Beitragvon Roman Pelek » 12. November 2004, 05:01
Hi Sarah,
Sarah Kestering schrieb:
> Und wenn Hans im Glueck die 97. Carcassonne Erweiterung
> rausbringt und damit Geld macht - super! Gerade Hans im
> Glueck bringt immer wieder sehr anspruchsvolle Spiele raus.
> UNd die waeren ja sonst nicht moeglich..
Jupp. Wenn die Kuh halt schonmal auf der Weide steht und Milch geben will, sollte man die Gelegenheit nutzen, den Mehrwert an Calcium direkt an den Verbraucher weiterzugeben und dafür Geld zu nehmen. Jedes Unternehmen würde dies tun und nebenbei noch einige Angestellte inklusive Familie glücklich machen. Sicherlich wird die Milch an sich dadurch nicht besser, weißer, gesünder oder vegetarischer, aber man hat wenigstens finanzielle Mittel, um notfalls rosaschäumenden Joghurt für die Exoten zu erfinden ;-) Andererseits sollte man diesen Exoten auch nicht übelnehmen, wenn sie konstatieren, dass die Milch manchmal nicht weißer geworden ist, als sie eh schon war oder die Farbe an sich am Produkt nix ändert :-)) Was lernen wir draus: Milch kann aussehen wie sie will, solange sie gekauft wird...
> Spiele sind nur teuer weil wir so bescheuert sind und JEDE
> Neuheit haben muessen wollen. .... Und ich gehoere auch zu
> diesen Bescheuerten ...
Hm, andersrum wird ein Schuh draus: Spiele wären viel billiger, wenn es mehr "Bekloppte" gäbe, auf deren Schultern man die Fixkosten verteilen könnte. Spieler sind eine Marginalie in der Kalkulation, nur leider bleibt es im Absatz manchmal bei dieser Marginalie, so dass die Kalkulation erstaunlicherweise nicht aufgeht... *seufz*
> KLar gebe ich viel Geld fuer Spiele aus. Aber hat nicht jeder
> iregendwas fuer das er viel Geld ausgibt? Es gibt Frauen die
> gehen 2 mal die Woche shoppen. Es gibt Leute die kaufen sich
> staendig Spoiler fuer ihr Auto. Es gibt Leute die geben
> wahnsinnig viel Geld aus fuer einen kleinen Papierschnipsel
> sprich Briefmarken ( und mit denen darf man dann noch nicht
> mal spielen..), es gibt Leute die kippen sich jedes
> Wochenende die Birne dicht.
Nuja, halt "jeder nur ein Kreuz", um's mit Monty Python zu sagen. Vorlieben variieren; Rechtfertigungsbedarf sehe ich da auch nicht. Nur ist unsere Vorliebe gelegentlich unterrepräsentiert, was öffentlich zugängliche Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung angeht. Uns fehlt ein bisschen das breitenwirksame Marketing, und wenn es vorhanden ist, fokussiert es zu stark auf einzelne, herausgehobene Produkte und/oder Bewährtes. Mir persönlich ist's nicht wenige Male passiert, dass ich Leute getroffen habe, die "natürlich an Weihnachten das SdJ oder mit den Kindern mal Monopoly" oder "irgendwas von Haba spielen", mir am im nächsten Moment aber attestieren, dass ich doch wohl "etwas eigenwillig sei" (Übersetzung Euphemismus->Deutsch: "Der hat ja wohl einen an der Klatsche"), wenn man "sowas das ganze Jahr über" machen würde, außer "man hätte Kinder" ;-) Kurzum, ganz nackt und brutal: wir haben derzeit die Weihnachts-/SdJ und die Kindernische (obwohl diese beiden an sich umsatztechnisch alles andere als eine Nischen sind) "besetzt", ansonsten sind wir belächelte Exoten.
Aber da ist, literarisch betrachtet, noch "ein weites Feld", das man beackern könnte und müsste. Nur, um ehrlich zu sein: wir alle kriegen es nicht hingebogen. Jedes Jahr wieder hängen Verlage, Autoren, Redakteure, Rezensenten dem Traum(a) nach, dass sich irgendwas tun würde. De facto bewegt sich nix.
Vielleicht bräuchten wir einfach medientechnisch etwas so Absurdes, wie ich es letzt auf "Spiegel Online" als Zitat gelesen (sinngemäß, ich finde den Artikel leider nicht wieder) habe: "Diese [i]gewaltverherrlichenden[/i] Rennspiele auf dem Computer kosten uns viele Verkehrstote unter den jugendlichen Autofahrern". Eine Minute hat's mich gekostet, zu weinen, eine, zu lachen, eine der Zeile "Denk' ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht" zu gedenken, danach kam ich auf den Gedanken: Wenn wir mal öfter diese Publicity hätten, dass selbst die intellektuelle Dunkel(st)kammer dieser Nation es mit Provinzpopulismus dazu bringt, renommierte Medien zu einem mehr oder minder guten Artikel zu unserer Szene zu inspirieren, dann ginge es uns gut. Verdammt gut. Ich würde auch, wenn es helfen würde, die Schlagzeilen liefern:
"Bürgermeister von Nürnberg: wir haben die Siedler satt", "Bauernaufstand in Carcassonne: Wir lassen unsere Wiesen nicht besetzen"
"Ticket to ride: how the west was won and where it got us"
"Spiel mit dem Feuer: Blue Moon und die Vulca heizen Diskussion unter Sozialpädagogen an - die ersten Statements von Blaublütigen"
"Aquarium aktuell meldet: Piranha Pedro verunglimpft unschuldige Zierfische"
Manchmal ist Lachen die gesellschaftsfähigste Variante der stillen Verzweiflung,
Ciao,
Roman