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Das ist doch mal ein neues Spielethema ...

Das ehemalige spielbox-Spielerforum
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Andreas Seyfarth
Spielkind
Beiträge: 16

Re: Spiele

Beitragvon Andreas Seyfarth » 6. September 2006, 00:14

Hallo miteinander,

da will ich mal versuchen mich etwas verständlicher zu machen:

Ich sehe den Begriff des Spiels hier relativ eng, es geht mir um genau die "Werke", "Produkte" über die beispielsweise in der Messevorschau so intensiv berichtet wird.

Gleichwohl ich Günter etwas recht gebe, dass Spielemachen eine Kunst sei, aber mit eindeutigem Schwerpunkt auf der Seite des Kunsthandwerks, halte ich Spiele selbst nicht für Kunstwerke. Das ist allerdings in keiner Weise abwertend gemeint, die Kategorisierung hat nur etwas mit der Zielrichtung zu tun.

Ein Kunstwerk kann aus meiner Sicht sehrwohl verstörend, abstoßend und eben auch Spaßtötend sein - ein Spiel aber nicht, wenn es seinen Zweck als Spiel erfüllen soll und nicht nur als ein Vehikel für eine Botschaft dient. Den Hauptzweck eines Spiels sehe ich darin, die Spieler zu unterhalten und nicht darin, sie zu belehren.

Was mir immer wieder die Augen öffnet ist genau dieses Benutzen des Medium Spiels als Vehikel. Wenn die Botschaft in den Vordergrund rückt, wird ein Spiel letztlich zum politischen Instrument, vielleicht sogar zum Kunstwerk - je nach Intention - und sollte dann auch als solches bezeichnet werden. Damit hätte man vermutlich aber das Problem weniger Aufmerksamkeit zu finden, weil sich die jeweiligen Vergleichsobjekte in Qualität und Quantität ändern. Ich glaube hier darf man nicht vergessen, daß Spiele als Vergleichsobjekte außerhalb der Spielerszene nur in äußerst geringem Umfang vorhanden sind (Mädn, Monopoly, die Siedler, fertig).

Ich bleibe dabei, zur echten, vielfältigen Verbreitung des Medium Spiels liegt noch ein weiter Weg vor uns. Es ist immer noch zu einfach das Medium Spiel für eine Diplomarbeit oder anderweitig zu mißbrauchen.

Andreas Seyfarth,
(der sich fragt ob die Autoren von Family Business eine Botschaft im Sinn hatten...)

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Günter Cornett

Re: Spiele

Beitragvon Günter Cornett » 6. September 2006, 01:20

Andreas Seyfarth schrieb:
>
> Hallo miteinander,
>
> da will ich mal versuchen mich etwas verständlicher zu machen:
>
> Ich sehe den Begriff des Spiels hier relativ eng, es geht mir
> um genau die "Werke", "Produkte" über die beispielsweise in
> der Messevorschau so intensiv berichtet wird.
>
> Gleichwohl ich Günter etwas recht gebe, dass Spielemachen
> eine Kunst sei, aber mit eindeutigem Schwerpunkt auf der
> Seite des Kunsthandwerks, halte ich Spiele selbst nicht für

nö, dass meine ich gar nicht. Ich sehe das Spiel zunächt einmal losgelöst vom design vom optischen Eindruck. Ich meine mit Kunstwerk vor allem: Spielmechanik, Umsetzung des Themas. Die Optik ist was für einen Grafiker. Auch Kunst, natürlich. Aber als Autor rede ich davon kaum.

Als Meisterwerke sehe ich da z.B. Civilization und 1830 (weniger wegen der Länge sondern weil ich da staune: wie kann ein Mensch sowas schaffen), aber natürlich auch kürzere Spiele.

> Kunstwerke. Das ist allerdings in keiner Weise abwertend
> gemeint, die Kategorisierung hat nur etwas mit der
> Zielrichtung zu tun.
>
> Ein Kunstwerk kann aus meiner Sicht sehrwohl verstörend,
> abstoßend und eben auch Spaßtötend sein - ein Spiel aber
> nicht, wenn es seinen Zweck als Spiel erfüllen soll und nicht
> nur als ein Vehikel für eine Botschaft dient. Den Hauptzweck
> eines Spiels sehe ich darin, die Spieler zu unterhalten und
> nicht darin, sie zu belehren.

Jo, das sehe ich prinzipiell auch so. Aber ich vergleiche das Kunstwerk Spiel weniger mit einem Bild oder einer Skulptur, die spasstötend sein kann sondern mehr mit einem Buch. Es muss nicht Spass im eigentlichen Sinn machen, es zu lesen, aber es muss Interesse aufrecht erhalten. Sonst kann man es nicht lesen.

Bestenfalls ist es ein Genuß ein Buch zu lesen, manchmal eine Notwendigkeit, um sich ein bestimmtes Wissen anzueignen. Dann ist es belehrend, macht eher kein Spass im engeren Sinn, hält aber das Interesse aufrecht. Wenn es sehr gut gemacht ist, macht es trotz 'Belehrung' auch Spass.

Manche Bücher belehren unauffällig, vermitteln inhaltlich Falsches oder Richtiges.
'Drunter und Drüber' z.B. teilt etwas mit über die Schildbürger-Geschichten.
Der Spass steht im Vordergrund, es belehrt aber auch ein klein wenig, unaufällig unaufdringlich, humorvoll.

Wenn ein Spiel in einer bestimmten Epoche spielt und Autor und Verlag bemühen sich diese Zeit adäquat umzusetzen, dann ist das Spiel ein Medium, belehrt auch über diese Zeit. Puerto Rico ist doch ein gut umgesetztes Thema (selbst da noch, wo ein bestimmter Bereich aus imho übertriebener Rücksicht ausgeklammert wurde).

Ein Thema so aufdringlich ins Spiel zu bringen, dass es das Spiel zerstört, finde ich genauso falsch, wie das Thema nur als Vehikel für das Spiel zu nutzen, es nur spielmechanisch auszubeuten ohne ihm wirklich gerecht zu werden oder die Möglichkeiten zu nutzen, die darin stecken - wenn man sich denn entschieden hat, ein Spiel zu einem bestimmten Thema zu machen.

> Was mir immer wieder die Augen öffnet ist genau dieses
> Benutzen des Medium Spiels als Vehikel. Wenn die Botschaft in
> den Vordergrund rückt, wird ein Spiel letztlich zum
> politischen Instrument, vielleicht sogar zum Kunstwerk - je
> nach Intention - und sollte dann auch als solches bezeichnet
> werden. Damit hätte man vermutlich aber das Problem weniger
> Aufmerksamkeit zu finden, weil sich die jeweiligen
> Vergleichsobjekte in Qualität und Quantität ändern. Ich
> glaube hier darf man nicht vergessen, daß Spiele als
> Vergleichsobjekte außerhalb der Spielerszene nur in äußerst
> geringem Umfang vorhanden sind (Mädn, Monopoly, die Siedler,
> fertig).
>
> Ich bleibe dabei, zur echten, vielfältigen Verbreitung des
> Medium Spiels liegt noch ein weiter Weg vor uns. Es ist immer
> noch zu einfach das Medium Spiel für eine Diplomarbeit oder
> anderweitig zu mißbrauchen.

Naja, sie es als einen Schritt in Richtung Medium, so nach dem Motto:
ein großer Schritt für den Autor ein kleiner für die Spielewelt. ;-)

> Andreas Seyfarth,
> (der sich fragt ob die Autoren von Family Business eine
> Botschaft im Sinn hatten...)

Sie machen einen Aspekt einer Zeit zum Thema. Das muss keine Botschaft sein im Sinne von dies oder das ist richtig, aber es wirkt doch als Medium. Es zeichnet ein Bild von einer bestimmten Zeit, wie ein CharlieChaplin-Film, Bugsy Malone, oder auch Bonanza - ob dieses Bild mit der Realität im Einklang steht oder nicht, ist eine andere Frage, aber 'Family Business' ist Spiel als Medium. Und es vermittelt nicht nur etwas über das Thema sondern auch über die Spielmechanik.


Gruß, Günter

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Roman Pelek

Kunstfragen, Spielefragen

Beitragvon Roman Pelek » 6. September 2006, 02:18

Hi Günter,

Günter Cornett schrieb:
>
> achim schrieb:
> >
> > richtig ist, dass Kunst nicht der Unterhaltung dient,
> Spiele schon.
>
> Naja, Kunst kann schon der bloßen Unterhaltung dienen, Kunst
> kann aber auch wesentlich mehr.
> Spiele machen ist auch Kunst.

Was ich mich oft frage: sind Spiele wirklich [i]Kunst[/i] oder sind sie doch eher [i]Kunsthandwerk[/i]? Ich weiß, die Grenzen sind fließend, das macht die Frage für mich auch so schwer. Und ist die Bezeichnung Kunst nun eine Überhöhung von Spielen oder die Nichtbezeichnung von Spielen als solche eine Überhöhung der Kunst? Früher war ich ersterer Auffassung, mittlerweile tendiere ich zu letzterer.

Was jedoch gleich bleibt, ist, dass mir Leute, die sich selbst als Künstler titulieren, sehr suspekt sind. Die kriegen manchmal 'ne aggressive Phase, wenn einer nicht ihrer Meinung ist. Manche extremen Exemplare würden sogar eine durchaus eine "Skulptur der Toleranz und Gelassenheit" in die Welt setzen und dann am liebsten den ersten Passanten, der beiläufig "das krude Ding' da find' ich jetzt aber blöd" einstreut, am liebsten totschlagen :-D

> Man kann ein Spiel als Medium begreifen oder einfach nur als
> etwas mit dem man 'bloß' Spaß hat.

Durchaus möglich, Spiele als Medium, auch als Kunst zu begreifen. Aber wenn man sie nach Außen als solches verkauft und nicht den Spaß, den Zugang für jedermann in den Vordergrund stellt, macht man m. E. den Kapitalfehler, Leuten den Spaß daran zu verderben. Denn dann klingt es nach unliebsamer Arbeit, nach für sie unerreichbaren, unerstrebenswerten Belangen und sie blocken ab. Deswegen können ja auch so wenige Leute mit vermeintlich so fürchterlichen Dingen wie Mathematik oder Literatur etwas anfangen. Weil sie immer erst die Anspruchs-/Kunstklatsche bekommen und nicht die Spaßkomponente. 'Ne tote Fliege an der Wand hat allerdings bislang noch niemanden unterstützt.

Kann ich auch vollkommen nachvollziehen, denn was hätte Kunst in der menschlichen Existenz zu suchen, wenn sie nicht auch erheblichen Spaß machen könnte? Sex musste auch Spaß machen, um uns vor'm Aussterben bewahren. Und die Evolution hat ziemlich viel Playtesting vorzuweisen. Deutlich mehr als wir alle zusammen :-))

> Allerdings sollte ein Spiel schon so angelegt sein,
> dass es das Interesse der Spieler länger als ein paar
> Sekunden auf sich zieht.

Wohl schon, ja ;-)

> Ein Spiel zum Thema 'Flüchtlinge ohne Aufenthaltsrecht'
> sollte imho etwas mehr sein als ein Geck, der das Thema nur
> einmal kurz in die Presse bringt. Das problem scheint hier
> eher darin zu liegen, dass der Autor sich zwar mit dem Thema
> aber nicht mit dem Spielemachen auskennt. Daher ist ihm
> nichts anderes eingefallen als ein glückloses Glücksspiel zu
> machen, das nicht gespielt werden wird.

Definitiv. Aber so schafft man's sogar auf Spiegel-Online. Wird dann allerdings auch schnell als kuriose Sternschnuppe abgefackelt. Die Halbwertzeit dürfte im vorliegenden Fall extrem kurz ausfallen. Fire & forget.

Ciao,
Roman (als Hommage an Michael W.: "Über Frauen kann man schlecht im Deutschen fluchen / man sollt' es nicht versuchen / und doch, wenn man sucht, was man begehrt / wird das Suchen fluchenswert" - Tocotronic: "Über Sex kann man nur auf Englisch singen." Etwas sehr Ähnliches scheint für Spiele, für Kunst zu gelten.)

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Günter Cornett

Re: Kunstfragen, Spielefragen

Beitragvon Günter Cornett » 6. September 2006, 02:47

Roman Pelek schrieb:
>
> Hi Günter,
>
> Günter Cornett schrieb:
> >
> Was jedoch gleich bleibt, ist, dass mir Leute, die sich
> selbst als Künstler titulieren, sehr suspekt sind. Die

Warum das?

> kriegen manchmal 'ne aggressive Phase, wenn einer nicht
> ihrer Meinung ist. Manche extremen Exemplare würden sogar

Ach so, weil es extreme Exemplare gibt.
Naja, dann ist jeder suspekt.

Unter den Feuerwehrmännern gibt es ja auch Brandstifter.
Dann ist jeder Feuerwehrmann suspekt?


Ich bezeichne mich als Künstler, weil es inhaltlich korrekt ist (zudem staatlich abgesegnet). Immerhin bin ich Mitglied der Künstlersozialk(l)asse. Da sind lauter Künstler drin, die als Künstler nichts besonderes sind und deswegen Unterstützung zur Sozialversicherung bekommen.

Anlass zur Gründung war angeblich mal, dass einer schwangere Künstlerin der Zugang zum Krankenhaus verwehrt wurde, weil ihre Kunst nicht ausreichte, um ihre Sozialversicherung zu finanzieren.

Wer sich Künstler nennt, will sich deshalb nicht unbedingt auf einen Sockel stellen. Manchmal ist es nur eine Erklärung dafür, dass der große Onkel aus der Socke guckt. Oder das man ein anderes Verhältnis zu Zeit hat, Zeit mit Träumen oder Nachdenken verbringt, mit gesellschaftlich nicht notwendiger Arbeit, Spass hat an dem, was man tut, es mitunter sogar mehr auf das Tun ankommt als auf das Produkt ...

> eine durchaus eine "Skulptur der Toleranz und Gelassenheit"
> in die Welt setzen und dann am liebsten den ersten Passanten,
> der beiläufig "das krude Ding' da find' ich jetzt aber blöd"
> einstreut, am liebsten totschlagen :-D
>
> > Man kann ein Spiel als Medium begreifen oder einfach nur als
> > etwas mit dem man 'bloß' Spaß hat.
>
> Durchaus möglich, Spiele als Medium, auch als Kunst zu
> begreifen. Aber wenn man sie nach Außen als solches verkauft
> und nicht den Spaß, den Zugang für jedermann in den
> Vordergrund stellt, macht man m. E. den Kapitalfehler, Leuten
> den Spaß daran zu verderben. Denn dann klingt es nach

Jaja, Spassgesellschaft, ... weiß ich.

Es gibt aber auch Zielgruppen, die nicht 'jedermann' heissen. Fackler macht für andere Leute Spiele als Avalon Hill. Und El Grande vermittelt auch nicht für jedermann Spaß.

Es gibt trotz aller Jedermanns-Berieselung immernoch Leute mit unterschiedlichem Geschmack.

Und außerdem ist es bestimmt nicht immer falsch, mal etwas zu machen, was man selber gut findet, anstatt auf den Geschmack von Millionen Fliegen zu schielen.

> unliebsamer Arbeit, nach für sie unerreichbaren,
> unerstrebenswerten Belangen und sie blocken ab. Deswegen
> können ja auch so wenige Leute mit vermeintlich so
> fürchterlichen Dingen wie Mathematik oder Literatur etwas
> anfangen. Weil sie immer erst die Anspruchs-/Kunstklatsche
> bekommen und nicht die Spaßkomponente. 'Ne tote Fliege an der

Das ist ein Problem des Schulunterrichts. Der vermittelt das Mathematik langweilig ist.

Ein Spiel könnte Mathematik durchaus unterhaltsam darstellen.
Und diese Funktion brauchte es imho nicht hinter einer Clownsmaske zu verstecken.


> Wand hat allerdings bislang noch niemanden unterstützt.
>
> Kann ich auch vollkommen nachvollziehen, denn was hätte Kunst
> in der menschlichen Existenz zu suchen, wenn sie nicht auch
> erheblichen Spaß machen könnte? Sex musste auch Spaß machen,
> um uns vor'm Aussterben bewahren. Und die Evolution hat

Kommt drauf an, wie man Spass definiert. Und Spass für wen?
Genau genommen musste alles Spass machen, auch dem andern die Birne einzuhauen. Nur so konnte die Natur rauskriegen, wie der Mensch beschaffen sein musste, um zu überleben.

Also ich möchte Kunst nicht auf Spass reduzieren.


> ziemlich viel Playtesting vorzuweisen. Deutlich mehr als wir
> alle zusammen :-))

Aber sie ist immernoch nicht fertig mit ihrem Werk. ganz im gegenteil zu vielen Spieleautoren.

> > Allerdings sollte ein Spiel schon so angelegt sein,
> > dass es das Interesse der Spieler länger als ein paar
> > Sekunden auf sich zieht.
>
> Wohl schon, ja ;-)
>
> > Ein Spiel zum Thema 'Flüchtlinge ohne Aufenthaltsrecht'
> > sollte imho etwas mehr sein als ein Geck, der das Thema nur
> > einmal kurz in die Presse bringt. Das problem scheint hier
> > eher darin zu liegen, dass der Autor sich zwar mit dem Thema
> > aber nicht mit dem Spielemachen auskennt. Daher ist ihm
> > nichts anderes eingefallen als ein glückloses Glücksspiel zu
> > machen, das nicht gespielt werden wird.
>
> Definitiv. Aber so schafft man's sogar auf Spiegel-Online.
> Wird dann allerdings auch schnell als kuriose Sternschnuppe
> abgefackelt. Die Halbwertzeit dürfte im vorliegenden Fall
> extrem kurz ausfallen. Fire & forget.

Ist immerhin etwas länger als nur 'forget'. ;-)


> Ciao,
> Roman (als Hommage an Michael W.: "Über Frauen kann man

Weber?

> schlecht im Deutschen fluchen / man sollt' es nicht versuchen
> / und doch, wenn man sucht, was man begehrt / wird das Suchen
> fluchenswert" - Tocotronic: "Über Sex kann man nur auf
> Englisch singen." Etwas sehr Ähnliches scheint für Spiele,
> für Kunst zu gelten.)

Muss ich jetzt nicht verstehen, oder?

Gruß, Günter

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Roman Pelek

Re: Das ist doch mal ein neues Spielethema ...

Beitragvon Roman Pelek » 6. September 2006, 03:35

Hi Dirk,

Dirk Piesker schrieb:
>
> Hallo Andreas,
>
> die Kunst- oder allgemeiner die Kulturwelt ist doch voll von
> Werken, die nicht geschaffen wurden, um Spass zu machen.
> Und das ist auch gut so.
> Sie sollen provozieren, zum nachdenken anregen, vielleicht
> einfach abstoßend wirken.

Und wer hat behauptet, dass sie dem Künstler nicht diebisch Spaß gemacht haben? Ich würde ganz dreist behaupten, dass in der Provokation, der Gedankenstimulation, auch in der Geschmacklosigkeit eine intrinsische Freude liegt. Wer etwas nur schafft, um seinen Mitmenschen den Spaß am Leben zu vermiesen, ist in meinen Augen ein bedauernswerter Zeitgenosse. Miesepetrigkeit mit dem erreichbaren Ziel einer Verbesserung: ja. Aber vielerlei "Kunst" ist auch einfach nur bräsig und bewirkt nix.

> Das macht sie zwar nicht wertvoller (obwohl manchmal so getan
> wird),

Genau das "so tun als ob" gehört dringend abgeschafft. Aber das lässt sich selbst antiretroviral kaum bekämpfen.

> aber trotzdem ist es gut, das sie möglich sind.

Mehr noch als das. Angesichts all der Irrtümer, die wir Menschen allerorten alltäglich begehen, erscheint mir alles andere als diese Freiheit als fatal.

> Und Spiele? Da geht nur "heile Welt"?

Da geht mehr. Wir alle sind halt nur ein bissl spießig, langweilig und träge. Naja, das verwächst sich irgendwann. Spätestens dann, wenn keiner mehr Brettspiele kaufen mag merken selbst wir das.

Ciao,
Roman (erinnert sich noch genau an gewisse unselige Interviewfragen: "Und wieso ist jemand wie Sie Stubenhocker geworden?" - "Sagen Sie doch gleich, dass das hier 'ne Strafarbeit für Sie ist..." - "Ach, man kann sich mit Ihnen vernünftig unterhalten?")

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Roman Pelek

Der Spaß im Leben als ngeative Komponente

Beitragvon Roman Pelek » 6. September 2006, 05:00

Hi Günter,

Günter Cornett schrieb:

> > Was jedoch gleich bleibt, ist, dass mir Leute, die sich
> > selbst als Künstler titulieren, sehr suspekt sind. Die
>
> Warum das?

Vielleicht war das nur eine bewusste provokative Präsentation schlechter Erfahrungen, die längst und gehörig revidiert gehören?

> > kriegen manchmal 'ne aggressive Phase, wenn einer nicht
> > ihrer Meinung ist. Manche extremen Exemplare würden sogar
>
> Ach so, weil es extreme Exemplare gibt.
> Naja, dann ist jeder suspekt.

Sowieso, Günter, spätestestens nach der neuesten Datenfreigabe hier in Deutschland.

Nein, aber im Ernst: ich schätze entweder Understatement oder wohlüberlegte Selbsterkenntnis. Nicht wenige Personen des öffentlichen Lebens, die sich selbst als Künstler definieren, agieren aber anscheinend frei von solchen Anstandsgrenzen.

> Ich bezeichne mich als Künstler, weil es inhaltlich korrekt
> ist (zudem staatlich abgesegnet). Immerhin bin ich Mitglied
> der Künstlersozialk(l)asse. Da sind lauter Künstler drin, die
> als Künstler nichts besonderes sind und deswegen
> Unterstützung zur Sozialversicherung bekommen.

Das ist ja auch korrekt. Ich persönlich sehe Dich ja auch als Künstler. Und wenn Du etwas zu sagen hast, dann fundiert, und Du teilst das auch offen mit. Du hast nebenbei bemerkt auch so ziemlich rein gar nichts gemein mit dem, was ich kritisiere.

> Anlass zur Gründung war angeblich mal, dass einer schwangere
> Künstlerin der Zugang zum Krankenhaus verwehrt wurde, weil
> ihre Kunst nicht ausreichte, um ihre Sozialversicherung zu
> finanzieren.

Das lass' ich jetzt einfach mal so stehen.

> Wer sich Künstler nennt, will sich deshalb nicht unbedingt
> auf einen Sockel stellen. Manchmal ist es nur eine Erklärung
> dafür, dass der große Onkel aus der Socke guckt. Oder das man
> ein anderes Verhältnis zu Zeit hat, Zeit mit Träumen oder
> Nachdenken verbringt, mit gesellschaftlich nicht notwendiger
> Arbeit, Spass hat an dem, was man tut, es mitunter sogar mehr
> auf das Tun ankommt als auf das Produkt ...

Für diesen Kommentar, den ich vorbehaltlos unterschreiben könnte, hast Du allerdings (natürlich versehentlich) wieder mal meinen Respekt verdient. Da bist Du mehr sehr nah, da begreifst Du fast, was ich mit "Spaß" meine ;-)

> > Durchaus möglich, Spiele als Medium, auch als Kunst zu
> > begreifen. Aber wenn man sie nach Außen als solches verkauft
> > und nicht den Spaß, den Zugang für jedermann in den
> > Vordergrund stellt, macht man m. E. den Kapitalfehler, Leuten
> > den Spaß daran zu verderben. Denn dann klingt es nach
>
> Jaja, Spassgesellschaft, ... weiß ich.

Eben genau nicht. Nix (nulldenkende) Spaßgesellschaft, die Masche zieht bei mir nicht. Was ich sage, ist etwas anderes: Das Leben darf gerne Spaß machen. Und dazu gehören auch Belange, die etwas arbeitsintensiver sind.

> Es gibt trotz aller Jedermanns-Berieselung immernoch Leute
> mit unterschiedlichem Geschmack.

'tschuldigung, war ich [i]jemals[/i] anderer Auffassung?

> Und außerdem ist es bestimmt nicht immer falsch, mal etwas zu
> machen, was man selber gut findet, anstatt auf den Geschmack
> von Millionen Fliegen zu schielen.

Sollte man sogar unbedingt, es dient der eigenen geistigen Gesundheit enorm. Bei ausschließlichem Verhalten in dieser Richtung droht allerdings Familienverlust.

> > unliebsamer Arbeit, nach für sie unerreichbaren,
> > unerstrebenswerten Belangen und sie blocken ab. Deswegen
> > können ja auch so wenige Leute mit vermeintlich so
> > fürchterlichen Dingen wie Mathematik oder Literatur etwas
> > anfangen. Weil sie immer erst die Anspruchs-/Kunstklatsche
> > bekommen und nicht die Spaßkomponente. 'Ne tote Fliege an der
>
> Das ist ein Problem des Schulunterrichts. Der vermittelt das
> Mathematik langweilig ist.

Billiger Ausweg, Günter. Erst nörgelst Du an mir 'rum, dass ich viel auf Spaß (nein, besser ist: Begeisterung) für ein Thema gebe, lehnst es anscheinend für Literatur und Spiele als Kunstereignisse ab, und kommst mir dann damit, dass Mathematik zu langweilig verkauft werden würde.

Was ich sagen möchte, ist: das alles, was wir hier in "good old germany" machen (Spiele, Literatur, Mathe, Physik etc.) zu bieder verkauft wird. Und für mich ist Spaß mitnichten gleichbedeutend mit Niveaulosigkeit.

> Ein Spiel könnte Mathematik durchaus unterhaltsam darstellen.
> Und diese Funktion brauchte es imho nicht hinter einer
> Clownsmaske zu verstecken.

Lektionen gefällig? Der Erfolg von "Dr. Kawashima's Gehirnjogging" und "Big Brain Academy" auf dem Nintendo DS. Das können wir komischerweise nicht nachbilden. Stattdessen verrennen wir uns ins Sudoku-Clones, die niemand als eigenständig wahrnimmt. Wir haben kein Feuilleton, keine Streitkultur und nur sporadische Erfolge, aber wenigstens ist uns Spaß zuwider.

Na super. Kann mir jemand Gründe nenne, die Brettspielszene nicht masochistisch zu finden?

> Also ich möchte Kunst nicht auf Spass reduzieren.

Und das entscheidende Gegenargument meiner Seite wäre: ich möchte Spaß nicht auf die vollkommene Abschaltung der Hirnfunktionen reduziert sehen.

[Die Evolution]
> Aber sie ist immernoch nicht fertig mit ihrem Werk. ganz im
> gegenteil zu vielen Spieleautoren.

Das halte ich für hochgradig streitbar. Die Endlösung mancher Spieleautoren für die Evolution möchte ich lieber nicht sehen.

Eigentlich möchte ich hier gar nicht sehen, dass hier irgendwer oder irgendwas fertig ist. Denn dann ist es höchste Zeit "Macht's gut und danke für den Fisch" zu sagen. Lösungen sind Mist, mit "besseren Ideen" reicht's wenigstens bis morgen.

> > Ciao,
> > Roman (als Hommage an Michael W.: "Über Frauen kann man
>
> Weber?

Weber.

> > schlecht im Deutschen fluchen / man sollt' es nicht versuchen
> > / und doch, wenn man sucht, was man begehrt / wird das Suchen
> > fluchenswert" - Tocotronic: "Über Sex kann man nur auf
> > Englisch singen." Etwas sehr Ähnliches scheint für Spiele,
> > für Kunst zu gelten.)
>
> Muss ich jetzt nicht verstehen, oder?

Ich kann's Dir erklären: Manchmal sucht man im Deutschen eine Gelassenheit, die man im Deutschen einfach nicht findet. Und dann wünscht man sich ganz, ganz weit weg und einfach nur die intime Begegnung mit einer Frau, die die eigenen Gedanken teilt. Spaß halt. Also Spaß, der mehr Spaß ist, als er eigentlich nur Spaß ist, aber weniger, als bloßer Spaß zu sein. Der Spaß, der als solcher einfach nicht im spaßigen Deutschsein zu finden ist, vor allen Dingen nicht in denjenigen, die so unspaßig-verkrampft spaßig unverkrampft sind.

Aber das musst Du nicht verstehen. Der Weber tut das schon ziemlich perfekt.

Ciao,
Roman (Zuerst ist Kunst das, was man wirklich nicht kann, und dann isses das, was man tunlichst nicht danach aussehen lassen sollte. Die Zeit dazwischen bezeichnet man gerne als Midlife-Crisis.)

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Ingo Althöfer
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Beiträge: 585

Re: Spiele

Beitragvon Ingo Althöfer » 6. September 2006, 07:43

Man könnte stundenlang über dieses spannende Thema
schreiben. Aus Zeitgründen greifel ich hier nur einen
Punkt heraus.


Andreas Seyfarth schrieb:
> ... Es ist immer noch zu einfach das Medium Spiel für
> eine Diplomarbeit oder anderweitig zu mißbrauchen.

"missbrauchen" ist hier ein schlimmes und falsches Wort,
gerade wenn man sich vor Augen hält, dass der Begriff
"Spiel" im weiteren Sinn nicht nur das Brett-
oder Kartenspiel meint, sondern eben auch das
* Spiel im Tierreich
oder das
* Spiel auf der Bühne
(Schiller: "Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.")

Der Weimarer Student hat für sein Umfeld eine tolle Leistung
abgeliefert. Die Zielgruppe seines Spiels bestand aus genau zwei
Personen, nämlich den Gutachtern seiner Diplomarbeit.
Vor dem Hintergrund, dass diese nicht zur Spielszene in
"unserem/deinem" engen Sinn gehören, ist dem Kandidaten
alles gelungen:
(1) Die Figuren sind toll gestaltet.
(2) Der Schachteldeckel ist graphisch überzeugend.
(3) Der Titel "Unter uns" ist genial gewählt.
(4) Das Produkt hat trotz enttäuschendem Inhalt (ein unbalanciertes Laufspiel)
grosses Aufsehen erregt.

Gerade Punkt (4) und das sich ergebende Medieninteresse zeigt, dass der Student genau das kann, auf was es im Rahmen seines Studiengangs "Visuelle Kommunikation" auch ankommt: @!#$ als Schokolade verkaufen. Ich denke, damit dürfte er gute Chancen haben, z.B. einen Job bei einer Werbeagentur zu bekommen.

Ingo Althöfer.

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peer

Re: kein neues Spielehema

Beitragvon peer » 6. September 2006, 09:01

Hi,
es gab auch eine Reihe von Spielen von Brot und die Welt. Die waren für große Gruppen und relativ gut ausgestattet (mit Handschellen etc.). Natürlich: Unterrichtsmaterial. Die Spieler hatten z.T. auch keine (oder keine reelle) Chancen auf den Sieg, aber der Spaß war trotzdem dabei. Und da es sehr richtung Rollen/Planspiel ging lernte man auch was über die politischen Strukturen. Und wichtig: Man hat Entscheidungsspielraum (ich bin ja der Meinung, dass ein Spiel ohne Entscheidungsspielraum kein Spiel ist, sondern entweder ein Puzzle/Rätsel oder ein Spielzeug).

Ich weiss nicht mehr, ob dieses konkrete Thema unter den angebotenen war, aber zumindest waren die Themen teilweise sehr dicht dran.

ciao
peer

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Günter Cornett

Re: Der Spaß im Leben als ngeative Komponente

Beitragvon Günter Cornett » 6. September 2006, 11:18

Roman Pelek schrieb:
>
> > Das ist ein Problem des Schulunterrichts. Der vermittelt das
> > Mathematik langweilig ist.
>
> Billiger Ausweg, Günter. Erst nörgelst Du an mir 'rum, dass
> ich viel auf Spaß (nein, besser ist: Begeisterung) für ein
> Thema gebe, lehnst es anscheinend für Literatur und Spiele
> als Kunstereignisse ab, und kommst mir dann damit, dass
> Mathematik zu langweilig verkauft werden würde.

Hi,
ich lehne doch nicht den Spaß ab. Ich nörgel nicht gegen den Spaß sondern gegen den Spaßzwang. Und wenn du auf Begeisterung umschwenkst oder konkretisierst, dann kommst du mir schon recht nahe. Bücher und Spiele müssen Interesse aufrecht erhalten, damit sie gelesen bzw. gespielt werden. Das kann Spaß sein, muss aber nicht.

Ein Telefonbuch lese ich ja auch nicht zum Spaß. :)


> Was ich sagen möchte, ist: das alles, was wir hier in "good
> old germany" machen (Spiele, Literatur, Mathe, Physik etc.)
> zu bieder verkauft wird. Und für mich ist Spaß mitnichten
> gleichbedeutend mit Niveaulosigkeit.

Meine These ist:
"Kunst kann schon der bloßen Unterhaltung dienen, Kunst kann aber auch wesentlich mehr. Spiele machen ist auch Kunst."

Da spreche ich mich nicht gegen Spaß am Spiel aus. Spaß ist die wesentliche Motivation für ein Spiel. Aber man sollte ein Spiel, bei dem der Spaß nicht im Vordergrund steht, nicht gleich verdammen. Das wäre Spaßzwang.

Man kann ein politisches Thema in ein Spiel verarbeiten, so dass es Spaß machen kann, so dass es nicht wirklich Spaß im engeren Sinn macht, aber Interesse aufrecht erhält und etwas vermittelt.

Dass es oftmals beim Versuch bleibt, steht auf einem anderen Blatt.

> > Ein Spiel könnte Mathematik durchaus unterhaltsam darstellen.
> > Und diese Funktion brauchte es imho nicht hinter einer
> > Clownsmaske zu verstecken.
>
> Lektionen gefällig? Der Erfolg von "Dr. Kawashima's
> Gehirnjogging" und "Big Brain Academy" auf dem Nintendo DS.
> Das können wir komischerweise nicht nachbilden. Stattdessen
> verrennen wir uns ins Sudoku-Clones, die niemand als
> eigenständig wahrnimmt. Wir haben kein Feuilleton, keine
> Streitkultur und nur sporadische Erfolge, aber wenigstens ist
> uns Spaß zuwider.

Wir? Man muss sich diesen 'wir sind deutsch und langweilig'-Schuh doch nicht anziehen.

Und Streitkultur - ich bemühe mich nach Kräften. ;-)

> Na super. Kann mir jemand Gründe nenne, die Brettspielszene
> nicht masochistisch zu finden?

Vielleicht macht es keinen Spass, die Brettspielszene masochistisch zu finden.

> > Also ich möchte Kunst nicht auf Spass reduzieren.
>
> Und das entscheidende Gegenargument meiner Seite wäre: ich
> möchte Spaß nicht auf die vollkommene Abschaltung der
> Hirnfunktionen reduziert sehen.

Das ist jetzt nicht wirklich ein Gegensatz.

> [Die Evolution]
> > Aber sie ist immernoch nicht fertig mit ihrem Werk. ganz im
> > gegenteil zu vielen Spieleautoren.
>
> Das halte ich für hochgradig streitbar. Die Endlösung mancher
> Spieleautoren für die Evolution möchte ich lieber nicht sehen.

Die Evolution wäre natürlich eine Nummer zu groß.
Spieleautoren setzen sich kleinere Ziele und schaffen es daher, ihr Werk zu vollenden.

Dass die Spieler sie dennoch immer neu gestalten, ändert nichts an dem Fakt, dass sie als Werk vollendet sind.

> Ich kann's Dir erklären: Manchmal sucht man im Deutschen eine
> Gelassenheit, die man im Deutschen einfach nicht findet. Und
Achso, unsereiner sucht nicht im Deutschen. Daher versteht er auch nicht.

[snip: die Erklärung]

> Aber das musst Du nicht verstehen.

Darauf kommt es auch nicht an. Hauptsache, du kannst es mir erklären. :)

Gruß, Günter

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Ralf Arnemann
Kennerspieler
Beiträge: 2447

Re: [OT] Bärengeschichten

Beitragvon Ralf Arnemann » 6. September 2006, 11:53

> Bis es soweit ist, ...
Das nehme ich mal als indirekte Ankündigung, das weitere historische Romane in Arbeit sind. Hervorragend!

> ... die Wartezeit überbrücken helfen?
Noch eine gute Nachricht.
Die Episoden sind so kurz wie gut und damit kann die Wartezeit nicht mehr lang sein ;-)

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Roman Pelek

Re: Der Spaß im Leben als ngeative Komponente

Beitragvon Roman Pelek » 6. September 2006, 15:20

Hi Günter,

Günter Cornett schrieb:

> ich lehne doch nicht den Spaß ab. Ich nörgel nicht gegen den
> Spaß sondern gegen den Spaßzwang. Und wenn du auf
> Begeisterung umschwenkst oder konkretisierst, dann kommst du
> mir schon recht nahe. Bücher und Spiele müssen Interesse
> aufrecht erhalten, damit sie gelesen bzw. gespielt werden.
> Das kann Spaß sein, muss aber nicht.

Ok, ich vermute, hier sind wir wohl beieinander. Zumindest soweit, dass die Unterschiede nicht wirklich diskussionsrelevant sind.

> Ein Telefonbuch lese ich ja auch nicht zum Spaß. :)

Hm, und vielen geht's auch mit der Lektüre von Spielregeln so, aber das wäre dann schon wieder ein Extrathema wert ;-)

> Da spreche ich mich nicht gegen Spaß am Spiel aus. Spaß ist
> die wesentliche Motivation für ein Spiel. Aber man sollte ein
> Spiel, bei dem der Spaß nicht im Vordergrund steht, nicht
> gleich verdammen. Das wäre Spaßzwang.

Stimmt. Die Frage, die sich allerdings im konkreten Fall stellt, ist, ob ein solches Spiel dann etwas ist, was als Spiel auch die breite Masse ansprechen kann oder doch eher ein spielerisches Lehrmittel, das rein zweckorientiert eingesetzt wird. Kurzum: reicht der Spielreiz aus, um als Spiel eigenständig Außenstehende zu motivieren oder reicht er eben nur, die Vermittlung von Inhalten etwas aufzulockern.

> Und Streitkultur - ich bemühe mich nach Kräften. ;-)

Rate mal, warum ich in manchen Momenten gerne mit Dir kontrovers diskutiere :-))

> [snip: die Erklärung]
>
> > Aber das musst Du nicht verstehen.
>
> Darauf kommt es auch nicht an. Hauptsache, du kannst es mir
> erklären. :)

Das ist sowieso das Wichtigste, wo sollte ich sonst auch mit der ganzen freien Zeit hin. Sonst käme ich ja nur auf die Idee, was zu spielen ;-)

Ciao,
Roman

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Gabi Goldschmidt
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Re: Der Spaß im Leben als ngeative Komponente

Beitragvon Gabi Goldschmidt » 8. September 2006, 12:27

Hallo Roman und Günter,

Eure Diskussion über Kunst finde ich sehr spannend und möchte dazu gern einige Anmerkungen und Zitate aufführen:

Das Bundesverfassungsgericht sagt, dass eine Definition des Begriffs Kunst generell nicht möglich ist.
In einem juristischen Kommentar findet sich aber folgender Text: "Kunst ist die freie, schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer best. Formensprache zur unmittelbaren Anschauung gebracht werden. Für das Vorliegen von Kunst spricht der Umstand, dass sein Urheber ein Werk als Kunstwerk betrachtet!"

George Braque sagte: "Das einzig Gültige in der Kunst ist das, was man nicht erklären kann."

Karl Schmidt-Rottluff sagte:
"Im Stillen und ganz Privaten bin ich sogar der Meinung, dass sich über Kunst überhaupt nichts sagen lässt".

Am besten gefällt mir immer noch Johann Nestroy:" Kunst ist, wenn man's nicht kann, denn wenn man's kann, ist's keine Kunst!"

;-)

kunstvolle Grüße
Gabi Goldschmidt (freischaffende Künstlerin)

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Volker L.

Kunst

Beitragvon Volker L. » 8. September 2006, 20:58

Gabi Goldschmidt schrieb:
>
> Hallo Roman und Günter,
>
> Eure Diskussion über Kunst finde ich sehr spannend und möchte
> dazu gern einige Anmerkungen und Zitate aufführen:
>
> Das Bundesverfassungsgericht sagt, dass eine Definition des
> Begriffs Kunst generell nicht möglich ist.
> In einem juristischen Kommentar findet sich aber folgender
> Text: "Kunst ist die freie, schöpferische Gestaltung, in der
> Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das
> Medium einer best. Formensprache zur unmittelbaren Anschauung
> gebracht werden. Für das Vorliegen von Kunst spricht der
> Umstand, dass sein Urheber ein Werk als Kunstwerk betrachtet!"

Meiner Ansicht nach ist es eine wichtige Voraussetzung, dass
es für uneingeweihte als Kunstwerk erkennbar ist. Es ist nicht
notwendig, dass jeder erkennt, [i]was[/i] ein abstraktes Gemälde oder
eine Skulptur aussagen soll, aber es muss erkennbar sein, [i]dass[/i]
es ein Kunstwerk sein soll. (Insofern haben damals die Putzfrauen
entlarvt, dass Beuys keine Kunst geschaffen hatte, als sie dieses
eine Werk entsorgt haben :-D )

> George Braque sagte: "Das einzig Gültige in der Kunst ist
> das, was man nicht erklären kann."
>
> Karl Schmidt-Rottluff sagte:
> "Im Stillen und ganz Privaten bin ich sogar der Meinung, dass
> sich über Kunst überhaupt nichts sagen lässt".
>
> Am besten gefällt mir immer noch Johann Nestroy:" Kunst ist,
> wenn man's nicht kann, denn wenn man's kann, ist's keine
> Kunst!"
>
> ;-)

Mir gefällt am besten: "Kunst kommt von Können - käme es von Wollen,
würde es "Wunst" heißen" :-))

> kunstvolle Grüße
> Gabi Goldschmidt (freischaffende Künstlerin)

ungekünstelte Grüße, Volker

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Günter Cornett

Re: Kunst

Beitragvon Günter Cornett » 8. September 2006, 22:53

Volker L. schrieb:
>
> Gabi Goldschmidt schrieb:
> >
> > Hallo Roman und Günter,
> >
> > Eure Diskussion über Kunst finde ich sehr spannend und möchte
> > dazu gern einige Anmerkungen und Zitate aufführen:
> >
> > Das Bundesverfassungsgericht sagt, dass eine Definition des
> > Begriffs Kunst generell nicht möglich ist.
> > In einem juristischen Kommentar findet sich aber folgender
> > Text: "Kunst ist die freie, schöpferische Gestaltung, in der
> > Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das
> > Medium einer best. Formensprache zur unmittelbaren Anschauung
> > gebracht werden. Für das Vorliegen von Kunst spricht der
> > Umstand, dass sein Urheber ein Werk als Kunstwerk
> > betrachtet!"

Jo, gefällt mir.

> Meiner Ansicht nach ist es eine wichtige Voraussetzung, dass
> es für uneingeweihte als Kunstwerk erkennbar ist. Es ist nicht

Warum?

> notwendig, dass jeder erkennt, [i]was[/i] ein abstraktes Gemälde oder
> eine Skulptur aussagen soll, aber es muss erkennbar sein,
> [i]dass[/i] es ein Kunstwerk sein soll. (Insofern haben damals die
> Putzfrauen entlarvt, dass Beuys keine Kunst geschaffen hatte, als sie
> dieses eine Werk entsorgt haben :-D )

Wenn etwas für 10 Millionen Uneingeweihte als Kunst erkennbar ist und eine Putzfrau als 10 Millioneundeinste es nicht erkennt?

Eine schlechte Definition von Kunst, dass nur etwas Kunst ist wenn alle es für Kunst halten. :)


> > George Braque sagte: "Das einzig Gültige in der Kunst ist
> > das, was man nicht erklären kann."
> >
> > Karl Schmidt-Rottluff sagte:
> > "Im Stillen und ganz Privaten bin ich sogar der Meinung, dass
> > sich über Kunst überhaupt nichts sagen lässt".
> >
> > Am besten gefällt mir immer noch Johann Nestroy:" Kunst ist,
> > wenn man's nicht kann, denn wenn man's kann, ist's keine Kunst!"

:)

> > ;-)
>
> Mir gefällt am besten: "Kunst kommt von Können - käme es von
> Wollen, würde es "Wunst" heißen" :-))

Hört sich nett an, aber wo ein Begriff herkommt, ist für die aktuelle Bedeutung nicht immer wichtig. ('Arsch' leitet sich schließlich auch von Kunst ab). Die Kunst, die von Können kommt, meint eine andere Kunst als die, über die wir hier sprechen, über die Kunst eines Künstlers nicht über die eines Meisters.

Die Kunst eines Meisters - hier geht es um die Kunst im Sinne von Fertigkeit.
Diese Kunst kann man ziemlich objektiv bewerten, messen. Wenn die Brücke einstürzt, war es mit der Baukunst nicht so weit her.
Die Kunst eines Künstlers - hier geht es um den kreativen Prozeß und das Ergebnis. Ob man das Bauwerk als Brücke nutzen kann, ist nicht unbedingt relevant. Der Einsturz ist womöglich Teil eines künstlerischen Prozesses.
Und selbst wenn der Künstler zu keinem Zeitpunkt vorhersagen kann, ob sein Bauwerk einstürzt oder nicht - es ist seine Kunst.

> > kunstvolle Grüße
> > Gabi Goldschmidt (freischaffende Künstlerin)
>
> ungekünstelte Grüße, Volker

Gruß, Günter

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Roman Pelek

Re: Kunst

Beitragvon Roman Pelek » 9. September 2006, 01:24

Hi Gabi, Günter & Volker,

Volker L. schrieb:

> > Das Bundesverfassungsgericht sagt, dass eine Definition des
> > Begriffs Kunst generell nicht möglich ist.
> > In einem juristischen Kommentar findet sich aber folgender
> > Text: "Kunst ist die freie, schöpferische Gestaltung, in der
> > Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das
> > Medium einer best. Formensprache zur unmittelbaren Anschauung
> > gebracht werden. Für das Vorliegen von Kunst spricht der
> > Umstand, dass sein Urheber ein Werk als Kunstwerk
> > betrachtet!"

Diese Definition finde ich durchaus nett und treffend. Und der letzte Satz spricht auch so schön die Problematik an, dass prinzipiell jede/r sein/ihr Tun zur Kunst erheben kann (was positiv ist), was aber auch mitunter dazu führt, dass es Exemplare gibt, die ihr Leben damit verbringen, sich selbst als chronisch unverstanden zu bemitleiden (was negativ für die eigene Gesundheit ist) ;-)

> Meiner Ansicht nach ist es eine wichtige Voraussetzung, dass
> es für uneingeweihte als Kunstwerk erkennbar ist.
> Es ist nicht
> notwendig, dass jeder erkennt, [i]was[/i] ein abstraktes
> Gemälde oder
> eine Skulptur aussagen soll, aber es muss erkennbar sein,
> [i]dass[/i]
> es ein Kunstwerk sein soll. (Insofern haben damals die
> Putzfrauen
> entlarvt, dass Beuys keine Kunst geschaffen hatte, als sie
> dieses
> eine Werk entsorgt haben :-D )

Die Voraussetzung taugt m. E. nix. Es ist ja auch nicht relevant für den monetären Wert eines Gegenstands, ob ihn jeder erkennt. Man nehme mal an, Du hast sechs Richtige im Lotto, und eine Putzfrau wirft Dir den Lottoschein weg, weil sie ihn für einen belanglosen Notizzettelt hält - war er deshalb nix wert? Okay, natürlich ist er nach dem Abhandenkommen dann für Dich ob seiner eklatenten Absenz nix mehr wert, aber darüber reden wir ja nicht :-))

> > George Braque sagte: "Das einzig Gültige in der Kunst ist
> > das, was man nicht erklären kann."

Auch schön. Kunst ist schließlich auch dazu da, eigene Assoziation, Interpretationen im Betrachter zu wecken. Und die sind immer unterschiedlich und häufig nicht erklärbar.

> > Karl Schmidt-Rottluff sagte:
> > "Im Stillen und ganz Privaten bin ich sogar der Meinung, dass
> > sich über Kunst überhaupt nichts sagen lässt".

Der wiederum ist sprachlich herrlich perfide, mehrfach in sich widersprüchlich. Ich glaub' den klau' ich, das ist mein persönlicher Favorit. Da ist soviel Glatteis in so wenigen Worten drin, da hilft kein Steinsalz 'gegen :-)

> > Am besten gefällt mir immer noch Johann Nestroy:" Kunst ist,
> > wenn man's nicht kann, denn wenn man's kann, ist's keine
> > Kunst!"
>
> Mir gefällt am besten: "Kunst kommt von Können - käme es von
> Wollen,
> würde es "Wunst" heißen" :-))

Aber genau das wiederum lädt natürlich zur fröhlichen Phrasendrescherei ein: "Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg." :-D Außerdem fehlt da ganz eklatant der Punk, die drei schief geschrammelten Akkorde zum Glück.

Ciao,
Roman (es lebe der Hahn, denn der ist früh morgens schon kräha(k)tiv)


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