Beitragvon Jerry » 7. März 2008, 08:32
Vorgestern hatte unsere Spielrunde die Gelegenheit, zum ersten Mal [i]Race for the Galaxy[/i] auszuprobieren. Da bislang noch kein PEEP zu diesem Spiel existiert will ich mich mal aufraffen und meine Eindrücke von diesem Spiel niederschreiben.
[b]Spielübersicht[/b]
[i]Race for the Galaxy[/i] ist schon oft mit [i]San Juan[/i] verglichen worden und man muss sagen, dass der Vergleich sehr zutreffend ist. Thematisch geht es um die Eroberung des Alls und die Besiedlung fremder Welten. Technisch ist es ein reines Kartenspiel bei dem jeder Spieler für sich allein nach und nach Karten auf den Tisch bringt die nur zwei Dinge bezwecken, nämlich erstens noch mehr Karten ausspielen zu können und zweitens Siegpunkte zu erwirtschaften. Betrachtet man die Vorderseiten der Karten, so findet man i.W. nur zwei Typen: Technologien die irgendeinen spielmechanischen Vorteil bringen und Welten die Siegpunkte und neue Karten erwirtschaften.
Ein Spielzug in [i]Race for the Galaxy[/i] ist im Grunde recht einfach:
[ol]
[*] Karten nachziehen
[*] Technologiekarten auslegen
[*] Weltenkarten auslegen
[*] Güter verbrauchen
[*] Güter produzieren
[/ol]
Ähnlich wie schon bei [i]Puerto Rico[/i] und [i]San Juan[/i] wird aber jeder Phase nur gespielt, wenn Spieler sich dafür entscheiden. Dazu wählen die Spieler gleichzeitig und geheim je eine der 5 Aktionen aus. Anschließend werden alle Aktionen gespielt die von mindestens einem Spieler gewählt wurden, wobei aber jeder Aktion auch von jedem Spieler durchgeführt wird. Spieler die eine Aktion selbst gewählt haben, haben dabei einen kleinen Vorteil vor den anderen, etwa mehr Karten nehmen zu können, billiger bauen zu können usw.
Um Karten auf den Tisch zu legen muss - wie bei [i]San Juan[/i] - in der Regel mit anderen Handkarten bezahlt werden. Hat also eine Technologiekarte z.B. Kosten von 4 so muss ich zu der ausgespielten Karte selbst noch 4 weitere Karten weglegen um das Auslegen zu bezahlen. Eine Karte auf der Hand hat also eine Doppelfunktion: ich kann sie permanent auf den Tisch ausspielen oder als Währung zum Bezahlen einer Auslegeaktion verwenden.
Welten produzieren und verbrauchen Waren. Auch dies ist im Grunde recht einfach und wieder ähnlich zu [i]San Juan[/i]: In der Produktionsphase produzieren alle dazu geeigneten Welten einen von 4 Rohstoffen. Dazu wird einfach eine Karte vom Stapel gezogen und blind auf die Weltenkart gelegt. Eine Karte die auf einer Welt fungiert also als Warenkarte. In der Kosumphase schließlich werden dise Waren dann wieder von den Welten entfernt und in Siegpunkte oder neue Handkarten umgewandelt.
Ausgelegte Technologiekarten gewähren immer einen Bonus unterschiedlichster Art: mehr Karten nachziehen, teurer verkaufen, leichter besiedeln und vieles mehr. Technologienkarten produzieren aber i.d.R. keine Waren.
Vom Spielmechanismus her, versucht man also einen Produktionskreislauf in Gang zu bekommen:
Handkarten erlauben das Auslegen von Welten
Welten produzieren Waren.
Waren bringen neue Handkarten
Der Trick ist wie bei so vielen Entwicklungsspielen, nebenbei noch genug Siegpunkte zu erwirtschaften und zudem die vielen verschiedenen Karten möglichst geschickt einzusetzen und zu kombinieren. Denn jede Welt, jede Technologiekarte hat andere Stärken und Schwächen. Und manche Karten harmonieren gut miteinander, andere schlecht. Zu Beginn sind teure Karten schwer auszuspielen, man muss also erstmal klein anfangen und die Maschinerie in Gang bringen.
Eine Besonderheit von [i]Race for the Galaxy[/i] ist die üppige Verwendung von Symbolen auf den Karten. Falls sich Text auf den Karten findet ist er in Englisch gehalten, aber der Autor hat sich viel Arbeit gemacht, eine möglichst sprachneutrale Notation auf den Karten unterzubringen und hat deshalb jede Funkion in einer Symbolsprache beschrieben. Das ist am Anfang recht verwirrend, legt sich aber mit der Zeit, da die Symbole präzise den einzelnen Spielphasen zugeordnet sind und in den meisten Fällen einigermaßen eingängig sind. Für die ganz harten Karten exisitiert dann noch ein Index zum Nachschlagen ihrer Funktion.
[b]Spielgefühl[/b]
[i]Race for the Galaxy[/i] ist ein waschechtes Optimierungsspiel bei dem jeder Spieler im wesentlichen allein vor sich hin spielt. Man hat kaum Möglichkeiten, den Gegner zu beeinflussen: Man kann ihm keine Karten wegnehmen, keine Waren rauben, keine Technologien verschrotten, nichts. Einziger Schnittpunkt zwischen den Spielern sind die gewählten Aktionen. So kann ich die anderen Spieler zwar zum Verbrauch von Waren zwingen, aber auch das scheint mir sehr zahm und weitestgehend folgenlos. Die Interaktion geht also gegen Null. Trotzdem macht [i]Race for the Galaxy[/i] großen Spaß, denn es ist einfach spannend die eigene Raumfahrernation zu entwickeln, nach und nach neue Welten und Technologien auf den Tisch zu bringen und diese miteinander zu verzahnen. Da in vielen Fällen parallel gespielt wird und die einzelnen Aktionen eh sehr kurz und übersichtlich gehalten sind, kam bei uns wenig Downtime oder Langeweile auf. Verzögerungen gab es höchstens, wenn Spieler neue Kartentexte studieren oder grübeln, welche von x Karten man behalten sollte und welche abgelegt werden können.
Das starke Optimierelement und die hohe Anzahl unterschiedlicher Kartenvarianten ist aber gleichzeitig eine potenzielle Schwäche von RtfG. Um es zügig zu spielen, muss man entweder die Karten gut kennen oder bereit sein, auch mal einen suboptimalen Zug zu machen. Mit Spielern die sich erst für eine Aktion entscheiden wenn sie jede Karte und deren Verzahnung mit allen andere zu 100% verstanden und für die nächsten 3 Züge durchgerechnet haben möchte ich dieses Spiel nicht spielen.
[b]Gesamteindruck[/b]
Mir hat [i]Race for the Galaxy[/i] viel Spaß gemacht trotz der kaum vorhandenen Interaktionsmöglichkeiten. Im Vergleich zu [i]San Juan[/i] gefällt mir vor allem die Aktionssteuerung besser: man kann in jeder Runde sicher sein, dass einem eine dringend benötigte Aktion auch zur Verfügung steht. Man kann aber auch zocken und hoffen, dass einer der lieben Mitspieler die Aktion wählt die man selbst braucht. Komplexität und Spieldauer bleiben insgesamt im Rahmen: obwohl kein Spieler das Spiel kannte waren wir nach ca. 90 Minuten durch. Natürlich ist [i]Race for the Galaxy[/i] ein Geek-Spiel denn die allermeisten Normalspieler werden mit der Fülle an Entscheidungsmöglichkeiten und der komplexen Symbolsprache überfordert sein. Grafisch gesehen ist das Spiel eine Augenweide; die Grafiken auf den Karten sind wirklich toll gestaltet und das Thema passt halbwegs zum Mechanismus, obwohl es sich im Kern eigentlich um recht abstraktes Ressourcenmanagement handelt. Der Preis ist für ein Kartenspiel recht hoch (ca. 27 Euro derzeit), zudem ist viel Luft in der großen Packung.
Alles in allem von mir [b]8 von 10 Punkten[/b] und klare Kaufempfehlung für Vielspieler ohne Grübelsyndrom.