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Würfeln - Stochastikfrage

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Friedemann Vorländer
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Würfeln - Stochastikfrage

Beitragvon Friedemann Vorländer » 1. Juni 2009, 11:41

Es geht um das Spiel "Würfeln" aus einer Sendung von "Schlag den Raab". Für alle, die das Spiel nicht kennen hier die Regeln:

Die Spieler sind abwechselnd am Zug.
In jedem Zug dürfen die Spieler mit einem W6 solange würfeln wie sie wollen. Die erwürfelten Augen werden zusammengezählt.
Nach jedem Wurf kann der Spieler seinen Zug beenden und bekommt dann sämtliche erwürfelten Augen gutgeschrieben (diese kann er also nie mehr verlieren).
Wirf ein Spieler aber eine "6", sind alle in diesem Zug erwürfelten Augen futsch und der Gegner kommt an den Zug.

Das Spiel endet nach der Runde, in der ein Spieler insgesamt 50 oder mehr Punkte gutgeschrieben hat (wenn die Summe der bereits fix gutgeschriebenen Augen und die im aktuellen Zug erwürfelten Augen 50 Punkte erreicht oder übersteigt, der Spieler aber weiterwürfelt und eine "6" wirft, geht das Spiel also weiter).
Wenn der Spieler, der begonnen hat 50 oder mehr Punkte gutgeschrieben hat, kommt der andere Spieler noch an den Zug und kann versuchen die vorgelegte Punktzahl zu übertreffen.
Wenn der Spieler, der nicht begonnen hat, zuerst 50 Punkte hat, ist das Spiel sofort beendet und er hat gewonnen.
Der Punktestand des anderen Spielers ist jeweils bekannt.

Ich halte das Spiel für fehlerhaft, weil der nachziehende Spieler den Vorteil hat, dass er am Ende keine Risikoabwägung vornehmen muss, ob er weiter würfelt oder nicht: hat er selbst zuerst 50 Punkte erreicht, hat er automatisch gewonnen - hat der Gegener zuerst 50 Punkte, bleibt ihm eh nichts anderes als sein Glück zu versuchen und weiter zu würfeln bis er mehr Punkte hat oder eine "6" würfelt. Der vorlegende Spieler muss bei Überschreiten der 50-Punkte dagegen stets überlegen, ob er weiterwürfelt, und damit das Riskio eingeht seine Punkte zu verlieren, oder ob hofft, dass sein Vorsprung ausreicht.

Die Frage ist, wie sich dieser Vorteil prozentual auswirkt, wieviel Prozent der Spiele also der nachlegende Spieler (bei optimalem Spiel) beider Spiele gewinnt.

Leider reichen meine Stochastik-Kenntnisse nicht zur Beantwortung aus.

Die erste Frage die sich mir stellt ist, bei welcher Punktzahl ein Zug beendet werden sollte. Das hängt natürlich auch von der jeweiligen Spielsituation ab (wie weit sind die 50 Punkte noch entfernt, hab ich Vorsprung oder der Gegner), aber zumindest zu Spielbeginn müsste sich dass doch ermitteln lassen.

Meine Grundüberlegung war, dass ich mit jedem Wurf, der keine "6" ist, also mit einer Wahrscheinlickkeit von 5/6, durchschnittlich 3 Augen erziele. Der positive Erwartungswert pro Wurf ist also 2,5. Dem steht die Gefahr eines Totalverlusts mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/6 gegenüber. Danach müsste ich weiter würfeln, bis ich im aktuellen Zug 15 Punkte habe.

Dann habe ich überlegt, dass man für 15 Punkte durchschnittlich 5 Würfe braucht. Die Wahrscheinlichkeit, bei 5 Würfen keine sechse zu Würfeln, ist aber nur (5/6)^5, also knapp über 40 %.

Mir stellt sich daher die Frage, ob es wirklich optimal ist,weiterzuwürfeln, bis man 15 Punkte hat, obwohl man die in 60 % der Fälle gar nicht erreicht, oder ob da ein Denkfehler drin liegt.

Für die Beantwortung der Frage wäre ich schon dankbar. Wenn jemand mir sogar mitteilen kann, wie hoch der Vorteil des nachziehenden Spielers prozentual ist, wäre das noch besser. Auch für (begründete) Schätzungen wäre ich dankbar.

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Peter Nos
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Re: Würfeln - Stochastikfrage

Beitragvon Peter Nos » 1. Juni 2009, 11:55

Hallo Friedemann,

wie es der Zufall so will gab es bei den Westpark Gamers kürzlich eine genauere Analyse von Can't Stop mit einem Würfel:

http://www.westpark-gamers.de/Reviews/cantstop.html

Dieser Artikel sollte alle deine Fragen beantworten.

Viele Grüße,
p.

http://Das-SpielEn.de

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Günter Cornett

Re: Würfeln - Stochastikfrage

Beitragvon Günter Cornett » 1. Juni 2009, 12:56

Friedemann Vorländer schrieb:
>
> Ich halte das Spiel für fehlerhaft, weil der nachziehende
> Spieler den Vorteil hat, dass er am Ende keine Risikoabwägung
> vornehmen muss, ob er weiter würfelt oder nicht: hat er

Nicht denken zu müssen, kann ein Vorteil sein,
nicht denken zu dürfen ein Nachteil.

Imho ist der Startspieler grundsätzlich im Vorteil, weil er bei gleichen Würfen die 50 vorher erreicht und der andere übetreffen muss. Wäre der nachziehende Spieler im Vorteil, so könnte der erste beim Start unmittelbar nach seinen ersten Wurf aufhören ein kleines Plus von durchschnittlich 2,5 Punkte nehmen und den anderen zum Startspieler machen.

Sollte sich das Verhältnis nach Erreichen der 50 umgekehrt haben, der nachziehende Spieler vorne liegen, so hat dieser besser gewürfelt oder gespielt.

Natürlich hat der nachziehende Spieler Anhaltspunkte dafür, wie weit er gehen muss. Eine Taktik könnte sein, grundsätzlich 1 Auge mehr zu würfeln als der Startspieler. Irgendwann wird das mal in die Hose gehen und er liegt sicher hinten.

Also geht es darum, wie man sich an die 50 heranpirscht.
Wer sie erreicht oder überschreitet, kann - mit Fortunas Hilfe - die Vorgabe so legen, dass der andere weniger als 50% Chance hat, ihn einzuholen.

Kurz gedacht ist dies bei einem Abstand von 10 Punkten der Fall. Denn für 10 Punkte braucht man durchschnittlich 4 Würfe, ohne dass eine 6 fällt. Dass eine 6 in vier Würfen kommt, ist aber etwas wahrscheinlicher als 50%. Dabei ist aber noch nicht berücksichtigt, dass die 6 auch schon beim Vorlegenden kommen kann, wenn er versucht die Differenz von 10 Augen zu erreichen.

Wenn man also darauf spielt, 10 Augen vorzulegen, um dem Gegner anschließend eine knapp 50%ige Gewinnchance zu geben, wird man mehr als die Hälfte der Spiele verlieren. Man muss also mehr vorlegen.


Wenn man nicht die konkrete Spielsituation berücksichtigt sondern nur den eigenen Einsatz im Verhältnis zum Gewinn, läuft es darauf hinaus: bei 12 weiterwürfeln, bei 13 aufhören.

Die Grenze ist 12,5, jedenfalls sofern ich davon ausgehe, bei 6 Würfeln genau einmal eine 6 zu würfeln.
Dann bekomme ich im Schnitt 2,5 Punkte zu meinen 12,5 dazu, also 5x 15 Punkte + 1x 0 Punkte =75.

Die habe ich aber auch, wenn ich immer gleich aufhöre: 6x 12,5 Punkte =75.


Bezogen auf den Gegenspieler muss ich überlegen, welche Differenz er noch zu überwinden hat. Brauche ich noch (durchschnittlich) 2,5 Punkte, um seine Chance mein Ergebnis zu übertreffen, deutlich zu verringern?


Wenn ich gerade 10 Punkte erwürfelt habe und mit 4 Punkten vorn liege (49 zu 45), ist es besser mit knapp 49 Punkten aufzuhören, als mit 52 abzugeben. Denn dann komme ich nochmal dran und habe einen Vorteil als nachziehender Spieler.

Habe ich gerade 4 Punkte erwürfelt und liege 10 Punkte vorn (49 zu 39), versuche ich mit zwei bis drei Würfen den Abstand zu vergrößern, um weit über 50 zu kommen. Ich habe also einen Vorteil als vorlegender Spieler.



> selbst zuerst 50 Punkte erreicht, hat er automatisch gewonnen
> - hat der Gegener zuerst 50 Punkte, bleibt ihm eh nichts
> anderes als sein Glück zu versuchen und weiter zu würfeln bis
> er mehr Punkte hat oder eine "6" würfelt. Der vorlegende
> Spieler muss bei Überschreiten der 50-Punkte dagegen stets
> überlegen, ob er weiterwürfelt, und damit das Riskio eingeht
> seine Punkte zu verlieren, oder ob hofft, dass sein Vorsprung
> ausreicht.
>
> Die Frage ist, wie sich dieser Vorteil prozentual auswirkt,
> wieviel Prozent der Spiele also der nachlegende Spieler (bei
> optimalem Spiel) beider Spiele gewinnt.

weniger als 50%, wenn mit vorlegender Spieler der Startspieler gemeint ist. (Ansonsten ist es nicht ungerecht, da man sich die Position des Nachlegenden herausgespielt hat.)


Gruß, Günter (alle Angaben ohne Gewähr :) )

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Günter Cornett

Re: Würfeln - Stochastikfrage

Beitragvon Günter Cornett » 1. Juni 2009, 13:06

Günter Cornett schrieb:
>

> Wenn man nicht die konkrete Spielsituation berücksichtigt
> sondern nur den eigenen Einsatz im Verhältnis zum Gewinn,
> läuft es darauf hinaus: bei 12 weiterwürfeln, bei 13 aufhören.
>
> Die Grenze ist 12,5, jedenfalls sofern ich davon ausgehe, bei

Autsch, natürlich ist die Grenze 15.
Man bekommt ja im Schnitt 2,5 sondern 3 Punkte.

> 6 Würfeln genau einmal eine 6 zu würfeln.
> Dann bekomme ich im Schnitt 2,5 Punkte zu meinen 12,5 dazu,
> also 5x 15 Punkte + 1x 0 Punkte =75.

bei 15 Punkten weiterwürfeln, ergibt durchscnittlich:
5x 18 Punkte + 1x 0 Punkte =90


> Die habe ich aber auch, wenn ich immer gleich aufhöre: 6x
> 12,5 Punkte =75.

bei 15 Punkten aufzuhören ergibt:
15 Punkte x 6 =90

> Gruß, Günter (alle Angaben ohne Gewähr :) )

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Ulrich Roth
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Re: Würfeln - Stochastikfrage

Beitragvon Ulrich Roth » 3. Juni 2009, 00:02

Günter Cornett schrieb:

> Imho ist der Startspieler grundsätzlich im Vorteil, weil er
> bei gleichen Würfen die 50 vorher erreicht und der andere
> übetreffen muss. Wäre der nachziehende Spieler im Vorteil, so
> könnte der erste beim Start unmittelbar nach seinen ersten
> Wurf aufhören ein kleines Plus von durchschnittlich 2,5
> Punkte nehmen und den anderen zum Startspieler machen.

Wenn ich die Spielregel richtig verstanden habe (kenne die Sendung nicht), ist mit "Startspieler" der Spieler gemeint, der - ähem - gestartet, d.h. den ersten Wurf getätigt hat.
Diese Rolle kann also nicht wechseln.

> > Die Frage ist, wie sich dieser Vorteil prozentual auswirkt,
> > wieviel Prozent der Spiele also der nachlegende Spieler (bei
> > optimalem Spiel) beider Spiele gewinnt.
>
> weniger als 50%, wenn mit vorlegender Spieler der
> Startspieler gemeint ist. (Ansonsten ist es nicht ungerecht,
> da man sich die Position des Nachlegenden herausgespielt hat.)

Siehe oben; der "Nachlegende" ist der Nicht-Startspieler, also auch immer derselbe Spieler.

Grüße,
Ulrich

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Friedemann Vorländer
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Missverständnis

Beitragvon Friedemann Vorländer » 5. Juni 2009, 19:28

Der Startspieler ist der, der in der ersten Runde angefangen hat, also der den allerersten Wurf gemacht hat. Wenn der andere Spieler die 50 zuerst überschreitet, ist das Spiel sofort beendet. Der Startspieler kann also nicht mehr nach- und damit auch nicht mehr vorbeiziehen.

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Friedemann Vorländer
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Re: Würfeln - Stochastikfrage

Beitragvon Friedemann Vorländer » 5. Juni 2009, 20:01

Schöner Beitrag, aber ist dabei berücksichtigt, dass der Nicht-Startspieler immer nochmal nachziehen darf? Ich glaube nicht. Den Berechnungen liegt, wenn ich mich nicht vertue, nur die Siegbedingung "zuerst 50" ohne Nachziehmöglichkeit des Nicht-Startspielers zu Grunde. Zumindest bei der Möglichkeit, die Strategie gegen den Computer zu testen, darf der Computer nicht nachziehen.

Ich sehe den Vorteil des Nicht-Startspielers ja gerade darin, dass dieser andere Siegbedingungen hat als der Startspieler, nämlich entweder zuerst 50 Punkte, oder in der gleichen Runde, in der Startspieler 50 + x erreicht, 50 + x + 1 zu erreichen.

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Günter Cornett

danke

Beitragvon Günter Cornett » 11. Juni 2009, 23:12

Ok, danke. Dann hat der nachziehende in der Tat einen großen Vorteil.

Gruß, Günter

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Günther
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Re: Würfeln - Stochastikfrage

Beitragvon Günther » 12. Juni 2009, 18:34

Hallo,
An meinen Artikel über das Spiel "Pig"/SchlagDenRaab bei den Westparkgamern habe ich einen Kommentar angehängt, der den Fall "jeder Spieler kommt gleich oft dran" behandelt!

Gruss, Günther
Gruß,
Günther


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