Beitragvon Günter Cornett » 17. Mai 2007, 14:26
Daniel R. schrieb:
>
>
> > peer schrieb:
> > Wäre die Wertung durch ein anderes Thema intuitiver gewesen?
>
> > Kai Borschinsky schrieb:
> > Nein, ich denke, dass das Thema gerade das ganz gut
> > vermittelt.
>
> Hier möchte ich anmerken, dass das Thema bei Wikinger (HiG)
> der grosse Schwachpunkt ist.
Ich finde Wikinger thematisch ok. Es ist ein Spiel und keine Simulation.
Für mich teile ich die Spiele thematisch in folgende Gruppen ein, die alle mögliche(!) Vor- und Nachteile haben:
ABSTRAKT
Beispiele: Mühle, Dame, Gipf-Reihe, ...
++ befreit von jedem thematischem Ballast, man konzentriert sich auf die Taktik
-- trocken, für viele deswegen zu langweilig
BILD
Beispiele: Wikinger, Carcassonne Kahuna, Packeis
++ Eine thematische Bennennung der Elemente sorgt für etwas Flair, ist angenehm fürs Hirn und hilft die Regel zu verstehen
++ die mangelnde Ausschmückung der Geschichte bedeutet Verzicht auf Einzelheiten
-- Wenn man genau über das Thema nachdenkt, stößt man auf Unsinn
+/- Gefahr: Beliebigkeit des Themas, möglicher Widerspruch von Mechanik und Thema, 'Ausbeutung' exotischer Themen für simples Mehrheitenspiel (Beispiel: Wongar)
(STIMMIGE) GESCHICHTE
Beispiele: Troja (fast schon eine Simulation), diverse 'Herr der Ringe'-Spiele
++ auch thematisches Eintauchen in Erlebniswelt
wenn gut gemacht hilft das Thema, sich komplizierte Regeln zu merken, man erfährt etwas über das Thema
-/+ es ist schwierig ein gutes Spiel zu machen, das auch thematisch stimmig ist. U.U. geht das auf die Qualität der Spielmechanik. Beispiele: Mr. Jack (obwohl Mr. Jack eh schon die schlechteren Chancen hat, darf er nicht fliehen, wenn er im Licht steht) Jenseits von Theben? (?: zu viel Zufall oder ist das für die angepeilte Zielgruppe gerade richtig)
SIMULATION
+/- Eine Simulation ist fast schon kein Spiel mehr.
Wenn sie gut gemacht ist, gilt das Gleiche wie unter 'Stimmige Geschichte', ansonsten besteht die Gefahr, dass scheinbar überflüssige Spielelemente nur wegen des Themas eingeführt werden und es unnötig komplizieren.
Die Übergänge der vier Gruppen sind natürlich fließend.
Gute Vertreter der 'stimmigen Geschichte' sind immer gut für Ahs und Ohs, die meisten sehr guten Spiele gibt es sicherlich unter den Vertretern des 'Bildes'. Siedler sehe ich irgendwo zwischen 'Bild' und 'stimmige Geschichte'. Schach zwischen 'Bild' und 'abstrakt' (näher an 'abstrakt').
Zurück zu Wikinger:
Die Funktion der verschiedenen Leute finde ich stimmig, ebenso dass sie durch den Krieger vor anderen Wikingern beschützt werden.
> Das thematische Problem das Wikinger von Hans im Glück hat,
> ist dass sich der Spieler nicht als Wikinger fühlt, es gibt
> kein Eintauchen in die Wikingerwelt weil die Spielmechanismen
> allesamt [b]abstrakt[/b] sind, zum Beispiel:
Der Mechanismus ist so toll und nicht allzu kompliziert,
da braucht es imho keine stimmige Geschichte. Wikinger-Flair ist für meinen geschmack genügend vorhanden.
> - Einkaufen eines Wikingers und Inselplättlen auf dem Markt
Es ist der Aufwand um Leute zu generieren und Land zu entdecken/gestalten. Das ist keine Simulation aber ausgesprochen nett gemacht. Sich dabei eine Insel zusammenzupuzzeln macht einfach Spaß.
> - Alle Goldschmiede auf eine (!) Insel schaffen
Warum nicht. Wenn es nur auf dieser einen Insel Gold gibt, warum sollten die Goldschmiede dann auf eine Insel ziehen, auf der es nur einen Badestrand aber kein Gold gibt?
> - Späher sind wertvoller wenn sie mehr eigene Leute sehen
Dann natürlich nicht. Und wenn ich mal mit dir spielen sollte, werde ich darauf bestehen, dass du für die Späher keine Extrapunkte bekommst, weil deine Späher ihre Arbeit nicht machen. Meine Späher erkunden Fischgründe, damit die Fischer mehr Zeit zum Fischen haben, anstatt erst Fische suchen zu müssen. Und sie suchen nach Gold, damit die Goldschmiede schönen Schmuck herstellen können, anstatt ihre feinen Hände durch Buddeleien zu ruinieren. :))
> - abgewehrte, feindliche Schiffe, kommen jede Runde wieder
Vielleicht dauert der Kampf ja etwas länger
> In diesem Spiel gibt es nichts, was Wikinger in dieser Form
> historisch wirklich gemacht hätten (ausser mit Booten vom
> Festland überzusetzen).
Wikinger haben nicht gefischt, gekämpft, gesegelt, ...
> Nicht dass man mich falsch versteht: ich habe Wikinger schon
> mehrmals gespielt und mich prächtig amüsiert. Es ist ein sehr
Ich amüsiere mich auch gerade prächtig. :)
> gutes Spiel, sogar besser als Notre Dame (imho)!
>
> Aber wie gesagt, passt das Thema nicht wirklich zu den
> Mechanismen. Natürlich verkauft sich ein gänzlich abstraktes
> Spiel viel schlechter als eines mit übergestülpten Thema,
> insofern hat Hans im Glück das kleinere Übel gewählt.
Ich finde es nicht 'übergestülpt'. Nicht alles ist 100% stimmig aber ich sehe keinen großen Widerspruch.
> Und aus diesem Grunde, weil das Thema nicht optimal mit den
> Spielemechanismen verwoben ist, glaube ich, dass es wohl
> nicht SdJ 2007 wird und die Jury sich für etwas
> Konsistenteres entscheiden wird.
Ach die Jury. Wie sie entscheiden wird, weiß sie heute noch nicht einmal selbst
Von den wenigen aktuellen Spielen, die ich gespielt habe, gefallen mir Wikinger (HiG) und Notre Dame überragend gut. Tsuro ist ebenfalls sehr stark, allerdings hat es zwei kleine Nachteile:
1. Von Charakter und Aufmachung her steht es im Schatten von TaYü; und da rauszuwachsen ist sehr schwer.
2. Eine kleine redaktionelle 'Schlamperei'. Die Möglichkeiten des Spiels wurden auch in der zweiten Ausgabe nicht voll ausgenutzt. Zu zweit (und imho auch zu dritt) ist es wesentlich interessanter mit mehreren Figuren pro Spieler.
Gruß, Günter