Beitragvon Rolf Mihm » 29. Oktober 2003, 11:04
Michael Andersch schrieb:
> Ich bin langsam der Meinung, dass man eher wenig Mitleid mit
> denen haben sollte, die bereit sind diese Mondpreise zu
> bezahlen.
Hallo Michael,
leider hast du ja recht - gerade bei solchen Versteigerungen gibt es für den Käufer ja sozusagen das Recht und, wie ich meine, auch die Pflicht, sich vorab an anderer Stelle zuerst einmal über die Preise zu informieren. Wer dazu nicht bereit ist, dem ist tatsächlich nicht zu helfen und dem ist auch zuzumuten, Preise zu bezahlen, die oftmals weit jeder Vorstellungskraft liegen.
Ein moralisches Gschmäckle bleibt gleichwohl, entsprechend dann, wenn, wie aus dem Posting von Marten zu entnehmen, mit falschen Angaben für das zu verkaufende Produkt (hier halt die neue CC-Erweiterung) geworben wird. Zumindest zwei der Anbieter sollen mit der Aussage werben, das Produkt sei nicht im Handel erhältlich. Andererseits entbindet das den Käufer natürlich auch hier nicht von seiner eigenen Informationspflicht - gerade bei einer solchen Versteigerung sollte man doch genau hinschauen. Und es gilt auch hier, wer das nicht tut, der muß evtl. die Konsequenzen tragen.
Wer jetzt allerdings z.B. eine CC-Erweiterung unter dem Hinweis, diese werde es nicht im Handel zu kaufen geben zu überteuerten Preisen ersteigert und später feststellt, daß er ganz offensichtlich einer Falschinformation aufgesessen ist, der bleibt auf seinem Schaden sitzen - oder ist das dann schon ein Fall von betrügerischer Absicht?
Ich persönlich habe auch nicht unbedingt Mitleid mit denjenigen Personen, die bereit sind, diese überteuerten Preise zu bezahlen - etwas anderes ist es allerdings, wie gesagt, wenn mit falschen Angaben geworben wird. Da das nun natürlich nicht bei allen Anbietern der Fall ist, kann von Mitleid von meiner Seite aus eigentlich keine Rede sein.
Was mich ärgert ist ganz einfach die Dreistigkeit und Unverschämtheit der Verkäufer - und ja, auch deren moralische Inkompetenz. Deine Beispiele zeigen allerdings, daß auch für Produkte überhöhte Preise bezahlt werden, die ganz "legal" über den Handel zu beziehen sind - manchmal habe ich teilweise schon den Verdacht, daß einige Leute, die bei ebay Spiele ersteigern einen richtigen Spieleladen noch nie von innen gesehen haben.
Was mich wirklich aufbringt und traurig macht, ist die von mir so bezeichnete "moralische Inkompetenz". Ich sitze jetzt hier nicht vor dem Computer und beklage die Schlechtigkeit der Welt und bin traurig und heule so vor mich hin - aber wenn ich zwei dieser Erweiterungen hätte, z.B. meinetwegen auch die Verräter-Karte, ich käme nie auf die Idee, diese verkaufen zu wollen, sondern würde sie z.B. als sehr schöne Überraschung für den Geburtstag eines Freundes bereithalten. Das ist für mich einfach eine Art moralischer Anspruch, den ich an mich selbst stelle - und wenn andere diesen Anspruch nicht teilen, dann kann ich dagegen nichts tun, weil ihre andere Meinung in dieser Frage ihr gutes Recht ist, aber ich kann doch zumindest, auch und gerade in moralischer Hinsicht, darüber urteilen.
Dazu habe ich leider auch ein Beispiel aus dem privaten Bereich parat - und das soll nur ein Beispiel sein. Hier bei uns vor Ort gibt es nach der Messe in Essen die Möglichkeit, sich die Bohnanza-Erweiterungen von Lookout-Games zu kaufen; das Ladengeschäft bekommt etwa zehn Exemplare, so daß man dort hingehen kann und glücklich ein Exemplar aus dem Laden nach Hause tragen darf. Nun gibt es in unserem Bekanntenkreis allerdings jemanden, der sich die ganze Lieferung auf einmal gesichert hat und diese jetzt zu Hause bei sich hortet, um sie zu versteigern. Wie gesagt, moralisch darüber zu urteilen, erlaube ich mir, jedoch nicht, ihn deshalb auch moralisch zu verurteilen, weil hier ganz offensichtlich eine von meinen moralischen Ansprüchen weit entfernte Meinung zutage tritt. Nun haben wir allerdings auch einen gemeinsamen sehr guten Freund - als es darum ging, was man ihm denn zum Geburtstag schenken könnte, kam die Rede auch auf eine der Bohnanza-Erweiterungen, die unser Bekannter hortet. Und an dieser Stelle erlaube ich mir eine moralische Veurteilung - denn unser Bekannter war nicht bereit, für den Geburtstag eines gemeinsamen sehr guten Freundes eine dieser Erweiterungen zur Verfügung zu stellen, sofern er nicht den von ihm zu erzielenden ebay-Preis von uns bekommt...
Sich darüber aufzuregen, bringt überhaupt nichts - aber abgekauft haben wir ihm die Erweiterung aus den oben genannten Gründen auch nicht. Das hat vielleicht tatsächlich weniger mit moralischen Gründen zu tun, weil ich das Wort in diesem Posting so oft gebraucht habe, sondern eher damit, sich und seinen Ansprüchen treu zu bleiben. Diese nicht zu teilen ist jedermanns gutes Recht, ebenso wie es unser Recht war, auf dieses so großzügige Angebot unseres Bekannten nicht eingehen zu wollen.
Zusammenfassend - was mich ärgert und traurig macht, ist nicht einmal in erster Linie die Denkweise, die oft hinter solchen Angeboten steht, sondern der von meinen meinetwegen auch "moralischen" Ansprüchen so meilenweit entfernte Anspruch an sich selbst. Dieser Anspruch hat nichts damit zu tun, daß ich bzw. wir beleidigt ob des Angebotes unseres Bekannten waren - wir waren vielmehr enttäuscht...
Wie dem auch sei -
Schöne Grüße noch an dich...