Die HBO-Serie zum Videospiel „The Last of Us” setzt ihre Geschichte mit der zweiten Staffel ab dem 14. April 2025 fort. Trotz polarisierender Diskussionen und viel Kritik fielen die Bewertungen der ersten Staffel insgesamt fast durchweg sehr positiv aus. Fast alle Folgen wurden bei IMDb mit mehr als 9 von 10 Sternen bewertet. Bei der zweiten Staffel sieht es schon durchwachsener aus.
Nur Folge zwei und sechs erhalten 9,2 bzw. 8,6 Sterne. Die anderen fünf Folgen schwanken zwischen 6,2 und 7,3 Sternen. Bei den Filmkritikern auf Rotten Tomatoes rutscht die Serie lediglich von 96 auf 93 Prozent. Bei den Nutzerbewertungen verliert die Serie hingegen deutlich und sinkt von 86 auf 38 Prozent. Wie schon zum Serienstart wird auch jetzt wieder über viele Themen diskutiert. Dabei gibt es sowohl neue Kritik als auch wieder aufgewärmte Kritikpunkte aus der ersten Staffel. Wie es um die Serie wirklich steht, welche Kritikpunkte es gibt und wie berechtigt diese sind, erfahrt ihr im Test.
Dieser Test ist spoilerfrei
Selbstverständlich könnt ihr diesen Artikel bedenkenlos lesen, auch wenn ihr das Spiel zur „The Last of Us“-Serie noch nicht einmal kennt. In der Kritik werden keine entscheidenden Elemente der Geschichte verraten, sie bezieht sich nur auf die Umsetzung. Dabei ist es wichtig, auch auf die Welt und die Hauptcharaktere einzugehen, ohne dabei Wichtiges vorwegzunehmen. Es kann allerdings zu Foreshadowing kommen.

Auch in der zweiten Staffel übernimmt HBO wieder zahlreiche Szenen aus dem Spiel. Dazu gehört auch die ikonische Szene von Jacksons Silvesterfeier. © Liane Hentscher/HBO
Die Fortsetzung fünf Jahre später
Seit der ersten Staffel ist Ellie zu einer jungen 19-jährigen Frau herangewachsen. Sie lebt in Jackson City in Wyoming, einer kleinen Stadt, deren Bewohner sich in der postapokalyptischen Welt durchsetzen und überleben können. Jackson ist von einem Zaun umgeben, der die Stadt vor Infizierten schützt. Regelmäßige Patrouillen sind dafür zuständig, Infizierte frühzeitig abzufangen und auszuschalten oder die Bürger bei größeren Horden zu warnen. Wesentliche Entscheidungen werden im Ort basisdemokratisch getroffen, was auch in der Serie frühzeitig relevant wird. Natürlich hat die 19-jährige Ellie in dem kleinen Ort auch ein paar neue Freunde und Bekannte gefunden. Jessie und Dina sind ihre engsten Freunde. Nichtsdestotrotz scheint die Freundschaft in den vergangenen fünf Jahren eher oberflächlich gewesen zu sein, da beide Ellie nicht wirklich kennen. Das liegt vermutlich an Ellies Verschlossenheit, die nicht nur mit den bisherigen Ereignissen, sondern auch mit ihrem Geheimnis zu tun hat.
Dies teilt sie bisher nur mit Joel, von dem sie sich allerdings inzwischen entfremdet hat. Die Ursache erfahrt ihr erst im späteren Verlauf der Serie. Neben Jackson und den anderen Bewohnern werden auch eine Gruppe ehemaliger Fireflys vorgestellt, die von der jungen Abby angeführt wird. Gespielt wird diese von Kaitlyn Dever. Das ist besonders interessant, da sie auch eine Kandidatin für die Rolle der Ellie war, den Machern der HBO-Serie aber für die 14-jährige Ellie zu alt aussah. Doch auch ihre Besetzung als Abby wird von einigen Zuschauern kritisiert, da sie wesentlich schmächtiger als die sehr muskulöse Abby im Videospiel ist. Damit räumen die Macher aber auch mit einem Logikfehler auf. In einer Zeit der Nahrungsknappheit wäre es unerklärlich gewesen, wie eine Frau Muskeln aufrechterhalten kann, die sie selbst in der realen Welt ohne Doping nie erreichen könnte.

Zu Beginn der zweiten Staffel lebt Ellie bereits seit fünf Jahren in der kleinen Gemeinde Jackson. © Liane Hentscher/HBO
Das Problem der The Last of Us Serie
Die Hauptkritik lässt sich wohl am besten mit einem Wort zusammenfassen: Ellie. Einerseits nimmt die Debatte um die fehlende Ähnlichkeit zwischen Bella Ramsey und der Videospiel-Ellie wieder Fahrt auf. Zahlreiche Posts und Memes im Netz machen sich über die junge Schauspielerin lustig. Das ging so weit, dass Ramsey ihre Social-Media-Accounts löschte. Gegenüber der Presse äußerte sie sich dazu wie folgt: „Wenn ich Twitter und Reddit meide, was ich jetzt tue, ist alles in Ordnung.“ Neben unsachlicher Kritik an ihrer Person gibt es aber auch berechtigte Kritik an ihrer Rolle. Im Kern beziehen sich die Probleme dabei eher auf das Drehbuch als auf ihre schauspielerische Leistung. Im gleichnamigen Videospiel ist die 19-jährige Ellie eine ganz andere Person. Grund dafür ist vermutlich die Kritik an Ellies charakterlicher Veränderung zwischen „The Last of Us Part I“ und „Part II“.
Im Spiel ist Ellie nicht mehr so unbeschwert und witzig wie zuvor, sondern sehr ernst, engstirnig und verbissen. Diese Ellie hat vielen nicht gefallen, doch genau das ist die Ellie, die in die Geschichte passt. Der zweite Teil beschäftigt sich mit Rache bzw. Hass als Gegensatz zur Liebe des ersten Teils. Auf ihrem Rachefeldzug ist die Ellie des Videospiels brutal und zeigt kaum Mitgefühl mit ihren Feinden. In der Serie sieht es ganz anders aus. Die Ellie der Serie scheint sich in den vergangenen fünf Jahren zwischen den Staffeln charakterlich kaum verändert zu haben – fast schon eine Rückentwicklung. Sie ist unvorsichtig, planlos und muss immer wieder von ihrer Freundin Dina geleitet werden. In der Serie werden aus bewussten Morden teils nur Versehen und sie zeigt wesentlich mehr Reue.

Isabela Merced schlüpft in die Rolle von Dina, einer wichtigen Begleiterin von Ellie. © Liane Hentscher/HBO
Ellie passt nicht mehr zur Story
Diese neue, „weichgespülte“ Ellie ist weniger glaubwürdig, da sie unaufhörlich weitermacht, obwohl sie starke Reue empfindet und eigentlich eine Lehre ziehen müsste, die ihr erst ganz am Ende des Spiels wirklich bewusst wird. Das wird aber frühestens mit Ende der dritten, vielleicht sogar erst mit Ende der vierten Staffel passieren. Wie die Macher der „The Last of Us“-Serie das nachvollziehbar umsetzen wollen, bleibt fraglich. Die Zuschauer bzw. Spieler haben genau die Ellie bekommen, die sie sich gewünscht haben: Sie ist witziger, netter und zeigt mehr Emotionen. Aber offensichtlich scheint das auch einem großen Teil der Zuschauer nicht zu gefallen.
Eine weitere große Herausforderung besteht darin, die enorme Charakterentwicklung von Ellie in nur sieben Folgen glaubwürdig darzustellen. Bella Ramsey steht somit vor einer schauspielerischen Herausforderung, die kaum zu meistern ist. Selbst die erste Staffel, die neun Folgen umfasste, war stark komprimiert und hätte vermutlich auch ein bis zwei Folgen mehr vertragen können. Obwohl die Geschichte von The Last of Us Part II noch nicht abgeschlossen ist, hätte es mindestens zehn Folgen gebraucht, um die vorhandenen Probleme im Storytelling zu beheben.

Bella Ramsey singt Ashley Johnsons eigene Interpretation von „Take on Me”. © Liane Hentscher/HBO
Unterschiede: Spiele versus The Last of Us Serie
Wie schon in der ersten Staffel gibt es einige teils weitreichende Änderungen zum Videospiel. Um diesen Test möglichst spoilerfrei zu halten, werden viele dieser Unterschiede hier nicht erwähnt.
Während die Infizierten im ersten Teil eher in den Hintergrund gerückt waren, spielen sie jetzt wieder eine etwas größere Rolle. Auch in der zweiten Folge kommt es zu neuen Konstellationen, die ganz andere Handlungsstränge ermöglichen. Viele Charaktere, die im Spiel kaum vorkamen, wie Eugene oder Gail Lynden, finden in der Serie mehr Beachtung. Auch Isaacs Hintergründe werden in der The Last of Us Serie mehr beleuchtet. Es kommen aber auch komplett neue Charaktere hinzu, die im Spiel bislang noch nicht gezeigt wurden.
Eine weitere Änderung ist die Einführung von Abby. Sie tritt bereits in der ersten Folge auf und gibt sehr eindeutige Hinweise auf ihre Motivation. Das macht ihr Handeln zwar von Beginn an leichter verständlich, nimmt dem Zuschauer aber auch viel Spannung. Einige Zuschauer finden daher, dass hier zu viel vorweggenommen wird, was im Spiel erst viel später klar wird. Durch das Unverständnis fiel es leichter, den gleichen blinden Hass auf Abby zu empfinden wie Ellie. Diese Gefühle haben euch als Spieler mehr mit Ellie als Protagonistin verbunden, was in der Serie ein Stück weit genommen wird.

Während Abby in der zweiten Staffel neu eingeführt wird, spielt ihre Geschichte in der dritten Staffel die tragende Rolle. © Liane Hentscher/HBO
Easter Eggs der Serie
Natürlich gibt es auch einige Easter Eggs in der Serie zu entdecken. So ist der ältere Herr mit der Gitarre in der ersten Folge niemand Geringeres als Gustavo Santaolalla, der Komponist des Soundtracks der The Last of Us Serie sowie des Videospiels. Außerdem spielt Tati Gabrielle Abbys Komplizin Nora. Sie ist auch das Motion-Capture-Gesicht der Protagonistin im neuen Naughty-Dog-Titel „Intergalactic: The Heretic Prophet“. Dieser wird das nächste große Spiel von Naughty Dog. Erst danach dürft ihr auf „The Last of Us Part III“ hoffen, was Gerüchten zufolge bis zur Veröffentlichung der PlayStation 6 dauern könnte. Die erste Folge enthält aber noch mehr: Bereits der Titel „Through the Valley” lässt erahnen, dass das gleichnamige Lied hier ebenfalls eine Rolle spielen könnte. Ihr hört es im Spiel allerdings nur in einer Szene, für die ihr es im Permadeath-Modus durchspielen müsst.
Das Lied wird im Videospiel von der Synchronschauspielerin Ashley Johnson gesungen. In dieser Szene wird sie jedoch von Bella Ramsey musikalisch vertreten. Auch dem Titel „Take on Me” leiht Ramsey ihre Stimme. Die entsprechende Szene im Videospiel ist nicht schwer zu erreichen, kann jedoch leicht übersehen werden. Diese einzigartige Interpretation des Liedes der norwegischen Popgruppe a-ha könnt ihr in der zweiten Folge der Serie „The Last of Us“ genießen. Hier kann Bella Ramsey zeigen, dass sie nicht nur eine gute Schauspielerin, sondern auch eine sehr passable Sängerin ist.

Tati Gabrielle spielt die Rolle der Nora und ist gleichzeitig das Motion-Capture-Gesicht der Protagonistin aus dem neuen Spieltitel „Intergalactic: The Heretic Prophet” von Naughty Dog. © Liane Hentscher/HBO
Fazit
Die zweite Staffel der The Last of Us Serie ist definitiv kritikwürdig, aber dennoch eine sehr gelungene Fortsetzung der Videospielverfilmung. Die teils unglaubwürdige und nicht nachvollziehbare Charakterentwicklung von Ellie ist der Hauptkritikpunkt und könnte auch einen pessimistischen Ausblick auf Staffel 3 geben, denn die Probleme der aktuellen Staffel zu bereinigen, dürfte sehr schwierig werden. Immerhin können sich die Macher der Serie für die bereits bestätigte dritte Staffel auf Abby als Mittelpunkt des Geschehens konzentrieren. So besteht die Chance, vergangene Fehler im Storytelling nicht zu wiederholen.
Trotz aller Kritik sollten insbesondere Fans der ersten Staffel und natürlich alle Fans der Spielreihe die zweite Staffel von „The Last of Us” nicht verpassen. Es gibt viele gut umgesetzte emotionale Momente, mehr Tiefgang einiger Nebenrollen und sogar ganz neue Charaktere und Hintergrundgeschichten. Die Änderungen zur Serie bringen auch für die Spieleveteranen unter euch eine ganz neue Dynamik und Spannung in die bekannte Story. Nicht jede Änderung ist vorteilhaft, doch viele sind es. Aus Spoilergründen kann hier nicht näher auf sie eingegangen werden.
Transparenzhinweis: Für diese Serienkritik wurde der Vorabzugang zur vollständigen Serie von Sky Deutschland in Zusammenarbeit mit Warner Bros. Discovery kostenlos zur Verfügung gestellt.
Bildquelle Titelbild: Courtesy/HBO