[Nochmal, jetzt aber mit PEEP Label :razz:]
Es folgt kein PEEP sondern ein PZEP (Persönliches Zweiter Eindruck Posting) :smile: zu Imperial von Mac Gerdts, basierend auf zwei Testspielen, jeweils in einer Viererrunde.
Zum Spielprinzip:
Imperial kommt auf den ersten Blick daher wie eine Diplomacy-Variante daher: Europakarte, Armeen, Schiffe, Fabriken, Null Glücksanteil und sechs Großmächte die sich Anfang des 20. Jhd zanken - das muss doch Diplomacy sein. Aber weit gefehlt. Der Kern von Imperial ist eigentlich ein Wirtschaftsspiel. Wir Spieler stellen anonyme Strippenzieher im Hintergrund dar (sog. Investoren). Durch Vergabe von Krediten an die sechs Großmächte erlangen wir die Kontrolle über diese und führen dann deren Züge durch. Dabei sind die Armeen und Fabriken nur Mittel zu Zweck: Besetzte Länder und gebaute Fabriken bringen Steuereinnahmen. Und Steuereinahmen versprechen fette Zinsen und hohes Prestige des Staates was uns wiederum Geld in der Endabrechnung bringt.
Vom Spielgefühl her erinnert Imperial frappierend an die 18xx Eisenbahnspiele. In der 18xx Reihe stellen die Spieler Investoren dar, die Aktien von Eisenbahngesellschaften kaufen. Wer die meisten Anteile hält ist Präsident der Gesellschaft und darf sie führen. Bei Imperial ist es im Prinzip genauso: Statt Aktien gibt es Kredite, statt Eisenbahngesellschaften führen wir Staaten. Und in beiden Fällen trennen wir unser Privatgeld streng von Geld unseres Staates (bzw. unserer AG). Aber im Gegensatz zu den 18xx Spielen ist Imperial angenehm kürzer und vor allem dynamischer. Während man bei 18xx die Führung einer AG kaum verlieren kann, ist man bei Imperial stets gefährdet, "seinen" Staat an einen anderen Spieler abgeben zu müssen. Das ist auch einer der Haupreize an Imperial: die immer wieder geänderten Staatsführungen. In einem Zug spiele ich Russland und mein Gegenüber Italien, ein ein paar Züge später kann es schon umgekehrt sein.
Das ganze ist zudem sehr gekonnt mit dem militärischen Aspekt des Spiels verknüpft. Wo ich bei 18xx Bahnstrecken und Stationen bauen muss, schicke ich bei Imperial meine Armeen und Flotten aus, um in besetzten Ländern Steuern abzuzocken. Und dort wie hier ist ein wirtschaftliches Hoch oft nur von kurzer Dauer: Zeiten großer Ausdehnung folgen schnell Runden in denen mein Staat von den lieben Mitspielern radikal zusammengestutzt wird.
Ohne weiter auf die vielen kleinen und größeren Details einzugehen kann ich sagen, dass dem Autor Mac Gerdts in meinen Augen mit Imperial ein ganz großer Wurf gelungen ist. Imperial kombiniert viele gelungene Elemente anderer Spiele auf ganz neue und sehr pfiffige Art und Weise: das Zugrad aus Antike (vom gleichen Autor), militärische Einheiten und Zugweisen wie in Diplomacy, ein indirektes, zweigeteiltes Wirtschaftssystem wie in 18xx. Diese Mixtur greift wirklich gut ineinander. Dazu kommt, dass man trotz einer Spieldauer von 2-3 Stunden kaum Wartezeiten hat. Durch das Zugrad wechseln sich komplexe mit einfachen Zügen ab, so dass man in aller Regel immer wieder schnell dran ist. So kommt keine Langeweile auf, zudem vor allem die militärischen Manöver der Mitspieler auch meist spannend zu beobachten sind. In unserer Vielspielerrunde kam Imperial jedenfalls sehr gut an und ist für mich im Bereich anspruchsvoller Titel neben Funkenschlag das beste Spiel seit Jahren. Lob auch an Eggertspiele die mit Antike, Space Dealer und jetzt Imperial schon drei echte Kracher gelandet haben (vielleicht auch mehr, die anderen Titel kenne ich leider noch nicht). Also: Eindeutige Kaufempfehlung! :cool:
Gruß & nice dice,
Jerry