Beitragvon Marten Holst » 16. Mai 2005, 11:45
Moin,
irgendjemand schrieb, "Queste" sei etwas anderes als Auftrag, und genau das hatte ich mir gedacht. Es ist etwas anderes - für eine kleine Schar wirklich an einem Thema Interessierter. Für die Mehrheit der Leute, die so etwas erstmalig lesen, ist es sicherlich genau das, nämlich ein Auftrag, eine Suche, ein Vorhaben - und der völlig unbekannte Begriff Queste ist nur verwirrend. Also muss man sich überlegen, wer die eigene Zielgruppe bei der Übersetzung ist. Hier kann ich mir schon vorstellen, dass die Überschneidung von Fantasy- und speziell Artus-Interessierten mit Spielern hinreichend groß ist, um dieses zu festigen. Dennoch denke ich, man verprellt eben auch einige andere, kann es allerdings nicht sagen, da ich den Begriff auch schon seit Ewigkeiten kenne, seit einer Zeit, als ich mir über seine Herkunft noch keine Gedanken machen konnte, weil ich von Fremdsprachen keine Ahnung hatte.
Allgemein ist vieles Geschmachssache. Und wie so oft kann man Beispiele für alles angeben. Gerade der Komplex "deutsche Wiedergabe des Englischen" ist da spannend. Die Übersetzung von Literatur und/oder Filmen ist sicherlich ein klassisches Beispiel, bei dem viele Leute auf das Original schwören - wie hier ja auch schon erwähnt. Wenn jemand allerdings zum Beispiel die Romane von Terry Pratchett lieber im Original zu lesen angibt, weil ihm Deutsche Namen wie "Karotte" irritieren, dann doch wohl eher, weil er weniger Sprachgefühl für das Englische hat, wenn ihm der englische Name "Carrot" nicht aufstößt. Wenn mir jemand erzählt, man müsse "Mein Herz so weiß" natürlich auf Englisch lesen, weil bei der deutschen Übersetzung schon so viel verloren ging, finde ich das auch albern (das Original ist spanisch). Und was ein Wort wie "voten" in der Deutschen Sprache verloren hat (3 Mal dabei - bitte nicht wiedervoten), das ist mir völlig unklar.
Richtig ist, es gibt englische Ausdrücke, für die aus verschiedensten Gründen kein direktes Äquivalent gefunden werden kann. Hier wäre eine deutsche Übersetzung unter Umständen hölzern, unintuitiv, und die Verwendung eines erst Fremd- später vielleicht Lehnswort sicher erst einmal kein Nachteil. Es gibt aber auch Dinge, die man übersetzen kann - und das wird für meinen Geschmack zu wenig probiert, und es scheint eine gewisse Gruppe von Leuten zu geben, gerade im Entscheiderlevel, denen dieses zu provinziell vorkommen dürfte. Also wird schon gegen den Versuch, eine deutsche Entsprechung zu finden, gewettert. Was dazu führt, dass viele Leute nicht mehr wissen, wovon sie reden - und vielleicht mehr Ahnung hätten (vielleicht eben), wenn man versuchte, sie auch eckig ins Deutsche zu übertragen - es entstehen berühmte, allseits anwendbare "Buzzwords", die man immer gerne verwendet, und keiner weiß wovon man redet, klingt aber toll. Beispiele: Multimedia, Content Management, Buzzword, Human Ressources (wie viele würden das Wort noch verwenden, wenn es ihnen vom Sprachbewusstsein voll durchschlüge?). Und die Argumentation, dass der Begriff eben nicht präzise das selbe sei, wie im englischen Original, hier schlage ich mal die Brücke wieder zum Eingang, ist fast immer richtig - aber oft auch kontraproduktiv. Sonst bitte ich darum, in Zukunft alle Begriffe aus der Physik, Juristerei etc., die sich in Spielen, Romanen oder ähnlichem wiederfinden, genau ihrer Definition gemäß zu verwenden. Ich behaupte mal, für viele "Alltagsdinge" reicht eine schiefe Verwendung von Begriffen wie "Druck", "Mord" oder eben "Auftrag" aus, auch wenn man eigentlich einen Millimeter etwas anderes meinte - die genaue Beschreibung verwirrt viele mehr, als sie wenigen nützt.
Alles in allem pralen hier aber auch zwei Gruppen von "Möchtegerneliten" zusammen. Die modernen, weltoffenen, auch mal eine Unbequemlichkeit des Unverständlichen in Kauf nehmenden gegen die traditionsbewahrenden, auch mal eine Unbequemlichkeit der Übersetzungsarbeit in Kauf nehmenden Leute. Ich denke, wir (ich zähle mich hier einfach mal zur zweiten Gruppe hinzu) brauchen einander aber auch, um uns zu definieren - ohne Widerpart wäre man nur halb so toll beim Reiben an heißer Luft :-)
Tschüß
Marten