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Kai Borschinsky

Was ist Zensur?

Beitragvon Kai Borschinsky » 1. Dezember 2005, 13:08

Günter Cornett schrieb:

> Ich glaube, das ist nicht der Punkt. Rolf hat das in seinem
> letzten Beitrag gut gezeigt, wie auch private Firmen Zensur
> üben können. Wenn nur staatliche Eingriffe Zensur sind,
> Eingriffe privater Unternehmen z.B. auf Zeitungsartikel aber
> grundsätzlich ok, dann haben wir bald keine Meinunsfreiheit
> mehr.

Okay, wir kommen da in den Bereich, dass große Unternehmen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Macht quasistaatliche Befugnisse in Anspruch nehmen. Diese Eingriffe sind problematisch und hier hast du recht, dass diese Eingriffe in einen weiteren Begriff von Zensur passen. Ich würde sie als Quasi-Zensur oder Zensur ähnlich einstufen.

Es ist insofern imho schon der Punkt, als dass der Zensurbegriff, der hier im in der Diskussion (und auch allgemein gerne in Forendiskussionen) verwendet worden ist, die Löschung von Forenbeiträgen in einem privat(wirtschaftlich)en Forum im Internet als Zensur im Sinne eines Eingriffs in das Grundrecht der Meinungsfreiheit klassifiziert. Mir ging es darum, in welchem Sinne "Zensur" vom Gesetzgeber verwendet wurde. Und da gilt eben der sehr enge juristische. Insofern ist die Aussage:
Jede Löschung eines Beitrages in einem Forum ist ein Eingriff in ein Grundrecht. schlicht falsch.

Meinungsfreiheit impliziert nicht, dass die eigene Meinung auch gehört werden können muss. Dies kann (und soll) der Gesetzgeber nicht garantieren. Dies kann, wie die von Rolf genannten Beispiele zeigen, durchaus zu schwerwiegenden Verschiebungen in den Darstellungsmöglichkeiten führen, die auf unterschiedlichen ökonomischen Möglichkeiten basieren. Da gibt es nichts zu verharmlosen. Wie jemand seine Meinung an den Mann/ die Frau bringt, liegt an jedem einzelnen. Manch einem mag es wie Zensur vorkommen, dass er anscheinend mit dem Veröffentlichungswunsch seiner Meinung immer wieder gegen verschlossene Türen rennt. Aber damit muss es das nicht wirklich sein. Vielleicht teilt einfach niemand, der über die Einzelveröffentlichung in einem der Medien, die die Person angegangen ist, zu entscheiden hat, die Meinung, dass das wirklich veröffentlichungswürdig ist. Der Betroffene wird die Entscheidung nicht nachvollziehen können. Der jeweilige Verlag durchaus.

> Eine wichtige Frage hierbei ist:
> handelt es sich bei Forumsbeiträgen um Leserbriefe oder
> redaktionelle Beiträge (oder etwas ganz anderem, für das es
> neue Regeln geben sollte)?

Nein, die Frage ist: Paßt der Beitrag in dieser Form in dieses Forum nach Meinung des Forumsbetreibers oder nicht. Im Prinzip befinden wir uns als Schreiber hier in einem Vertragsverhältnis mit dem Betreiber des Forums. Der Betreiber stellt allein die Regeln auf, nach denen hier Beiträge veröffentlicht werden dürfen. Wem das nicht paßt, sollte sich ein anderes Forum suchen, wo andere Regeln gelten oder ein eigenes Forum aufmachen, wo er die Regeln anders bestimmen kann.

> Keine Zeitung ist verpflichtet, einen Leserbrief abzudrucken.
> Wenn eine Zeitung Ärger bekommt, weil sie einen Leserbrief
> abdruckt, dann wäre das schon ein Zensur-Eingriff. Das setzt
> allerdings voraus, dass die Zeitung diesen Leserbrief
> abdrucken wollte, also vor der Veröffentlichung kannte.

Na ja, eine Zeitung sollte jeden Beitrag kennen, bevor sie ihn veröffentlicht. ;) Natürlich kann Zensur nachträglich geschehen. Tut es in Deutschland durchaus auch. (Auch wenn hier der juristische Begriff des GG nicht angewandt wird.) Die Bundesprüfstelle ist da ein Beispiel. Auch das gesetzliche Verbot strafrechtlich relevanter Äußerungen ist natürlich eine Form der Zensur. Allerdings eine gesellschaftlich akzeptierte. Aber auch die greift hier allenfalls am Rande.

> Wenn es sich um einen redaktionellen Beitrag handelt, dann
> gibt es noch soetwas wie journalistische Sorgfaltspflicht.
> Ein Firmentest aus anonymer Quelle, beruhend auf
> selbsterstellten Statistiken, genügend journalistischen
> Ansprüchen für einen redaktionellen Beitrag nicht. Soetwas
> nicht auf den eigenen Seiten haben zu wollen, ist für mich
> ein nachvollziehbarer Grund, um den Beitrag zu entfernen. Muß
> nicht, kann aber, ohne dass es sich um Zensur handelt.

D'accord. ;)


> Zensur wäre es, wenn Redakteur und Journalist vereinbarten,
> einen solchen Spieleversender-Test zu erstellen und dieser
> dann nicht abgedruckt würde, weil z.B. der Hauptinserent
> schlecht wegkommt. Das wäre für mich auch ohne staatliches
> Eingreifen eine Form von Zensur. Sehe ich hier aber nicht als
> gegeben.

Es wäre ein Grenzfall. Es ist schwer, einer Redaktion nachzuweisen, warum sie einen Artikel am Ende doch nicht veröffentlicht. Es können auch andere Gründe maßgeblich sein. Es läge jedoch nahe. In einem Forum dürfte dies aber grundsätzlich nicht der Fall sein.

> Man kann durchaus diskutieren, ob in einem Forum andere
> Bedingungen gelten solte, als bei Leserbriefen. 'Aus
> Platzmangel nicht abgedruckt' gibt es ja nicht. Rein
> Moralisch gesehen gibt es eine Situation, in dem ein
> Seitenbetreiber quasi unter Rechtfertigungszwang steht, wenn
> er Beiträge entfernt. D.h. er wird - wie in diesem Forum -
> nur sehr selten eingreifen, insbesondere dann, wenn es sich
> von selbst versteht, dass ein Beitrag entfernt werden muß.

Platzmangel nicht, aber redaktionelle Eingriffe sollten schon erlaubt sein. In den meisten (besseren) Foren ist es durchaus üblich, Beiträge zu entfernen, die vom Thema des jeweiligen Stranges wegführen und so die Lesbarkeit erschweren. Der gleiche Beitrag an passender Stelle würde nicht gelöscht werden. Das wäre in meinen Augen keine Zensur, sondern typische readktionelle Arbeit. Ein Betrag über das neueste Spiel von Günter Cornett hat einfach wenig in einem Strang über Zensur im Internet zu suchen. ;) (Man kann den Beitrag auch verschieben, allerdings unterstützt das definitiv nicht die Sorgfalt der Beitragsschreiber.)
Aus meiner Erfahrung sind Foren, in denen regelmäßig "ausgemistet" und auf Beitragsdisziplin geachtet wird, deutlich brauchbarer als Foren mit Wildwuchs. Andere mögen das anders sehen.

Generell sollte ein Forenbetreiber natürlich maßvoll vorgehen. Das hat aber imho weniger mit Zensur oder zensurverwandten Maßnahmen zu tun, sondern vielmehr mit der Sorge um die Attraktivität des eigenen Dienstes. Ich möchte als Betreiber ja meine Leser halten. Also neige ich dazu, das Forum in deren Sinne zu verwalten. Wobei mir allein natürlich die Bestimmung obliegt, wen ich als Forumsnutzer (insbesondere -schreiber) akzeptiere.

> Eine kurze Begründung wäre in diesem Fall zwar schön gewesen,
> aber eben diese Begründung wird dann selbst zur Nachricht und
> weitet sich zu einem Thread aus. Von daher halte ich das
> Vorgehen von Matthias für durchaus nachvollziehbar.

Ja, das wünscht man sich manchmal. Andererseits weckt man so auch immer wieder erfolgreich Forumstrolle oder andere schlafende Hunde. Wie mans macht, ist meistens für irgendwen verkehrt. Aber insgesamt ist es eben doch besser, überhaupt was zu machen. ;)

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David
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Beiträge: 90

[OT] journalistische Sorgfaltspflicht und so manche Zeitschriften/Zeitungen

Beitragvon David » 1. Dezember 2005, 13:21

Günter schrieb:
> Wenn es sich um einen redaktionellen Beitrag handelt, dann
> gibt es noch soetwas wie journalistische Sorgfaltspflicht.
> Ein Firmentest aus anonymer Quelle, beruhend auf
> selbsterstellten Statistiken, genügend journalistischen
> Ansprüchen für einen redaktionellen Beitrag nicht.

Ja, so sollte es sein. Leider gibt es aber doch so manche Zeitschriften/Zeitungen, bei denen diese "Sorgfalt" in meinen Augen nicht gegeben ist. Besonders aufgefallen ist mir das in Computerzeitschriften, da ich mich dort halbwegs auskenne. Und genau an diese Testberichte, bei denen man sich fragt, wie die Autoren zu so einem Ergebnis bloß kommen konnten, hat mich Norman Bates "Charts" erinnert....
Was natürlich nicht heißen muss, dass der Test falsch ist, aber zumindest sehr undurchschaubar und konträr zu meinen Erfahrungen.

Grüße, David

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Attila
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Beiträge: 4715

Re: Usenet vs. kommerziellem Forum

Beitragvon Attila » 1. Dezember 2005, 13:30

peer schrieb:

Es gibt mehrere Artikel über Zensur bei Wiki:

http://de.wikipedia.org/wiki/Zensur_%28Informationskontrolle%29

http://de.wikipedia.org/wiki/Zensur_im_Internet

und noch weitere ... (es gibt ja noch weitere bedeutungen dieses Begriffes ...)

Wie dem auch sei - beides trifft hier nicht zu. Es ist lediglich so das sich jemand bevormundet fühlt - was man im Volksmund auch als Zensur bezeichnet. So nennt man das herrauschneiden von Szenen aus einem Film ja auch "Zensur", obwohl es das ja nicht ist.
In einer Seminararbeit (nicht von mir) bin ich auf die Begriffe "Vorzensur" und "Nachzensur" gestossen - ersteres beschreibt die Zensur im juristischen Sinne, also durch den Staat und seine Behörden. Zweiteres beschreibt Zensur im "volksmündlichen" (gibt es das Wort? :-) Sinne.

Naja, entweder (er)findet jetzt jemand ein Spiel zu diesem Thema über was wir weiter Diskutieren oder wir sind sowas von OT ....

Atti

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peer

Ergänzung

Beitragvon peer » 1. Dezember 2005, 13:57

Hi,
peer schrieb:
>
> Hi,
> Wolfram Püchert alias WeePee schrieb:
>
> > Und zu meinem Ton: Wenn ich der Meinung bin, dass hier
> > Grundrechte verletzt werden - und dieser Meinung bin ich -
> > dann werde ich ziemlich kiemig.
>
> Es gibt aber kein Grundrecht, dass es dir erlaubt, überall
> alles zu posten. Das Grundrecht sieht lediglich vor auf
> deiner Seite deine Meinung kundzutun (

Noch ein beispiel: Wenn -wir hier irgendwo geschrieben- die Freie Meinunsgäusserung tatsächlich bedeuten würde, man dürfte alles überall kommentieren, so müsste es eine Verpflichtung aller Webseitenbetreiber geben, eine Kommentierungsfunktion einzufügen - Ich darf bei Quelle.de z.B. nicht schreiben, was ich von deren Produkten halte.
Würde dieses Forum hier geschlossen könnte keiner dagegen klagen.
Diese Extermfälle zeigen vielleicht, warum ein Recht auf kommentierung in dieser Ausprägung absurd wäre.

ciao
peer (der das Gefühl hat Weepee antwortet nur auf Beiträge, die er fachlich/Usenetmässig auseinander nehmen kann)

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Tim-spielbox

Re: [OT] journalistische Sorgfaltspflicht und so manche Zeitschriften/Zeitungen

Beitragvon Tim-spielbox » 1. Dezember 2005, 15:09

> Und genau an diese Testberichte, bei denen man sich fragt,
> wie die Autoren zu so einem Ergebnis bloß kommen konnten, hat
> mich Norman Bates "Charts" erinnert....

In manchen Branchen (Automobil, Touristik, IT, Fachpresse sowieso) werden Zeitschriften heute schon zu einem erheblichen Teil mit bezahltem PR-Material bestückt, so schlimm ist es in der Spielewelt wohl nicht. Aber wer weiß schon, was noch kommt ...


Tim

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Marten Holst
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Beiträge: 1787

RE: [OT] journalistische Sorgfaltspflicht und so manche Zeits...

Beitragvon Marten Holst » 1. Dezember 2005, 15:47

Moin,

> In manchen Branchen (Automobil, Touristik, IT, Fachpresse
> sowieso) werden Zeitschriften heute schon zu einem
> erheblichen Teil mit bezahltem PR-Material bestückt, so
> schlimm ist es in der Spielewelt wohl nicht. Aber wer weiß
> schon, was noch kommt ...

Ich wünsche es mir ja nicht, aber das wäre ein Zeichen einer starken Spiele- und Spielekritik-"Industrie". Denn bei den heutigen Größenordnungen existiert einfach kein Bedarf :-)

Tschüß
Marten

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David
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Beiträge: 90

RE: [OT] journalistische Sorgfaltspflicht und so manche Zeits...

Beitragvon David » 1. Dezember 2005, 17:14

Hm, bezahltes PR-Material=Werbung?
In der Spielbox sind doch auch Werbeanzeigen drin. Und z.B. in der Computerzeitschrift c't noch viel mehr, trotzdem würde ich sie als seriös bezeichnen. Dort werden bei Tests recht sorgfältig die Rahmenbedingungen/Kriterien beschrieben.
Bei einigen Billigzeitschriften habe ich den Eindruck, dass sie nicht nur an der Werbung verdienen, sondern auch noch an den Test/Statistik-Ergebnissen.
...Oder meinst du vielleicht das mit PR-Material?
Grüße, David

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Tim-spielbox

RE: [OT] journalistische Sorgfaltspflicht und so manche Zeits...

Beitragvon Tim-spielbox » 2. Dezember 2005, 14:13

> Hm, bezahltes PR-Material=Werbung?

Gegen Anzeigen hat sicher niemand etwas, solange sie als solche gekennzeichnet sind. Leider ist das genau der springende Punkt. Wenn man heute einen Artikel liest, kann man in vielen Zeitschriften nicht mehr sicher sein, wer eigentlich dahintersteckt - und bei Online-Magazinen schon gar nicht. Die Medien müssen eben auch Geld verdienen. Oder Kosten sparen, indem sie ganze Artikel von PR-Agenturen übernehmen oder nur homöopathisch überarbeiten.

Man achte beispielsweise auf die gelegentlichen Hinweise auf bildblog.de. Leider betrifft dieses Phänomen nicht nur das große Boulevardblatt aus Hamburg. Viele Medien haben einfach nicht mehr die Zeit, Themen und Nachrichten gründlichen zu recherchieren. Und dann drucken oder senden sie eben das Zeug, das ihnen täglich tonnenweise von PR-Agenturen geschickt wird ...


Tim

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Marten Holst
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Beiträge: 1787

RE: [OT] journalistische Sorgfaltspflicht und so manche Zeits...

Beitragvon Marten Holst » 2. Dezember 2005, 17:13

Moin,

> Man achte beispielsweise auf die gelegentlichen Hinweise
> auf bildblog.de. Leider betrifft dieses Phänomen nicht nur
> das große Boulevardblatt aus Hamburg. Viele Medien haben
> einfach nicht mehr die Zeit, Themen und Nachrichten
> gründlichen zu recherchieren. Und dann drucken oder senden
> sie eben das Zeug, das ihnen täglich tonnenweise von
> PR-Agenturen geschickt wird ...

so ich recht informiert bin ist eine bekanntere bunte Illustrierte ist auch einmal auffällig geworden, weil sie diverse von pharmazeutischen Firmen eingesandte Artikel als "Haushaltstipps" oder "neueste Forschung" ungeprüft übernahm. Und genau sowas meinte ich halt - Du ja auch :-)

Tschüß
Marten

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peer

Re: Usenet vs. kommerziellem Forum

Beitragvon peer » 7. Dezember 2005, 11:48

Hi,
Hier nochmal der Hinweis, weils so schön passt:
http://www.spielbox.de/phorum4/read.php4?f=7&i=11375&t=11375

ciao
peer


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