, da ihr euch nicht auf einen Weg festlegen müsst. Meist ist es am sinnvollsten, einen Hybrid zu spielen, der zwei benachbarte Talentzweige miteinander verbindet, da ihr mit euren Talentpunkten sparsam umgehen müsst. Solltet ihr euch aber irgendwann anders entscheiden, könnt ihr eure Talente jederzeit mit nur zehn Runen neu verteilen. Runen erhaltet ihr für das Zerstören gefundener Waffen. Ob ihr als Kampfmagier zwischen Zaubern und Nahkampf wechselt oder als Assassine den Gegner erst überwältigt und dann mit dem Bogen auf Distanz geht, bleibt euch überlassen. Die Balance zwischen den Klassen ist allerdings noch verbesserungswürdig. Derzeit liegt der Fokus auf dem Magier und seinen Hybridformen, während die Nahkampfklassen und der Jäger seltener bis zum letzten Fähigkeitspunkt ausgenutzt werden. In einer Gruppe von drei bis vier Spielern sieht das allerdings schon ganz anders aus, da sich hier ganz neue Dynamiken ergeben.
Nachts begegnet man deutlich mehr feindlichen Kreaturen. Manche bleiben auch gleich im Boden stecken, schließlich ist es Early Access. ;o
Fazit zu Enshrouded
Auch wenn man Enshrouded anmerkt, dass es sich noch im Early Access befindet, wird deutlich, warum die Demo bereits so erfolgreich war. Nicht nur, dass das Spiel durch seine voxelbasierte Welt große Freiheiten beim Bau von Häusern und Basen schafft, es lässt euch auch viel Freiheit bei der Wahl eurer Aktivitäten. Auch das Talentsystem legt einen nicht auf bestimmte Klassen fest, sondern lässt alle möglichen Kombinationen zu. Ärgerlich sind manchmal noch die Einschränkungen durch den roten Miasma-Nebel und die vielen schier unüberwindbaren Berge, die sich euch und eurem Erkundungsdrang in den Weg stellen. Doch diese Hürden machen auch erfinderisch: Ein gelungener Doppelsprung lässt euch mit der Spitzhacke eine Mulde in den Berg hacken, in die ihr dann hineinspringen könnt. Oft genug wiederholt, lassen sich so ungeahnte Höhen überwinden.
Gerade, weil Enshrouded gerne mit Valheim verglichen wird, ist die grafische Umsetzung umso beeindruckender. Zwar benötigt man gute Hardware, um Enshrouded in seiner vollen Pracht zu genießen, aber selbst auf dem Steam Deck ist es in akzeptabler Grafik spielbar. Auch wenn die Gegnervielfalt und die Bossmechaniken noch ausbaufähig sind, bietet Enshrouded zum Early-Access-Start schon eine ganze Menge. Fans von Action-RPGs und Survival-Spielen sollten Enshrouded zum Preis von 29,99 Euro auf jeden Fall eine Chance geben.
Transparenzhinweis: Das PC-Spiel “Enshrouded“ wurde für diesen Test kostenlos von Keen Games zur Verfügung gestellt.
Early Access Testurteil: Enshrouded
Enshrouded punktet mit vielen Freiheiten beim Bauen, der freien Klassenwahl und der großen offenen Welt. Balancing-Probleme und eine gewöhnungsbedürftige Erzählweise lassen aber noch Luft nach oben bis zum fertigen Spiel.
PROS
- viele Freiheiten
- riesige offene Welt
- vielseitiger Talentbaum
- fast alles ist zerstörbar
- Erkunden ist belohnend
- funktionaler Koop-Modus
- grafisch sehr atmosphärisch
- bedrohliche Atmosphäre im Miasma
- detailliertes Bausystem auf Voxel-Basis
CONS
- geringe Quest-Vielfalt
- Storytelling schwer zugänglich
- noch viele Balancing-Probleme
- Crafting als Beschäftigungstherapie