The Last of Us Serie - Titelbild

The Last of Us Serie – ein Meisterwerk? (spoilerfrei)

Seit dem 16. Januar 2023 ist die Serie zum Spiele-Hit „The Last of Us“ endlich verfügbar und wird von vielen bereits nach der Pilot-Folge als beste oder mindestens eine der besten Spieleverfilmungen überhaupt gehandelt. Auf Webseiten wie Rotten Tomatoes geben die Filmkritiker der The Last of Us Serie immerhin 97 von 100 Punkten und auf Metacritic immerhin noch 84 Punkte. Auch die Zuschauer scheinen diese äußerst positive Einschätzung zu teilen. Zweifellos polarisiert die Serie aber auch stark, weshalb es so gut wie keine Kritiken im Mittelfeld seitens der Zuseher gibt. Was die Gründe für die Kritik und natürlich auch die enormen Lobeshymnen sind und ob diese gerechtfertigt sind, erfahrt ihr in dieser Serienkritik.


Dieser Artikel ist spoilerfrei: Selbstverständlich könnt ihr diesen Artikel bedenkenlos lesen, auch wenn ihr noch nicht einmal das Spiel zur The Last of Us Serie kennt. Die Kritik geht nicht auf entscheidende Elemente der Geschichte ein, sondern bezieht sich nur auf die Umsetzung. Wichtig ist dabei auch auf die Welt und die Hauptcharaktere einzugehen, jedoch ohne Wichtiges vorwegzunehmen.

The Last of Us Serie - Joel & Ellie

Neben dunklen Häusern mit Infizierten bekommt ihr, ähnlich wie im Videospiel, verschiedenste Gebiete und Jahreszeiten zu Gesicht. Das zieht euch so noch mehr in die Geschichte der Reise von Joel und Ellie. Bild: © HBO / Warner Bros. Discovery

In dieser Welt spielt die The Last of Us Serie

Für alle, die das Spiel noch nicht kennen, hier eine kurze Einführung: Die The Last of Us Serie spielt im Jahr 2023, in welcher ein Pilz die Menschheit heimgesucht hat. Dieser gehört der Pilz-Gattung „Cordyceps“ an und hat es geschafft, sich auf dem Gehirn von Menschen niederzulassen. Aber dem nicht genug: Der Cordyceps ist außerdem dazu in der Lage den Wirt zu steuern und sich so immer weiter auszubreiten. Die Infizierten greifen andere Menschen also nicht nur für ihr eigenes Überleben an, sondern vor allem, um den Pilz weiterzugeben. Der Ausbruch fand bereits 2003 statt und zeigt sich eindrucksvoll im Intro der ersten Folge.

Um der Ausbreitung entgegenzuwirken, hat die Militärdiktatur FEDRA (Federal Disaster Response Agency) die Herrschaft in den Quarantäne-Zonen übernommen. Es finden stetige Tests statt und sollte auch nur der Verdacht einer Infektion bestehen, werden die Personen umgehend exekutiert und anschließend verbrannt. Dieser Vorherrschaft will die paramilitärische Rebellen-Gruppe „Fireflies“ ein Ende setzen.

Fireflies

Die Fireflies sind eine paramilitärische Widerstandsgruppe, die sich gegen die Herrschaft der FEDRA gewaltsam auflehnt. © HBO / Warner Bros. Discovery

Diese Charaktere solltet ihr kennen

Die Fireflies werden dabei von Marlene (gespielt von Merle Dandridge) angeführt. Protagonist des ersten The Last of Us Videospiels und auch der Serie ist dabei der Schmuggler Joel (Pedro Pascal), der gemeinsam mit seiner Partnerin Tess (Anna Torv) von Marlene einen wichtigen Auftrag erhält. Beide sollen das 14-jährige Mädchen Ellie (Bella Ramsey) zu einem Krankenhaus der Fireflies eskortieren. Weshalb Ellie so wichtig ist, erfahren die beiden zunächst nicht. Joel stimmt dem nur widerwillig zu, benötigt aber die Belohnung, um seinen Bruder Tommy (Gabriel Luna) zu retten.

Keine weitere Zombie-Serie

Auch wenn es zunächst so erscheinen mag, will die The Last of Us Serie kein neues „The Walking Dead“ sein. Es soll vielmehr die Geschichte des ersten Teils des Videospiels gut abbilden. Der Spiele-Hit hat euch natürlich dabei auch in viele Häuser voller Pilz-Mutanten gelockt, die es zu umgehen oder auszuschalten galt. Diese notwendige Spielmechanik, um das Spiel erst wirklich zu einem Action-Adventure zu machen, braucht die Serie natürlich nicht. Sie kann sich voll und ganz auf die zwischenmenschlichen Beziehungen und das Leben in dieser dystopischen Welt konzentrieren. Ähnlich wie beim Videospiel, steht die Reise der beiden Protagonisten Joel und Ellie im Fokus.

Die Infizierten sind natürlich die Bedrohung, die diese Welt und das menschliche Verhalten erklärt, tritt jedoch eher in den Hintergrund. Auch die menschliche Bedrohung nimmt noch etwas mehr Raum ein und zeigt auf brutale Weise, was solche dystopischen Zeiten aus der Menschheit machen könnten. Creative Director Neil Druckmann gab bereits in der Vergangenheit bekannt, dass das Kernthema von The Last of Us die menschliche Liebe ist und zu welchen Handlungen uns Liebe bringen kann.

The Last of Us Serie - Infizierte

Auch wenn in die Infizierten keine ganz so große Rolle in der Serie haben, wie im Videospiel, haben die Macher den Infizierten einen würdigen und vor allem sehr widerlich-detaillierten Look gegeben. © HBO / Warner Bros. Discovery

Die The Last of Us Serie strotzt vor Emotionen

Wer an das Thema „Liebe“ in einem Film oder einer Serie denkt, hat selten eine so düstere Dystopie mit so viel Brutalität wie in der Welt von The Last of Us im Kopf. Die Serie geht mit diesem Thema ganz anders um und zeigt keine klassische Schnulze oder andere rein romatische Darstellungen. Keine der insgesamt neun Folgen der The Last of Us Serie lässt euch ohne Emotionen zurück. Ganz im Gegenteil: Es sind recht abgeschlossene Abschnitte der Geschichte, in denen ohne die Hauptstory zu vernachlässigen, eine kleine Geschichte erzählt wird. Das macht die Serie so vielfältig und lässt auch selten die Spannung schleifen.

Auch die Vorgeschichten zu einigen Nebencharakteren nehmen viel Platz ein. Gerade diejenigen unter euch, die die Spiele bereits kennen, haben vor allem die Reise von Joel und Ellie hautnah erlebt. Die Nebenrollen kommen dabei oft zu kurz, was die Serie nun weiträumig ergänzt. Auch wenn anfangs oft noch nicht klar ist, wo die Folge mit dem jeweiligen Prolog genau hinmöchte, ergibt am Ende alles einen Sinn. Trotz alledem zeigt die Serie auch denen unter euch, die die Spiele nicht selbst gespielt haben, die Kerngeschichte ohne wesentliche Kürzungen.

Unterschiede: Spiele versus The Last of Us Serie

Wie bereits erwähnt, verzichtet die Serie auf große Infizierten-Horden, durch die sich Joel durchkämpfen muss und fokussiert sich auf die Geschichten hinter den Menschen. Aber auch die Pilzinfektion selbst wurde etwas verändert. Für viele ist die Veränderung sogar eine Verbesserung. Die Übertragung durch Pilzsporen wurde in der Serie durch Pilzranken ersetzt. Das unter anderem behebt den Logikfehler der Spiele, dass Gasmasken lediglich in stark sporenverseuchten Räumen getragen werden müssen. Beim Absetzen würden die Sporen nämlich immer noch an der Kleidung haften, sodass eine Infektion nicht nur möglich, sondern auch wahrscheinlich wäre. Außerdem hätte eine Serie, bei der die Protagonisten meist eine Gasmaske tragen, sicherlich einen Teil ihres Glanzes verloren.

Zudem wirkt der „Feind“ nun etwas greifbarer, da es nicht mehr einfach nur Milliarden von winzigen Sporen sind. Vielmehr befindet sich der Pilz unter der Erde und ist die Steuerzentrale der Infizierten. Stirbt also ein Infizierter kann dies so auch große Horden in der Ferne anlocken, was die Bedrohung noch einmal verstärkt. Während der Kampf gegen die Infizierten in den Hintergrund tritt, bleibt auch mehr Platz für viele kleine Geschichten, die diese Welt noch lebendiger und vielfältiger erscheinen lassen. Die meisten Änderungen zu den Videospielen sind nicht von Bedeutung oder räumen sogar mit einigen Logikfehlern der Spiele auf. Gerade bei einer so geliebten Spielereihe sind Fans auch oft mit Änderungen nicht einverstanden, sodass sich die Serienmacher vor allem auf Ergänzungen statt Änderungen fokussiert haben.

The Last of Us Serie - Pedro Pascal als Joel

Pedro Pascal – bekannt aus der Serie The Mandalorian – spielt in der The Last of Us Serie den Schmuggler Joel Miller. © HBO / Warner Bros. Discovery

Kritik hauptsächlich zum Cast

Auch wenn die durchschnittliche Nutzerwertung kaum von der Einschätzung der Presse abweicht, fällt deutlich auf, dass fast ausschließlich neun bis zehn oder nur null bis drei Punkte von den Nutzern abgegeben werden. Das Mittelfeld ist kaum vertreten. Grund für die vielen negativen Bewertungen ist fast immer und ausschließlich der Cast. So sind viele vor allem mit der Wahl, Bella Ramsey die Rolle von Ellie übernehmen zu lassen, sehr unzufrieden. Nicht etwa, weil sie diese Rolle schlecht spielen würde – ganz und gar nicht. Die Kritik beschränkt sich auf die fehlende Ähnlichkeit zwischen Ramsey und Ellie. Manch einer findet die 19-jährige auch zu alt, um die 14-jährige Ellie zu spielen. Ramsey wirkt allerdings in der Serie deutlich jünger als sie tatsächlich ist.

Schwieriger sieht es dagegen bei Sarah, der Tochter von Joel, aus. Sie wird von der 18-jährigen Nico Parker gespielt. Im Videospiel ist sie ein 12-jähriges Mädchen und hat mittellanges, hellblondes Haar, kleine Sommersprossen und blasse Haut. Man könnte meinen, gegensätzlicher könnten die Videospielvorlage und Cast kaum sein. Dennoch erntet Parker für ihre schauspielerische Leistung in der Pilotfolge sehr viel Lob. Sie bringt die Mimik und Gestik, sowie die leicht schnippische Art der für ihr Alter schon recht selbstständigen Tochter Sarah, sehr gut herüber. Auch Pedro Pascal bekommt Kritik für sein Äußeres, wenn auch deutlich weniger. Manchen Fans ist das Gesicht von Pascal zu „clean“ und nicht so schwer gezeichnet wie das eines Joels. In der Maske hat man sich allerdings bemüht, ihm diesen Look nachträglich zu verpassen und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Schauspielerisch bleibt der Darsteller aus The Mandalorian ebenfalls ziemlich kritiklos.

The Last of Us Serie - Ellie vs. Bella Ramsey

Als eine der beiden beliebtesten Charaktere konnten sich viele Fans der Spielereihe nur schwer mit den optischen Unterschieden zwischen Bella Ramsey und Ellie aus der Videospielvorlage anfreunden. © HBO / Warner Bros. Discovery

Zu viel Diversität?

Wie bereits beim zweiten Teil der Videospielreihe zu The Last of Us gab bereits im Vorfeld den Vorwurf zu divers oder „woke“ aufgestellt zu sein. Ohne zu viel verraten zu wollen, kommen in der Serie tatsächlich Homosexualität, Behinderungen und Schauspieler verschiedenster Hautfarben vor. Richtig ist auch, dass mindestens zwei wichtige weiße Charaktere der Videospielreihe durch PoC-Darsteller ersetzt wurden. So wird den Machern unter anderem „Blackwashing“ vorgeworfen. Ob diese Casting-Entscheidungen nun aufgrund von Hautfarbe getroffen wurden, bleibt allerdings unklar.

Was allerdings klar ist: Die schauspielerische Leistung ist tadellos und stört vor allem jene nicht, die die Videospielvorlage gar nicht kennen. Auch werden euch keine politischen oder „woken“ Botschaften aufs Auge gedrückt. Die Charaktere kommen vielmehr ganz natürlich und selbstverständlich in der Serie vor. Auch die Geschichten rund um die Charaktere sind grandios gelungen und wirken nicht aufgezwungen. Die Sorge, dass hier um Diversität dann eine zweitklassige Geschichte herumgebaut wird, ist glücklicherweise bei der The Last of Us Serie unbegründet.

The Last of Us Serie - Sarah vs. Nico Parker

Oberflächlich betrachtet könnten die 18-jährige Schauspielerin, Nico Parker, und die Videospielvorlage der 12-jährigen Sarah kaum gegensätzlicher sein. Neben der herausragenden schauspielerischen Leistung sind aber auch die Gesichtszüge dem Original recht ähnlich. © HBO / Warner Bros. Discovery

Fazit

Die The Last of Us Serie ist zweifellos eine der gelungensten Videospielverfilmungen überhaupt und erntet daher zurecht sehr viel Lob von Kritikern und Zuschauern. Kritik gibt es vor allem für die Optik von Sarah und Ellie, teilweise auch für Joel. Schauspielerisch herrscht allerdings große Einigkeit darüber, dass die Macher der Serie eine sehr gute Auswahl getroffen haben. Wie schon in den Videospielen ist die musikalische Untermalung stimmig. Die dystopische Welt und die damit verbundene Brutalität werden ansprechend inszeniert und auch die moralischen Konflikte gut verdeutlicht. Die Änderungen zwischen Spiel und Serie bleiben gering. Stattdessen ergänzen die Macher die Story eher um neue Hintergrundinformationen. Die Serie hat es geschafft, Szenen aus dem Videospiel genug Raum zu geben, um die Fans der Spielereihe abzuholen. Gleichzeitig bietet sich auch jedem Neuling eine großartige Story, die die Serie sehr einsteigerfreundlich erzählt.

Bewertung: 95/100 Punkten

Transparenzhinweis: Der Vorabzugang zur vollständigen Serie wurde für diese Serienkritik von Sky Deutschland in Zusammenarbeit mit Warner Bros. Discovery kostenlos zur Verfügung gestellt.