Gamescom 2019: Vorbild für ein friedliches Miteinander

Gamescom 2019, Fachbesuchertag. Trotz der engeren Auswahl an Besuchern, es waren nur Pressevertreter und Fachbesucher zugelassen, strömten Menschenmassen auf das Gelände der Messe Köln, auf dem die Gamescom stattgefunden hat.

 

Vorfreude lag in der Luft

Vor dem Eingang zur Gamescom hatte sich schnell eine lange Schlange gebildet, trotzdem war alles gut organisiert und vorbereitet. Alle Besucher freuten sich auf eine tolle Messe mit vielen spannenden Neuheiten und Ankündigungen. Schon in der Warteschlange fanden die ersten interessanten Gespräche mit anderen Besuchern statt.

 

Es wurde vor allem Englisch gesprochen. Die Besucher kamen von überall auf der Welt. Man erzählte sich zwar woher man angereist war, aber das war nebensächlich. Vielmehr sprach man über die aktuellen Computerspiele, Retrokonsolen, die Neuheiten für Konsolen oder Smartphones, die Übertragungen vom letzten e-Sports Turnier oder aber über die Gamescom an sich.

 

Dann ging es los.

 

In einer vergleichsweise kleinen Halle standen Stände von vielerlei Ländern, die kleine Hersteller von Spielen aus dem eigenen Land vorgestellt haben. Indonesien, Südkorea, China, Großbritannien, Italien, Frankreich, Tschechien, Polen und viele mehr – friedlich unter einem Dach, besucht von Menschen, die vom ganzen Globus her angereist waren.

 

Gaming denkt nicht in Nationen

 

Wie bei diversen Veranstaltungen zum Thema Gaming ist meinen Mitreisenden vom eSports Nord e.V. und mir sofort aufgefallen, dass bei Videospielen eher selten in Nationen gedacht wird. Natürlich geben Hersteller an woher sie kommen und tun sich je nach Nation auch zu Auftritten zusammen, aber über allem steht die gemeinsame Leidenschaft für Videospiele. Das fiel uns je mehr auf, desto weiter wir uns durch die Hallen bewegt haben. Wir haben auf coole Cosplays geachtet, auf aufwendige Bühnenshows und Präsentationen sowie auf bestimmte Spiele, auf die wir uns vorab gefreut hatten. Ob wir uns in der Halle nun aber mit einem Chinesen, Südkoreaner, einem farbigen oder weißen Menschen, jemandem aus Lateinamerika oder Südeuropa ausgetauscht haben, war dabei vollkommen egal.

 

Bei allen Gesprächen ging es um Inhalte, um gemeinsame Ideen und Wünsche oder aber um den Austausch von kulturellen Aspekten im Hinblick aufs Gaming.

 

Die Gamescom war für uns wieder einmal das friedliche Zusammenkommen von Videospiele-Fans und Gaming-Enthusiasten, die dem gleichen Hobby und der gleichen Leidenschaft nachgehen – ganz gleich, wer sie sind oder woher sie kommen.

 

e-Sports als internationalste aller Sportarten

 

Viele klassische Sportarten sind international, allen voran Fußball. Überall auf der Welt kicken Menschen, von Argentinien bis Russland, von Kanada bis Australien. Vor allem im Profibereich finden sich Mannschaften, die aus vielerlei Nationen stammen.

 

Das wettbewerbsorientierte Spielen von Videogames geht da noch einen Schritt weiter. Auch e-Sports wird auf der ganzen Welt gespielt und auch hier setzen sich viele Profiteams aus Spielern zusammen, die aus vielen verschiedenen Ländern kommen. Was den e-Sports aber noch internationaler macht als alle anderen Sportarten, ist, dass er auch über das Internet stattfinden kann. So spielen Breitensportler häufig mit Menschen aller Kulturen, Religionen und Herkunftsländer. Das ist in dieser Form einmalig, kein anderer Sport bietet solch eine Vielfalt, die direkt erfahrbar ist.

 

Wer darüber hinaus einmal auf einem großen e-Sports Profi-Event gewesen ist, der weiß, dass solche Veranstaltungen quasi wie ein Happening für die Kulturen sind. Clans, Spieler, Fans, Funktionäre und viele andere Teilnehmergruppen setzen sich aus Menschen zusammen, die aus der ganzen Welt stammen. Bei einigen Turnieren finden sich Spieler von allen fünf Kontinenten, die für Teams spielen, die in den USA, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Russland, China, Australien und zig anderen Ländern ihren Sitz haben. Sponsoren, Veranstalter und Fans reisen von überall her an, um bei solch einem Event dabei sein zu können.

 

Auch die Fankultur ist eine andere als im klassischen Sport. Zwar kann bei einem Turnier die „Home crowd“ dabei helfen, das heimische Team ins Finale anzufeuern, aber den meisten Fans sind Nationen ziemlich egal. Ich kann da gerne mich als Beispiel nehmen. Ich bin Deutscher, mein Lieblingsclan kommt aber aus der Ukraine und hat vor allem osteuropäische Spieler unter Vertrag, obwohl ich selbst überhaupt keinen entsprechenden Hintergrund habe. Mein zweitliebstes Team stammt ursprünglich aus den Niederlanden, beschäftigt aber Spieler, die von überall herkommen. Daher kann man durchaus sagen, dass e-Sportler eher Fans von bestimmten Spielern oder Clans sind, denn von Nationen oder von Teams in Abhängigkeit von einer Nation.

 

Auch die Gamescom 2019 hat wieder gezeigt, wie vielfältig e-Sports ist. Clans, Hardware-Hersteller, Publisher und andere, die direkt oder indirekt zur e-Sports Gemeinschaft gehören, präsentierten ihre Neuerungen – ganz gleich, woher sie kamen.

 

Keine Gewalt, keine Ausschreitungen

 

Es gab bisher auf keinem großen e-Sports Event Gewalt oder Ausschreitungen, wie man sie etwa vom Fußball kennt. Vielmehr kommen beim e-Sports Kulturen, Nationen und Menschen der Welt zusammen, um gemeinsam Spaß und Freude bei der Ausübung ihrer Leidenschaft zu haben.

 

In dieser Hinsicht ist der e-Sports bereits jetzt ganz klar ein Vorbild für den klassischen Sport. Obwohl vor Ort zehntausende Menschen zuschauen und mehrere Millionen vor den Bildschirmen zugeschaltet sind, blieben bisher alle großen e-Sports Events durchweg friedlich, sowohl bei den Spielern, als auch bei den Zuschauern. Das kann keine andere Sportart mit einer großen Basis an Fans von sich behaupten.

 

Persönliche Erfahrungen

 

Für mich hat die Gamescom 2019 nur bestätigt, was ich seit über zwanzig Jahren im e-Sports und mehr als fünfundzwanzig Jahren im Gaming erlebt habe. Von überall her versammeln sich Menschen, um friedlich und fröhlich zusammen zu spielen und Erfahrungen zu sammeln.

 

Gerade während meiner aktiven Zeit als e-Sportler habe ich immer wieder festgestellt, dass es vollkommen egal gewesen ist, wo andere Menschen oder ich herkommen. Natürlich hat man sich gefragt, welches Heimatland der jeweils andere hat. Aber nicht, um in irgendwelchen Kategorien zu denken, sondern vielmehr, um voneinander zu lernen. Vor allem Südkorea hat es mir dabei angetan. Das Land ist hochmodern, die Menschen sind sehr tolerant und freundlich, es gibt quasi keine Gewalt und überall wird man nicht wie ein Gast, sondern wie ein Freund begrüßt. Dieses Gefühl kann ich auch auf andere Länder projizieren, die ich im Laufe meiner Karriere kennenlernen durfte.

 

Insofern sind die Internationalität und das „Wir-Gefühl“ im Gaming und vor allem im e-Sports für mich weltweit einmalig. Ich kenne keine andere Szene, in der Menschen aller Kulturen, Nationen, Hautfarben, Ethnien, Religionen und politischer Strömungen so friedlich, aufgeschlossen und tolerant miteinander umgehen. Für mich sind Gaming und e-Sports daher die klaren Referenzen in dieser Hinsicht. „Spielen verbindet“, sagt der Volksmund. Dem kann ich voll und ganz zustimmen.

 

Ich freue mich bereits auf die nächste Gamescom.