Beitragvon Peter Gustav Bartschat » 6. Mai 2007, 11:01
Hallo, lieber Marcus,
dass sich die Zeit, die man für seine privaten Interessen aufwenden kann, im Laufe des Lebens ändert, ist vermutlich eine Erfahrung, die viele Menschen machen.
Beruf und Familie nehmen halt einen Teil der Zeit ein, die man - bevor man sie sich zulegte - für andere Dinge aufwenden konnte. Meine persönlich Hoffnung ist ja, dass das, wenn ich erst in Rente gegangen bin, wieder anders wird. (Andererseits stelle ich fest, dass die meisten Rentner, die ich kennen, so gut wie nie Zeit haben. Wenn ich erst selbst in dem Alter bin, werde ich versuchen die Ursache dafür herauszufinden.)
Aber das bedeutet ja nicht, dass es keine freie Zeit zum Spielen mehr gibt: Unter Umständen muss man sie sich durch Terminplanung erobern, weil so viele Interessenten darum konkurrieren. Eine Advanced Civilization-Runde kommt unter Berufstätigen vermutlich niemals spontan zu Stande - aber wenn man sie wirklich spielen will, kriegt man das durch Verabredungen schon hin. Nicht ganz so oft natürlich wie in jüngeren Jahren, aber hin und wieder schon.
Ich persönlich stehe dem Gedanken an gekürzte "Reader´s Digest-Fassungen" von zeitaufwändigen Spielen recht skeptisch gegenüber. Ich sage mir: Wenn ein Spiel Zeit und Konzentration erfordert, dann wird das schon seinen Grund habe. Wenn man die Elemente entfernt, die die Zeit und Konzentration benötigen, wird vermutlich nicht mehr das Spiel übrig bleiben, das man eigentlich spielen wollte.
Ob es grundsätzlich überhaupt möglich ist, Spieldauer und Regeln zu reduzieren, so dass dasselbe Spiel mit demselben Spaß übrig bleibt - nur schneller gespielt - will ich natürlich nicht grundsätzlich ausschließen: Es sind bestimmt noch nicht alle genialen Einfälle gehabt, umgesetzt und veröffentlicht worden, die im Universum möglich sind ... ich kenne nur keine Beispiele dafür, und daher ist meine Erwartungshaltung in diesem Punkt eher skeptisch.
Sicherlich ist es aber möglich, auf der Basis von "größeren" Spielen "kleinere" Spiele zu entwickeln, die einige Spiel-Elemente bewahren und auch einiges - vielleich sogar alles - vom Spielspaß mitbringen.
Das geht dann aber über ein paar Regel-Anpassungen, die man mal schnell im Internet nachschlagen kann, weit hinaus: Dabei wird ein neues Spiel herauskommen, mit eigenen Regeln und anderem Material.
Ein paar Beispiele wären "Through the Ages", in dem man eine schneller spielbare Fassung von "Advanced Civilization" sehen kann, und "San Juan" steht in ähnlicher Beziehung zu "Puerto Rico": In beiden Fällen sind ganz neue Spiele entstanden, denen man ihre Vorfahren allerdings noch anmerkt.
"Through the Ages" benötigt - anders als "Advanced Civilization" - keine Landkarte, auf der Einheiten herumgeschickt und Städte platziert werden. Hätte man aber aus "Advanced Civilization" die Landkarte entfernt, weil die Verwaltung der Einheiten und Städte so viel Zeit im Spiel erfordert, wäre dabei keineswegs "Through the Ages" herausgekommen.
Das Wichtigste - für mich persönlich jedenfalls - ist, dass auch kürzere Spiele sehr viel Spaß machen können, aber das zu erreichen erfordert genau so viel Arbeit und Tests von Autor und Redakteuren wie ein längeres Spiel.
Mit einem lieben Gruß
Gustav