Beitragvon Shari-Faye » 10. Juni 2011, 22:05
Servus,
Euch geht es (im Post von gerade eben wird es schon angedeutet) nicht, wie im Topic steht, um Zensur.
Insofern haben viele (zurecht, wenn auch ein wenig redundant:wink:) festgestellt, dass Zensur hier nicht vorliegt.
Hier geht es eigentlich um die Problematik der Drittwirkung von Grundrechten (um es vorwegzunehmen: Das gilt für Menschenrechte in etwa genauso, wobei gleichwohl die im Grundgesetz geregelten und in vielen Punkten den Menschenrechten ähnlichen Grundrechten jenen vorgehen kraft deutschem Verfassungsrecht, aber das nur nebenbei), d.h. um die Frage, inwieweit Grundrechte nicht nur im Staat - Bürger Verhältnis, sondern auch im Bürger - Bürger Verhältnis (direkt; indirekt gibt es auch, wiederum an den Staat gerichtete, Pflichten, Verhältnisse herzustellen, die eine Verwirklichung von (bestimmten) Grundrechten wiederum im Verhältnis Bürger - Bürger ermöglichen) wirken. Das ist in der Grundrechtsdogmatik, die ohnehin höllisch komplex ist, eine der umstrittensten Fragen, in der sich einiges bewegt.
Die von Weltherrscher zitierte BVerfG-Entscheidung trifft, wie er selbst auch korrekterweise sagt, diese Problematik nicht richtig, weil es dort zwar um eine GmbH geht, die ein Einkaufszentrum betreibt, wo die Leute demonstrieren wollen (ein weiterer zumindest teilweiser Unterschied zur Diskussion um Meinungsfreiheit) und nicht dürfen sollen, diese GmbH ist aber öffentlich-rechtlich dominiert, d.h. von einem direkt grundrechtsverpflichteten Rechtsträger. Das BVerfG sagt (verkürzt), dass sich dieser ö-r Rechtsträger nicht durch die Gründung einer GmbH aus seiner Grundrechtsverantwortung stehlen kann, was auch übrigens keine neue Position des BVerfG ist. Kann man trotzdem mit guten Gründen anders sehen, tun auch viele, aber seis drum.
Für die echte drittwirkungs-Situation entspricht es jedoch jedenfalls bislang der überwiegenden Meinung in Verfassungs-Rspr. und Literatur, dass in einer Konstellation wie der vorliegenden hier in der Spielbox der Forenbetreiber nicht verpflichtet ist, die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit zu garantieren hier in seinem Forum. Auch das kann man anders sehen, wobei das schon ein bißchen viel verlangt wäre von einem Forenbetreiber (im organisatorischen wie aber auch im ideellen Sinn).
Aber, und deswegen hab ich die Diskussion gerade mit Interesse durchgelesen und Euch mit der VerfR-Vorlesung belästigt (weil man erst einmal den wirklichen Status quo darstellen muss, wenn man über etwas redet), im Zeitalter der elektronischen Meinungsäußerung stellen sich natürlich ganz neue Fragen, die das bisher geltende oder als richtig mehrheitlich angesehene oder wie auch immer in Frage stellen. Und das sorgt für Fortentwicklung, super, oder?
Grüße
Shari-Faye