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[PEEP] Imperial

Kritiken und Rezensionen: Wie ist Spiel XY?
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Gerald Rüscher

[PEEP] Imperial

Beitragvon Gerald Rüscher » 28. November 2006, 23:20

[Nochmal, jetzt aber mit PEEP Label :razz:]

Es folgt kein PEEP sondern ein PZEP (Persönliches Zweiter Eindruck Posting) :smile: zu Imperial von Mac Gerdts, basierend auf zwei Testspielen, jeweils in einer Viererrunde.

Zum Spielprinzip:
Imperial kommt auf den ersten Blick daher wie eine Diplomacy-Variante daher: Europakarte, Armeen, Schiffe, Fabriken, Null Glücksanteil und sechs Großmächte die sich Anfang des 20. Jhd zanken - das muss doch Diplomacy sein. Aber weit gefehlt. Der Kern von Imperial ist eigentlich ein Wirtschaftsspiel. Wir Spieler stellen anonyme Strippenzieher im Hintergrund dar (sog. Investoren). Durch Vergabe von Krediten an die sechs Großmächte erlangen wir die Kontrolle über diese und führen dann deren Züge durch. Dabei sind die Armeen und Fabriken nur Mittel zu Zweck: Besetzte Länder und gebaute Fabriken bringen Steuereinnahmen. Und Steuereinahmen versprechen fette Zinsen und hohes Prestige des Staates was uns wiederum Geld in der Endabrechnung bringt.

Vom Spielgefühl her erinnert Imperial frappierend an die 18xx Eisenbahnspiele. In der 18xx Reihe stellen die Spieler Investoren dar, die Aktien von Eisenbahngesellschaften kaufen. Wer die meisten Anteile hält ist Präsident der Gesellschaft und darf sie führen. Bei Imperial ist es im Prinzip genauso: Statt Aktien gibt es Kredite, statt Eisenbahngesellschaften führen wir Staaten. Und in beiden Fällen trennen wir unser Privatgeld streng von Geld unseres Staates (bzw. unserer AG). Aber im Gegensatz zu den 18xx Spielen ist Imperial angenehm kürzer und vor allem dynamischer. Während man bei 18xx die Führung einer AG kaum verlieren kann, ist man bei Imperial stets gefährdet, "seinen" Staat an einen anderen Spieler abgeben zu müssen. Das ist auch einer der Haupreize an Imperial: die immer wieder geänderten Staatsführungen. In einem Zug spiele ich Russland und mein Gegenüber Italien, ein ein paar Züge später kann es schon umgekehrt sein.

Das ganze ist zudem sehr gekonnt mit dem militärischen Aspekt des Spiels verknüpft. Wo ich bei 18xx Bahnstrecken und Stationen bauen muss, schicke ich bei Imperial meine Armeen und Flotten aus, um in besetzten Ländern Steuern abzuzocken. Und dort wie hier ist ein wirtschaftliches Hoch oft nur von kurzer Dauer: Zeiten großer Ausdehnung folgen schnell Runden in denen mein Staat von den lieben Mitspielern radikal zusammengestutzt wird.

Ohne weiter auf die vielen kleinen und größeren Details einzugehen kann ich sagen, dass dem Autor Mac Gerdts in meinen Augen mit Imperial ein ganz großer Wurf gelungen ist. Imperial kombiniert viele gelungene Elemente anderer Spiele auf ganz neue und sehr pfiffige Art und Weise: das Zugrad aus Antike (vom gleichen Autor), militärische Einheiten und Zugweisen wie in Diplomacy, ein indirektes, zweigeteiltes Wirtschaftssystem wie in 18xx. Diese Mixtur greift wirklich gut ineinander. Dazu kommt, dass man trotz einer Spieldauer von 2-3 Stunden kaum Wartezeiten hat. Durch das Zugrad wechseln sich komplexe mit einfachen Zügen ab, so dass man in aller Regel immer wieder schnell dran ist. So kommt keine Langeweile auf, zudem vor allem die militärischen Manöver der Mitspieler auch meist spannend zu beobachten sind. In unserer Vielspielerrunde kam Imperial jedenfalls sehr gut an und ist für mich im Bereich anspruchsvoller Titel neben Funkenschlag das beste Spiel seit Jahren. Lob auch an Eggertspiele die mit Antike, Space Dealer und jetzt Imperial schon drei echte Kracher gelandet haben (vielleicht auch mehr, die anderen Titel kenne ich leider noch nicht). Also: Eindeutige Kaufempfehlung! :cool:

Gruß & nice dice,
Jerry

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Matthias Staber

Re: [PEEP] Imperial

Beitragvon Matthias Staber » 29. November 2006, 00:09

Dem kann ich mich nur anschließen (nach zwei Partien): Imperial ist klasse! Und das sage ich als jemand, der lieber Farbe beim Trocknen zuschauen würde, als irgendwann noch einmal Antike zu spielen.

Matthias

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ingo

Re: [PEEP] Imperial

Beitragvon ingo » 29. November 2006, 10:41

Matthias Staber schrieb:
> Und das sage ich als jemand, der lieber Farbe beim Trocknen zuschauen würde, als irgendwann noch einmal Antike zu spielen.

how - so schlimm? wieso?

der ingo

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Marcus Segler
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Beiträge: 209

Re: [PEEP] Imperial

Beitragvon Marcus Segler » 29. November 2006, 12:49

Gerald Rüscher schrieb:

> Vom Spielgefühl her erinnert Imperial frappierend an die 18xx
> Eisenbahnspiele. In der 18xx Reihe stellen die Spieler
> Investoren dar, die Aktien von Eisenbahngesellschaften
> kaufen. Wer die meisten Anteile hält ist Präsident der
> Gesellschaft und darf sie führen. Bei Imperial ist es im
> Prinzip genauso: Statt Aktien gibt es Kredite, statt
> Eisenbahngesellschaften führen wir Staaten. Und in beiden
> Fällen trennen wir unser Privatgeld streng von Geld unseres
> Staates (bzw. unserer AG). Aber im Gegensatz zu den 18xx
> Spielen ist Imperial angenehm kürzer und vor allem
> dynamischer. Während man bei 18xx die Führung einer AG kaum
> verlieren kann, ist man bei Imperial stets gefährdet,
> "seinen" Staat an einen anderen Spieler abgeben zu müssen.
> Das ist auch einer der Haupreize an Imperial: die immer
> wieder geänderten Staatsführungen. In einem Zug spiele ich
> Russland und mein Gegenüber Italien, ein ein paar Züge später
> kann es schon umgekehrt sein.

Danke für den PEEP.

Ich muß hier mal zwei Sachen heraus picken:

1. Imperial erinnert vom Spielgefühl her frappierend an 18xx.
2. Imperial ist kürzer und dynamischer.

Bei 18xx gibt es abwechselnd AR und OR. In den AR kann ich Aktien kaufen und verkaufen. Bei Imperial kann ich Anteile nicht verkaufen. Habe ich Anteile an einem Land dann werde ich sie nie wieder los.
Dann kann auch nur der Spieler mit der Investorkarte kaufen. Die Mitspieler müssen warten bis sie die Investorkarte haben oder kein Land kontrollieren.

Imperial ist kürzer als 18xx, das stimmt sicherlich. Dynamischer ist es m.E.n. nicht. Man hat keine Möglichkeit schlechte Länder abzustossen und ich halte den "Finanzmarkt" für sehr langweilig und vorhersehbar.
Man darf auch nur einen Anteil eines Landes kaufen. Das schränkt ein. Sichere ich ein Land was ich bereits besitze oder versuche ich eine Übernahme. Die Entscheidung muss ich treffen und dann warte ich wieder bis die Investorkarte in 3-5 Runden wieder kommt. Mit Glück konnte ich bis dahin wieder Geld machen und investieren. Habe ich Pech bin ich nicht flüssig und die Aktion verpufft ungenutzt.
Spaß hingegen bringen die militärischen Aktionen.

Ich habe erst drei Partien Imperial gespielt. Das Spiel ist ganz nett und die Verknüpfung von Finanzmarkt und Militär macht Spaß, aber mir ist der ganze Finanzaspekt einfach zu statisch. Da passiert zuwenig und vor allem nichts aufregendes.

Trotzdem würde ich auch lieber Imperial als Antike spielen. Es ist im Vergleich zu Antike doch irgendwie abwechslungsreicher.

Gruß Marcus

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Matthias Staber

Re: [PEEP] Imperial

Beitragvon Matthias Staber » 29. November 2006, 17:00

ingo schrieb:
>
> Matthias Staber schrieb:
> > Und das sage ich als jemand, der lieber Farbe beim Trocknen
> zuschauen würde, als irgendwann noch einmal Antike zu spielen.
>
> how - so schlimm? wieso?
>
> der ingo

Die Aussage ist konesquent subjektiv zu werten: Mir gefällt's einfach nicht, obwohl ich den Grundmechanismus mit dem Rondell klasse finde. Und was mir an dem System nicht gefällt (zu mechanisch, zu absehbar, zu trocken, zu viel Gruppenpsychologie), bügelt Imperial mit seinem Wirtschaftsmechanismus für mich aus.

Matthias

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Gerald Rüscher

Re: [PEEP] Imperial

Beitragvon Gerald Rüscher » 29. November 2006, 20:38

Marcus Segler schrieb:

> 1. Imperial erinnert vom Spielgefühl her frappierend an 18xx.
> 2. Imperial ist kürzer und dynamischer.
>
> Bei 18xx gibt es abwechselnd AR und OR. In den AR kann ich
> Aktien kaufen und verkaufen. Bei Imperial kann ich Anteile
> nicht verkaufen. Habe ich Anteile an einem Land dann werde
> ich sie nie wieder los.
> Dann kann auch nur der Spieler mit der Investorkarte kaufen.
> Die Mitspieler müssen warten bis sie die Investorkarte haben
> oder kein Land kontrollieren.
>
> Imperial ist kürzer als 18xx, das stimmt sicherlich.
> Dynamischer ist es m.E.n. nicht.

Ok, ich habe hier etwas sehr vereinfacht. In der Tat kann man 18xx viel häufiger kaufen und verkaufen als bei Imperial. Was ich eigentlich sagen wollte ist, dass man bei 18xx eine erstmal errungene Mehrheit nicht mehr verteidigen muss. Wenn ich erstmal 50% oder 60% eine AG besitze können sich die anderen Spieler auf den Kopf stellen: sie werden mir die AG nicht mehr abnehmen können. Das ist bei Imperial anders: ich muss ständig fürchten, die Mehrheit an einem Staat wieder zu verlieren und das bringt m.E. eine andere Dynamik ins Spiel die ich als spannend empfinde.


> Man darf auch nur einen Anteil eines Landes kaufen. Das
> schränkt ein. Sichere ich ein Land was ich bereits besitze
> oder versuche ich eine Übernahme. Die Entscheidung muss ich
> treffen und dann warte ich wieder bis die Investorkarte in
> 3-5 Runden wieder kommt.

Korrekt. Aber gerade das macht für mich eine schönen, spannenden Aspekt von Imperial aus. Aber zugegeben: die Bezeichnung dynmischer passt vielleicht nicht 100%ig.


> Ich habe erst drei Partien Imperial gespielt. Das Spiel ist
> ganz nett und die Verknüpfung von Finanzmarkt und Militär
> macht Spaß, aber mir ist der ganze Finanzaspekt einfach zu
> statisch. Da passiert zuwenig und vor allem nichts aufregendes.

Wenn du mich so fragst, finde ich die 18xx Spiele, vor allem 1830 und 1856 natürlich auch *noch* besser als Imperial, keine Frage. Aber da vergleicht man ja auch Äpfel mit Birnen. 1830 hat 16 Seiten Regeln und dauert - wenn man superschnell spielt - mindestens 4-5 Stunden. Imperial ist da eher light (haha ... lustige Bezeichnung für ein 150 Minuten Spiel :grin:) trifft aber das Spielgefühl der 18xx schon recht gut und kombiniert es sehr gut mit anderen Elementen. Und darum ist Imperial für mich ein herausragendes Spiel.

Gruß,
Railroad-Jerry


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