Beitragvon Günter Cornett » 24. März 2008, 14:18
bodum schrieb:
>
> Sorry schonmal für diesen komplizierten Text im vorraus :).
>
> Ich komme aus der OpenSource-Ecke. Vielleicht ist das euch
> noch kein Begriff, deswegen hier erstmal eine kleine Erklärung:
>
> OpenSource bedeutet, das man die Quelltexte seiner Software
> offen legt und jeder diese Quellen benutzen kann. Sobald man
> was eigenes mit der Software macht, muss man die eigenen
> Veränderungen wieder öffentlich zugänglich machen.
>
> Bekannt ist dieses Model z.B. von Linux, Firefox und
> OpenOffice.
Das sind Programme, die fortwährend weiterentwickelt werden, werden müssen, weil es immer einen Bedarf an neuen Funktionen gibt. Bei Spielen ist das i.d.R. anders.
> Vor ein paar Tagen habe ich mit ein paar Mitspielern
> überlegt, ob es neben "freier Software" und "freier Musik",
> wo jeder Musiker die Musik öffentlich freigibt (z.B. auf
> jamendo.de ), auch so eine "Szene" für Brettspiele gibt.
>
> Offene Lizenzen wie die CreativeCommons (
> http://de.creativecommons.org/ ) sind geradezu Ideal für
> Spieleerfinder. Man kann z.B. bestimmen dass die von dir
> geschreibene Spielidee nicht kommerziell genutzt werden darf
> (außer von dir selber natürlich). Man könnte das Spiel auf
In dieser Form bedeutet das, dass andere an meinem Spiel nicht unerheblich mitarbeiten, aber nur ich das Ergebnis kommerziell nutzen darf. Das dürfte nicht im Einklang mit dem Urheberrechtsgesetz stehen.
> einer hübsch gestalteten Webseite den potentiellen Spielern
> vorstellen, Grafik-Dateien zum runterladen anbieten, über das
> Spiel diskutieren, mögliche Erweiterungen mit den Spielern
> zusammen entwickeln usw. Dadurch, das man die Grafiken frei
> online stellt, könnte dann z.b. auch jemand, der Ahnung von
> Spieleprogrammierung hat, schnell ein Flash-Spiel daraus
> basteln (das man natürlich nicht kommerziell nutzen darf, es
> sei denn du erlaubst es).
Wenn jeder ein Flashspiel draus machen darf, ist diese kommerzielle Nutzungsmöglichkeit für mich gestorben.
Da bin ich besser dran, wenn ich diese Möglichkeit exklusiv an mir bekannte Programmierer vergebe und dann gemeinsam mit ihnen überlege, ob das Ergebnis frei verfügbar sein oder von uns kommerziell genutzt werden soll.
>
> Und wo bekommt man das Geld her? Musiker, die Ihre Musik bei
> Jamendo.de veröffentlichen, hoffen darauf, das Ihre Band
> bekannt wird und einige Menschen die CD's kaufen, die diese
> Bands anbieten. Bei Spieleautoren ist es ähnlich, nur es
> exisitiert der Charmante vorteil, das es wahrscheinlicher
> ist, das jemand eine Spielebox kauf, als eine CD, da die
> Musik ja schon runtergeladen wurde. Bei einem Spiel will man
> ja gerade eine hübsche Box, Karten, Spielfiguren usw.
Ja, deswegen lohnt es meist nicht den Aufwand, Selbstbau-Anleitungen zur Verfügung zu stellen. Das Spiel zu kaufen, ist meist billiger als es selbst auszudrucken. Und selbst wenn es nur wenig billiger ist, wird es nach dem Kaufentscheid insgesamt wesentlich teurer (selbst ausgedruckt + Spiel).
Sinn macht es allenfalls, im Handel nicht erhältliche Erweiterungen, Übersichtsblätter oder andere Verbesserungen online zu stellen.
> Was meint Ihr dazu ? Habe ich etwas übersehen? Gibt es schon
> eine "freie Spiele"-Szene und ich habe diese nur noch nicht
> gefunden?
Hier gibt es eins: http://quantenleser.de/sechseckspiel/
> Ps: danke für's Lesen :)
Ich überlege mal gerade, unter welchen Bedingungen ein OpenSource-Brettspiel sinnvoll sein kann?
Bei Software ist es so, dass ein einzelner es oftmals gar nicht leisten kann, das Programm uptodate zu halten. Brettspiel sind zumeist in sich abgeschlossene Werke. Es werden nicht ständig Funktionen hinzugefügt. Es besteht also zunächst einmal keinen Bedarf, eine Arbeit durch viele Menschen machen zu lassen, die man selbst mache kann.
Die Entwicklung eines Brettspiels orientiert sich nicht an solchen Funktionen sondern mehr an der Persönlichkeit des Autors. Man malt auch nicht gemeinsam mit anderen ein einzelnes Open-Source-Bild. Wäre vielleicht mal interessant, für den Maler, der sein eigenes Gemälde schaffen will, ist so etwas sicher keine Alternative.
Es fehlt das gemeinsame (Spiel)ziel, das der einzelne nicht, wohl aber die große Menge an Autoren erreichen kann.
Es würden wohl sehr viele unterschiedliche Ergebnisse bei rauskommen, unterschiedliche Spiele, weil es unterschiedliche Autoren sind.
Man hätte also das, was man eh schon hat: eine Vielfalt an Spielen, Autoren, die sich austauschen, zu gemeinsamen Treffen gehen us einem gemeinsamen Vorrat an Spielmechaniken schöpfen, hin und wieder etwas neues dazu tun aber meist das Gleiche auf neue Art tun, neu kombinieren.
Wie sieht es aus im Vergleich zur Musik? Man stellt ein paar Lieder online, der Nutzer kauft dann die ganze CD?
'Einzelne Lieder' eines Spiels sind zumeist nutzlos. Das ganze Spiel zum Download zu stellen, damit andere Spiele des selben Autors oder Verlags gekauft werden, funktioniert i.d.R. deshalb nicht, weil Spiele eines Autors sich oftmals unterscheiden. Die Variation des selben Spiels findet innerhalb des Spiels statt, indem dasselbe Spiel mehrfach gespielt wird und immer einen anderen Spielverlauf hat.
Was gibt es stattdessen?
In der Spielbox gibt es hin und wieder Giveaways, die nur zusammen mit dem Brettspiel gespielt werden können. Hat aber sicher nichts mir Opensource zu tun.
Es gibt online-Versionen von Spielen, zu denen die Spieler kostenlos Zugang haben, z.B. http://www.yucata.de/ Dies geschieht aber grundsätzlich mit Zustimmung von Autor und Verlag, die dadurch nicht die Kontrolle aus der Hand geben müssen. Sie können entscheiden, ob das Onlinespiel nicht dochmal kommerziell verwertet werden soll. Ebenso können online Varianten ausprobiert werden, aber kontrolliert durch den Autor.
Die Spieler haben die Möglichkeit, Spiele zu testen, ohne sie kaufen oder erst basteln zu müssen. Ein nennenswertes Umsatzplus lässt sich da bisher nicht feststellen, aber schädlich ist das sicher auch nicht. Auf jeden Fall erfüllt es die Funktion, Spieler mit dem Spiel vertraut zu machen, besser als Grafiken zum Runterladen anzubieten.
Wer ein Spiel, das es nicht online gibt, für sich selbst ausprobieren und dabei nicht viel Geld ausgeben will, findet zudem sehr viele Spielanleitungen. Wenn man sich dann einzelne funktionierende aber nicht schöne dafür preiswerte Spiele baut, dürfte dieser Zweck auch erfüllt sein.
Besser aber noch: man geht in einen Spieleladen oder Spielecafe, lässt sich dort beraten, probiert es dort aus und kauft es dann - nicht beim Billiganbieter sondern - auch dort. Das ist eh für alle Beteiligten das Beste. Und natürlich kann man dann auch mit Varianten herumexperimentieren, ohne dabei Urheberrechte zu verletzten.
Open Source für Brettspiele kann imho in folgenden Fällen sinnvoll sein:
- man hat einen Spielmechanismus, der so nicht marktfähig ist (zu abstrakt, zu kompliziert, zu einfach zu wenig originell, ...), den man aber irgendwie gern hat. Dann kann man daraus ein Opensource-Spiel machen und es als Werbung für sich nutzen. Ob es viel bringt?
- man hat ein Spielmechanismus, das man allein nicht fertiggestellt bekommt, sucht dafür nach Anregungen und Partner. Das würde ich allerdings nicht als OpenSource machen, da es natürlich von anderen genutzt werden kann. Unfertig fehlt die Schöpfungshöhe, umgeschützt zu sein; aber selbst dann kann es in veränderter Form von anderen genutzt werden.
- das Projekt ist extrem umfangreich (Beispiel eine Weltkarte, auf der die gesamte Entwicklung der welt als Brettspiel gespielt werden soll). Da wäre es schon sinnvoll, dass verschiedene Leute Teilbereiche übernehmen. Aber ich glaube für ein solches Projekt wäre es sinnvoller, es gleich als Onlinespiel zu konzipieren. Brettspiele brauchen imho eine Überschaubarkeit.
Vielleicht fällt jemandem noch mehr ein. Aber für mich wäre der einzige wirklich triftige Grund: Ich mache das Spiel aus purem Idealismus, aus reinem Hobby, aus Spaß an der Sache, transportiere damit eine Botschaft, die mir wichtig ist oder finde ein solches Projekt einfach spannend. Und es wäre mir dabei egal, ob jemand das kommerziell nutzt oder nicht. Hauptsache es wird veröffentlicht, weiter entwickelt, bringt Menschen zusammen, Leute haben Spaß dran, ...
Wenn ich aber davon leben muss, überlege ich mir das aber zweimal, ob ich da viel Arbeit reinstecke. Wenn es darum geht, Entscheidungen zu fällen, kann schon eine gemeinsame Entwicklung von zwei Autoren problematisch sein.
Gruß, Günter