Beitragvon Roman Pelek » 23. April 2005, 02:30
Hi Andreas,
schön, dass Du einen eigenen Thread für dieses Thema aufgemacht hast - herzlichen Dank dafür!
Andreas Last schrieb:
> Aber im Großen und Ganzen kommt für mich ein Spiel nicht ohne
> ein stimmiges Thema aus, das sich auch irgendwie in den
> Spielregeln wiederfindet, oder zumindest gut mit diesen
> zusammen passt.
Es geht auch ohne passendes Thema bzw. ganz ohne Thema, aber m. E. nur dann, wenn die Spielmechanik selbst so organisch und einfach greifbar geraten ist, dass man sich trotzdem ins Spiel einleben kann. M. E. ist bei einfachen, lockeren Spielchen ein Thema deshalb weitaus eher verzichtbar oder austauschbar (z. B. einfache Kartenspiele, Würfelspiele - ein "6 Nimmt!" braucht genausowenig ein Thema wie ein "Kniffel", und beide sind trotzdem absolut massentauglich und erfolgreich) als bei anspruchsvolleren Brettspielen. Bei letzteren müssen Thema und Mechanik ja auch zusammenpassen, weil sich sonst kein Mensch der Welt mehr im Spiel zurecht finden würde ;-) Nichtsdestotrotz würde ich auch bei letzteren sagen, dass es häufig "Themenfamilien" gibt, die passen, als nur [i]ein[/] einzig wahres Thema (womit ich Günters Statement weiter unten zustimmen möchte).
> Für mich ist das Thema eines Spiels ein Teil des Gesamten,
> das ich entwickelt habe. In gewisser Weise drückt es meine
> Persönlichkeit aus, weil ich mit diesem Spiel in genau diesem
> Gewand, das ich ihm gegeben habe den Spielern etwas von mir
> geben will.
Ich seh's etwas "egoistischer", aber nicht notwendigerweise anders als Du: Ich hänge meist an einem Thema, wenn es mir selbst etwas gibt. Und wenn ich das Gefühl habe, dass ein gewisser Prozentsatz der Menschheit mit meiner Sicht der Dinge vielleicht auch was anfangen kann, dann gebe ich es (bzw. die Themenfamilie) ungerne auf.
> Trotzdem bin ich Realist genug persönliche Bindungen, die ich
> zu meinem Spiel habe vom Geschäft zu unterscheiden. Der
> Verlag ist für das Vermarkten zuständig und sollte somit eher
> als der Autor wissen, wie ein Spiel die höchsten
> Verkaufszahlen erreicht.
Ein Verlag seine Gründe, wenn er eine andere Form vorschlägt. Aber das muss ja nicht heißen, dass man sich nicht darüber unterhalten und in Ruhe abwägen kann. Denn niemand besitzt wirklich eine "Erfolgsformel", und vieles ist hinterfrag- und diskutierbar.
Natürlich gibt's absolut nachvollziehbare "Abschusskriterien" für ein Thema, z. B. kann kein Verlag ein Thema bringen, das kurz zuvor schonmal erschienen ist (egal beim selben oder einem anderen Verlag), außer es handelt sich um ganz andere Spielegattungen mit unterschiedlichen Zielgruppen. Wenn Du also ein Familienbrettspiel über eine Polarexpedition machst und es Verlag X anbietest, und 6 Monate vor dem "Release" veröffentlicht Verlag Y ein familientaugliches Brettspiel zum Thema "Reise in die Antarktis", dann musst Du wohl oder übel thematisch umdisponieren.
Hinterfragbar wird, im Gegensatz zu obigem Beispiel, das Ganze aber durchaus, wenn Deinem Spiel ein Thema aufgesetzt werden soll, welches Dir vielleicht "allzu trendy" erscheint. Denn damit könntest sich das Spiel zum Erscheinungstermin im Zuge einer abbebenden Trendwelle wahrlich "im Sand verlaufen", weil jeder mittlerweile das Thema satt hat - egal wie gut Dein Spiel mag :-) Man sollte nie vergessen, dass Trends zyklisch verlaufen, und antizyklische Verhaltensweisen sich deshalb auszahlen können (sicher denken andere auch so, und plötzlich gibt's mal wieder 5 Spiele zum Thema "Lachsfischen in Kaledonien" gleichzeitig, aber das ist dann halt persönliches Pech, das niemand ahnen kann). Sich bewusst mit einem fertigen Spiel an einen gerade existierenden Trend anzuhängen, ist in meinen Augen immer höchst kritisch. Ich persönlich würd's wohl in vielen Fällen ablehnen - außer das Spiel erscheint sehr zeitnah und der Verlag ist derjenige, der ein eindrucksvolles Monopol auf diesen Trend besitzt.
> Ich glaube, wenn mich ein Verlag vor die Wahl stellen würde,
> ob mein Spiel seine äußere Gestalt behält, oder ob es
> veröffentlicht wird, würde ich es veröffentlichen wollen.
Ich glaube nicht, dass das kategorisch beantwortbar ist. Wenn einem Spiel ein Thema aufgesetzt werden soll, das dem Spiel an sich elementar zuwiderläuft, wäre das in meinen Augen durchaus ein Grund, es vorerst nicht veröffentlichen zu wollen bzw. darüber nachzudenken, ob das Spiel es verträgt, entsprechend umgearbeitet zu werden, so dass es wieder passt. Aber sowas braucht Zeit, sonst wirkt es wahrlich künstlich und mechanisch.
Letztlich aber dient's Dir selbst nicht, wenn etwas auf dem Markt erschiene, mit dem Du selbst unzufrieden bist und dann noch die Häme anderer hinterhergeschoben bekommst. Soviel Selbstachtung und Stolz sollte man sich schon erhalten. Wir reden hier im Normalfall ja nicht um existenzbedrohende Konsequenzen, wenn man zu etwas auch mal "Nein" sagt - auch wenn es durchaus schwerfällt, erneut viel Arbeit in die Mottenkiste zu verbannen. Aber Mottenkisten haben's so an sich, dass manches darin vielleicht später mal wieder Flügel bekommt. Schließlich ist als Autor alles, was man bisher gemacht und verworfen hat, ein potenziell wieder einsetzbares Kapital - und je mehr Du davon hast, desto größer sind Deine Chancen auf einen persönlich befriedigenden Erfolg. Nur erzwingen lässt er sich halt nicht.
Ciao,
Roman