Anzeige

Fragen über das Testen eines Spiels

Tipps und Tricks für Autoren und Illustratoren
Benutzeravatar
Annika

Fragen über das Testen eines Spiels

Beitragvon Annika » 23. Januar 2006, 14:41

Hallo,

mich interessiert, wie eure Erfahrungen beim Testen von Spielen sind.

- Testet ihr gleich am Anfang den frischen Prototypen in vielen verschiedenen Spielergruppen?

- Ändert ihr die Regeln nach jedem Spiel, oder guckt ihr erst einmal, wie es bei der nächste Runde läuft?

- Gibt es so etwas wie eine "Verschlimmverbesserung"? Wann entscheidet ihr, dass das Spiel nun so bleiben soll, wie es ist?

- Wie oft testet ihr das Spiel im Schnitt bis sich die Regeln nicht mehr ändern? (30 mal? 50 mal? 100 mal?)

- Sagt ihr irgendwann "Jetzt ist gut", auch wenn euch noch viele, viele Dinge einfallen, die ihr auch noch ausprobieren könntet?

- Wie bringt ihr die Testspieler dazu, nicht nur zu loben?

- Gibt es noch weitere Tipps für den unbedarften Tester?

Viele Grüße,
Annika

P.S. Ist es normal, dass neben dem Testen und Ändern des Spiels alles andere in den Hintergrund gedrängt wird, und dass man nur noch an das Spiel denken kann? ;)

Benutzeravatar
peer

Re: Fragen über das Testen eines Spiels

Beitragvon peer » 23. Januar 2006, 15:36

Hi,
Annika schrieb:
sind.
> - Testet ihr gleich am Anfang den frischen Prototypen in
> vielen verschiedenen Spielergruppen?
> - Ändert ihr die Regeln nach jedem Spiel, oder guckt ihr erst
> einmal, wie es bei der nächste Runde läuft?

Diese Fragen gehören ja zusammen... Also, getestet wird überhaupt erst einmal nach ein paar "Trockenläufen" alleine. Vieles kann so bereits im Vorfeld ausgeräumt werden (Handlingsprobleme, Denkfehler, Absolute Gewinnstrategien etc.)
Dann folgt der erste Test und das weitere Vorgehen hängt davon ab: Läuft alles toll (eher der Ausnahmefall), kann weiter getestet werden. Gibt es aber klare Nachteile und Kritikpunkte (z.B. zu langatmig, zu glücksabhängig etc.) werden diese erst einmal angegriffen. Es bringt ja nichts, wenn die nächste Gruppe wieder dieselben Fehler feststellt.

> - Gibt es so etwas wie eine "Verschlimmverbesserung"?

Mmm, eher Änderungen die nichts bringen. Das ein Spiel echt schlechter wurde hab ich bei meinen Protos bislang (zum Glück) noch nicht gehabt...

>Wann
> entscheidet ihr, dass das Spiel nun so bleiben soll, wie es
> ist?

Wenn ich das Gefühl habe, es macht Spaß und es ist so, wie ich es mir vorstelle. Wenn ich denke, ich würde es auch spielen (und kaufen) wollen, wenn es nicht von mir wäre.

> - Wie oft testet ihr das Spiel im Schnitt bis sich die Regeln
> nicht mehr ändern? (30 mal? 50 mal? 100 mal?)

Kann ich nicht sagen. Eher weniger, aber ich bin ja auch kein Verlag ;-) Hängt auch schwer von der Komplexität des Spieles ab: Ein Quizspiel braucht sicherlich weniger Testrunden als z.B. Caylus, bei dem viele Variablen zusammenarbeiten müssen. Je mehr Variabilität das Spiel hat, dsto mehr Testrunden gibt es (wohl) auch.

> - Sagt ihr irgendwann "Jetzt ist gut", auch wenn euch noch
> viele, viele Dinge einfallen, die ihr auch noch ausprobieren
> könntet?

Ja (s.o.). Die Frage ist ja nicht nur: Was ist möglich? Sondern auch: Was macht Sinn?. Ein Teil der gut funktioniert, kann man getrost erst einmal so lassen. Nur wenns nicht passt, müssen alle Teile überprüft werden. Wenn das Spiel rund läuft und wirklich Spaß macht braucht man imho nichts mehr zu ändern (es sei denn, man hat Spaß am reinen Testen und keine Projekte in der Pipeline).

> - Wie bringt ihr die Testspieler dazu, nicht nur zu loben?

Am besten, wenns von sich aus kritische Spieler sind. Dann sagen die von alleine was nicht läuft (z.B. Unausgeglichenheit oder was weiss ich). Sinds Autoren ist es fast noch besser, denn die können oft noch genauer bestimmen wo es hakt.
Ist die Gruppe zu nett, muss man sie zum kritisieren aufforder, in dem man selber Fragen stellt: "Was hat euch nicht gefallen?", "Was könnte man besser machen?" "Ist das Spiel nicht zu...(einseitig/interaktionsarm...)". Man spielt ja auch selber mit und hat vielleicht eine Ahnung wo es haken könnte.

> - Gibt es noch weitere Tipps für den unbedarften Tester?

Einfach machen! Offen für Kritik sein, aber durchaus auch die Kritik gewichten. Ich hab schon ein paar Hinweise enthalten, die ich bewusst ignoriert habe und es sich ausgezahlt hat. Dennoch ist es praktisch alle Vorschläge/Kritik mit aufzuschreiben. Was man dann wie umsetzt, muss man dann sehen.

Einen kleinen Einblick in unsere Testrunde (in Berlin, falls du da auch wohnst, mail mich mal an) bekommst du unter www.irongames.de (unter "Blogg" und dann die "Testspielrunden").

ciao
peer


> P.S. Ist es normal, dass neben dem Testen und Ändern des
> Spiels alles andere in den Hintergrund gedrängt wird, und
> dass man nur noch an das Spiel denken kann? ;)

Ja.
Noch schlimmer ist es, wenn man anföngt so viele Ideen zu entwickeln, dass man einige Spiele nicht mehr austesten möchte, weil man schon an das nächste denkt... Da hilft nur: Gute Organisation und Lagerfähigkeiten :-)

Benutzeravatar
richard sivel

Re: Fragen über das Testen eines Spiels

Beitragvon richard sivel » 23. Januar 2006, 15:41


>
> - Testet ihr gleich am Anfang den frischen Prototypen in
> vielen verschiedenen Spielergruppen?

==> wenn es nach mir geht nicht, da eine feste runde vertrauter mit dem spiel ist, und nicht spielerische anfängerfehler macht... (die dann ein verzerrtes bild über die ausgewogenheit abgeben könnten) --- Erst wenn der prototyp zu 98% steht, wird die testrunde ausgeweitet ... So ist zumindest der optimalfall. Aufgrund von zeitlichen beschränkungen der tester, wird dieser aber meist nicht erreicht.

>
> - Ändert ihr die Regeln nach jedem Spiel, oder guckt ihr erst
> einmal, wie es bei der nächste Runde läuft?

==> Dinge die sehr sauer aufstoßen werden sofort geändert. Kleinere problemfelder, werden erstmal unter "beobachtung" gestellt.


>
> - Gibt es so etwas wie eine "Verschlimmverbesserung"? Wann
> entscheidet ihr, dass das Spiel nun so bleiben soll, wie es
> ist?

==> verschlimmbesserung gibt es, keine frage (s.o. ein eigentlich kleines problemfeld ist gar keines, und wird durch einen regeleingriff zu einem faß ohne boden gemacht). -- Wann ist das ding fertig? -- Wenn es sich rund anfühlt. (kann leider nicht konkreter werden) ...

>
> - Wie oft testet ihr das Spiel im Schnitt bis sich die Regeln
> nicht mehr ändern? (30 mal? 50 mal? 100 mal?)

kommt wohl drauf an wie:
a) lange das spiel dauert (ein 30-minuten spiel testet sich schneller und öfter als ein 4-stunden-spiel)
b) wieviel mitspieler man braucht: Eigentlich sollte ein spiel mit großer spieler variabilität in allen besetzungen ausreichend getestet werden. Andererseits ist das zusammentrommeln von 4 oder 5 oder mehr mitspielern schwieriger
c) wie regel-komplex das spiel ist. Je mehr regeln, umso höher ist die wahrscheinlichkeit einer regellücke oder eines versteckten widerspruchs. Diese auffindig zu machen ist eine der hauptaufgaben des tests.

>
> - Sagt ihr irgendwann "Jetzt ist gut", auch wenn euch noch
> viele, viele Dinge einfallen, die ihr auch noch ausprobieren
> könntet?

==> sonst wird man ja nie fertig ;-)

>
> - Wie bringt ihr die Testspieler dazu, nicht nur zu loben?

==> Oft genug mit ihnen spielen. Irgendwann hört der freundschaftsdienst auf. Und wenn sie plötzlich keine lust oder wirklich überhaupt keien zeit mehr haben, weil der hamster zum frisör muß, dann weiß man ja was sache ist ;-)



grüße!

richard

Benutzeravatar
peer

Re: Fragen über das Testen eines Spiels

Beitragvon peer » 23. Januar 2006, 15:51

Hi,
richard sivel schrieb:
>> > - Sagt ihr irgendwann "Jetzt ist gut", auch wenn euch noch
> > viele, viele Dinge einfallen, die ihr auch noch ausprobieren
> > könntet?
>
> ==> sonst wird man ja nie fertig ;-)

Oh ja! Das Spannende am Spieleerfinden ist ja gerade zu sehen, auf wie viele verschiedene Weisen man an einer Regel drehen kann. Das KANN man gar nicht alles ausprobieren -sonst hätte man unendlich lange dran zu basteln...

ciao
peer

Benutzeravatar
Irene Wanitschke

Re: Fragen über das Testen eines Spiels

Beitragvon Irene Wanitschke » 23. Januar 2006, 15:54

Hallo Annika,
ich habe bisher folgende Erfahrung gemacht

> - Testet ihr gleich am Anfang den frischen Prototypen in
> vielen verschiedenen Spielergruppen?

Ja, ich versuche immer mit unterschiedlichen Leuten den gleichen Spielstand zu testen.

> - Ändert ihr die Regeln nach jedem Spiel, oder guckt ihr erst
> einmal, wie es bei der nächste Runde läuft?

Ich ändere nicht immer sofort etwas, nur ganz offensichtliche Sachen werden natürlich gleich behoben (manchmal sogar während des Spiels, aber das nur sehr selten!). Zeigen sich die gleichen Mängel mehrfach, muss natürlich was getan werden.

> - Gibt es so etwas wie eine "Verschlimmverbesserung"? Wann
> entscheidet ihr, dass das Spiel nun so bleiben soll, wie es
> ist?

Wenn es alle Spieler Spaß macht und die Leute es immer wieder spielen wollen, dann ist es gut würde ich sagen. ;-)


> - Wie oft testet ihr das Spiel im Schnitt bis sich die Regeln
> nicht mehr ändern? (30 mal? 50 mal? 100 mal?)

Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal sind Spiele schon fast von Anfang an recht stimmig und dann gibt es solche die ich schon soo oft verändert habe, das sie nichts mehr mit dem Ausgangsspiel zu tun haben.

> - Sagt ihr irgendwann "Jetzt ist gut", auch wenn euch noch
> viele, viele Dinge einfallen, die ihr auch noch ausprobieren
> könntet?
Wenn ich glaube das Spiel ist schon recht gut und es steht z.B. gerade ein Spieleautorentreffen an, dann nehme ich das Spiel auch mit und stelle es den Verlagen vor, selbst wenn ich noch mögliche Änderungen im Kopf habe. Denn die kann man dem Verlag ja auch so no erzählen, wenn er Interesse zeigt.


> - Wie bringt ihr die Testspieler dazu, nicht nur zu loben?

Am besten von Leuten spielen Lassen, die Dich nicht kennen (vielleicht sogar über einen Mittelsmann). Auch Kinder sind meist ehrlicher als Erwachsene (geht natürlich nicht bei jedem Spiel).

> - Gibt es noch weitere Tipps für den unbedarften Tester?

Mir ist aufgefallen, das es immer ein riesen Unterschied ist, ob das Spiel von Leuten getestet wird, die auch sonst viel spielen oder von welchen, die eher selten spielen. Wenn möglich sollte man beide Presonengruppen zum testen heranziehen.

Tja, auch ich habe oft nicht die richtigen Tester zur Hand und versuche dann immer Freunde und Verwandte zu einem Spielchen zu überreden. Und bin dann ganz deprimiert, wenn diese gerade nicht so viel Lust haben wie ich, meinen neuen Prototypen auszuprobieren.

Viele Grüße
Irene

Benutzeravatar
Annika

Danke

Beitragvon Annika » 24. Januar 2006, 14:35

Hallo peer, richard und Irene,

vielen Dank für eure Antworten!

Ich habe meinen Prototypen in den letzten neun Tagen sechs mal gestestet. Ich stehe also noch ganz am Anfang. Dabei habe ich es mit teils gleichen, teils unterschiedlichen Leuten gespielt. Von jeder Spielerunde zur nächsten habe ich die Regeln geändert. Es waren eigentlich nur kleine Änderungen, aber sie haben sich inzwischen aufsummiert.

Woran ich außerdem noch feile, ist die Spieldauer. Mit zwei bis drei Spielern ging es flott, mit vier war es mir schon fast zu lang und mit fünfen definitiv zu lang. Die Version mit sechs Spielern habe ich gestrichen. Es dauerte knapp zwei Stunden.

Nun bin ich gespannt auf heute Abend. Ich werde das Spiel mit zwei Spielern testen, die es noch gar nicht kennen. Nun kann ich mir noch überlegen, welche Regel ich bis dahin ändere. :)

Viele Grüße,
Annika

P.S. @peer
Ich wohne leider nicht in Berlin.

Benutzeravatar
Inka

Re: Danke

Beitragvon Inka » 25. Januar 2006, 09:03

Und? - wie ist es gelaufen?

Benutzeravatar
Annika

Re: Danke

Beitragvon Annika » 25. Januar 2006, 10:52

Gestern wurde leider kurzfristig eine Spielerin krank. Daher fiel das Testen aus. Aber heute Abend gibt es wieder ein Runde mit Spielern, die das Spiel bereits kennen. :)


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 12 Gäste