Naaa, da ist Herr Ribbeck aber auch über das Ziel hinausgeschossen.
Um das Thema objektiv vs. subjektiv mal an jüngeren Beispielen hier darzustellen:
Pandemie:
- Es kann von einem dominanten Spieler schnell das Ruder übernommen werden, weil es oftmals nicht zahlreiche verschiedene oder sinnvolle Wege zur Problemlösung gibt.
Objektiv richtig.
- Die Gruppe kann dagegen angehen und einen Konsens suchen.
Objektiv richtig.
- Ein Ausbruch macht das Spiel spannend.
Subjektiv, aber objektiver Kern, denn die Ausbrüche sind bei Pandemie ein zentrales Herausforderungs- und Spannungselement.
- Pech beim Ziehen der Epidemien (wenn sie also dicht hintereinander kommen) bestimmt oftmals über Sieg oder Niederlage unabhängig vom Können der Spieler.
Objektiv richtig.
- Pandemie ist leicht zu erklären.
Objektiv richtig für Menschen von "normaler" Intelligenz und/oder aufmerksamem Interesse.
- Pandemie ist schnell.
Subjektiv, evtl. mit objektivem Kern, da es im Vergleich zu einigen anderen Spielen dieses Genres und bei gängiger Brettspielzeitbewertung für "schnell" (0,5-1,5 Stunden) zutrifft; im Vergleich zu Wandel der Zeiten ist es objektiv richtig, im Vergleich zu kurzen Kartenspielen dagegen objektiv falsch. (Was ist also schon objektiv gesehen "schnell"?)
Agricola:
- Das Spiel erlaubt zahlreiche Wege zum Ziel des Spielers und zur individuellen Entwicklung, auch wenn das nicht immer zum Sieg führt.
Objektiv richtig.
Im Wandel der Zeiten:
- Es wurde nicht geschafft, eine "Engine" aufzubauen; die Karten griffen nicht ineinander.
Subjektiv, da Erfahrungswerte mit dem Spiel komplett fehlten und das Spiel (leider) eben solche für ein flüssiges, kombinationsreiches Spiel einfordert.
- Die Wartezeiten sind gigantisch.
Objektiv richtig bei Anfängern, bei 4 Spielern jedes Könnens, bei A/P-Spielern und bei Spielern mit zahlreichen Aktionen (i.d.R. ab Zeitalter III).
- Keine Spannungs- und "Take-that"-Momente.
Subjektiv, da es offensichtlich weder Kriege noch nennenswerte Aggressionen und Pakte gab (Expertenregeln). Aber auch ein objektiver Kern, da es bei dem Spiel - zumindest bis Ende Zeitalter II - nicht primär um feindliche Übernahmen, Kriege und Vernichtungen geht; das ist in den Militärkarten nicht vorgesehen.
- Meine Spielweise war bräsig.
Subjektiv.
- Die Karten kommen (relativ) zufällig.
Objektiv nur halb richtig, weil die Karten (mit Ausnahme der Antike-Karten) komplett und zuverlässig kommen, aber ihre Reihenfolge überwiegend unvorhersehbar ist.
- Es ist bei Deus befriedigender, Gebäude zu bauen und die Reihe durchzuarbeiten.
Subjektiv, denn bei WdZ baut man zahlreiche Gebäude und kann regelmäßig auf sie zugreifen und sie zeitweise verbessern oder verändern.
- Die Spielzeit von Deus ist passender als von WdZ.
Subjektiv.
- Am schlimmsten ist WdZ beim Spiel mit Profis.
Subjektiv, aber nicht unwahrscheinlich für einen Anfänger ohne kompetente und unterstützende Anleitung.
- Am schlimmsten ist WdZ außerdem beim Spiel mit Kriegstreibern.
Objektiv richtig, wenn man mit Kriegen spielt, darauf nicht vorbereitet ist und/oder sich militärisch weder engagieren noch entwickeln möchte und/oder Napoleon mal wieder die militärische Skala sprengt. Subjektiv in allen anderen Fällen.
- Das Tableau ist eine Frechheit.
Objektiv richtig ist, daß das Tableau für all die Ausbaumöglichkeiten, die ja auch auf dem Tableau stattfinden (z.B. Rohstoffproduktion) etwas knapp gehalten ist und weder Fisch noch Fleisch; die vielen winzigen Holzsteinchen sind etwas frickelig. Subjektiv ist, ob man das als Frecheit sieht.
- Nations ist WdZ "Light".
Objektiv halb richtig, weil es deutliche Parallelen gibt, aber auch zahlreiche Unterschiede.
- WdZ dauert sehr lange.
Objektiv richtig, denn selbst zwei Profis schaffen es mit Expertenregeln wohl nicht unter 4-5 Stunden.
- Es waren nach 3 Stunden nur 6 Karten am Tableau.
Subjektiv, da das von der Spielweise, Strategie und Spielerfahrung abhängt.
- Die Korruption hat genervt.
Objektiv gesehen, ist die Korruption bei erfahrenen Spielern stets nur noch ein unwichtiges Randthema. Subjektiv kann natürlich auch das dann noch nerven.
- Das Spielbrett ist zu groß für eine reine Zählleistendarstellung.
Subjektiv.
- Das Spiel ist nicht thematisch und zu abstrakt.
Subjektiv.
- Das Spiel ist "einfach nur berechenbar".
Objektiv falsch, denn man weiß nicht, welche Karten man in welchem Moment im Angebot hat und kaufen kann, welche Ereignisse die Endwertung bestimmen, welche Politikaktionen die anderen Spieler machen und welche Strategien die anderen Spieler planen und besser umsetzen können als man selbst. Es gibt ausreichend Glück und Unvorhersehbarkeit bei WdZ. Sonst wäre selbst MÄDN berechenbar, weil man ja weiß, daß da gewürfelt wird und schnell Pöppel über die Felder laufen, die andere Pöppel rauswerfen können.
- WdZ belohnt vorausschauendes Spiel und bestraft auf Dauer wichtige verpaßte Entscheidungen.
Objektiv richtig für eine Strategie, die sich durch alle Zeitalter hindurch entwickeln muß.
- Die Spielanleitung ist komplex und kompliziert.
Subjektiv (leider).
- Man muß sich länger und intensiv mit WdZ beschäftigen ("am Spiel arbeiten"), um es zu einer gewissen Spielexpertise und Optimierungsqualität zu bringen.
Objektiv richtig, sofern man kein Spieledurchdringungsmozart ist.
- WdZ funktioniert mechanisch einwandfrei.
Objektiv nur halb richtig, da es leider bestimmte Karten und Situationen gibt, die das Spiel für einzelne Spieler kippen können. Napoleon z.B. ist ein übermächtiger Militärführer, der zusammen mit der richtigen Armeekarte von jetzt auf gleich alle Grenzen sprengen kann; und wer Pech bei den Produktionsstätten oder Regierungsformen hat, kommt schnell in die Bredouille. Es gäbe da noch einiges zu feilen.
- Man muß bei WdZ viel rechnen wie bei Matheaufgaben.
Objektiv nur halb richtig, weil das höchstens für das Endspiel gilt, wenn jeder Siegpunkt zählt und die letzten Wunder und Anführer zum Tragen kommen. Auch hier gilt wieder, daß ein Profi das im Vorbeigehen abschätzen kann.
- Die Graphik ist grottig.
Subjektiv.
- Es kommt kein Ziv-Gefühl auf.
Subjektiv.
Daraus kann sich jeder nun seinen eigenen Reim zimmern.
IWdZ ist meine Langzeit-Nummer 1, aber ich schätze in hohem Maße auch seine Kollegen: Civilization (alt und neu), Clash of Cultures, Nations usw.; die SciFi-4X-Kandidaten sowieso.