Beitragvon Marten Holst » 28. Juni 2008, 19:14
Moin,
für mich ist es weniger das Thema an sich. Gut, subjektiv gibt es Spiele, die ich des Themas wegen nicht spielen würde, aber "das Thema" ist mehr als eben nur "das Thema". Es geht darum, wie etwas vermittelt wird, teilweise sicherlich auch um Abstraktionsebenen. Und es geht meines Erachtens sehr viel um Kontext.
Was mir wichtig ist, ist, dass Spiele keine "unliebsamen" Werte vermitteln und fördern. Was unliebsam ist und wer das entscheidet, ist eine berechtigte Frage, zunächst mal aus meiner Sicht ich, aber Kant wäre damit nicht einverstanden. Aus Gesellschaftssicht vielleicht solche, die geeignet sind, anderer Leute Grundrechte einschränken zu wollen. Also Spiele die propagieren, dass Frauen oder Ausländer weniger wert seien, Menschenleben nichts wert, etc.
Da muss aber in meinen Augen nicht nur das Thema "böse" sein. Zum Beispiel kann Kontext stark relativieren: ein Thema wie bei Suleika, selbst wenn es wirklich "Zwangsheirat" sein sollte, ist in meinen Augen nicht kritisch. Dieses Spiel steht in einem gewissen historischen-kulturellen Hintergrund, wenn man es so will, der hier so schlicht nicht als Basis taugt. Wenn ich Töchter "verscherbel", dann ist jedem klar, dass wir "woanders" sind.
Schwieriger wird es meines Erachtens, wenn in Spielen subtile propagandistische Elemente auftauchen. Platt gesagt, ein Spiel ist nicht direkt gegen Ausländer gerichtet, aber es funktioniert unter der Prämisse, dass Deutsche mehr wert sind, besser funktionieren, was immer, als Ausländer, in einem Setting, das der heutigen Gegenwart entspricht. Dann wird es gefährlich.
Hier möchte ich auch Peter-Gustav etwas widersprechen. Ein Filmthema darf nie komplett tabu sein, das ist richtig, denn dokumentarisches muss möglich bleiben, auch mit Mitteln der Kunst. Aber es gibt Themen, bei denen man meines Erachtens die Umsetzung sehr im Auge behalten muss, und hier scheitert die Analogie mit Spielen häufig, diese können kaum dokumentarisch sein. Ich will es in der Theorie nicht ausschließen, aber in der Praxis sehe ich wenige.
Zu dem hier angesprochenen GTA kann ich nichts sagen, ich beschäftige mich aus Prinzip nicht damit. Das Prinzip ist dabei "Ich persönlich spiele nicht gerne Actionspiele, sondern lieber strategische" (okay, der Gegensatz haut nicht hin, mir ist sehr wohl bewusst, dass zum Beispiel Counterstrike eine massive strategische Komponente hat, ich hoffe Ihr versteht mich hier einfach :-) ) und hat keine moralische Komponente. Dennoch sehe ich bei solchen Spielen eine Gefahr. Nein, ich glaube nicht, dass jeder GTA-Spieler Amokläufer ist oder wird (um Grzegorz' Gedanken aufzugreifen). Ich frage mich allerdings wirklich, ob hier nicht Werte vermittelt werden können, wenn die Spielenden noch nicht "ausgereift" sind. Das frage ich mich allerdings auch bei manchen Videos. Gleichzeitig sind solche "Rebellenspiele" auch mal eine Möglichkeit aus dem starren Korsett auszubrechen, das die Gesellschaft einem an Verhalten abverlangt, und das kann gut sein. Und schließlich sind solche Spiele nicht zuletzt Spiele, und nach allem, was ich so mitbekomme, sind einige einfach gut und machen Spaß und die Spieler interessieren sich nicht so für das Thema. Was allerdings Gefahren auch verstärken könnte, weil sie, siehe oben, subtiler werden. In der Summe weiß ich nicht, ob Verbote und Indizierungen nutzen, schaden oder im Effekt egal sind, aber ungefährlich finde ich das nicht, und ich würde mir zumindest wünschen, dass diese Trends genau beobachtet werden und nicht komplett "dem Markt" überlassen, denn letzteres funktioniert meines Erachtens so einfach nicht.
Persönlich: Wenig Skrupel bei Ballerspielen oder abstrakten Tötungen (ich bin Schachspieler), im Fantasy- und SF-Bereich (auch wenn ich da meist auch "nette" Taktiken spaßiger finde als "aggressive") wie auch im historischen. AIDS-Wettverteilen ginge an mir sicher vorbei. Guillotine spiele ich wohl eher nicht mehr, ich finde es spielerisch schwach, und das Thema affektiert pseudorebellisch, ein wenig wie manch "Hardrockgruppe". Frauen vergewaltigen käme nicht in Frage, Kinder töten sicher auch nicht mehr. Bei Drittreichspielen ist mir auch vieles noch zu real in heutigen Köpfen verankert, aber es sind Baucheinzelfallentscheidungen.
Tschüß
Marten