GutsMuths Spiele

Spiele wirken! GutsMuths und sein Klassiker „Spiele“

Wer war GutsMuths? Europa entwuchs im 18. Jahrhundert dem Feudalismus. In der beginnenden Zeit der Aufklärung wurde die kommende Gesellschaft neu gedacht.  Es entstanden innovative Konzepte für die Erziehung der Jugend, so veröffentlichte der Pädagoge Johann C.F. GutsMuths 1796 sein Buch „Spiele“.

Dies ist ein Klassiker der Spielwissenschaft, denn zahlreiche Spielforscher berufen sich auf ihn. Weil dieses Buch als Grundlagenwerk nicht in Vergessenheit geraten soll, stellen wir es hier im Blog mit seinen Kernaussagen kurz vor.

Johann Christoph Friedrich GutsMuths lebte von 1759 bis 1839. Er gilt als der „Großvater“ des Turnens, weil er den „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn ausgebildet hat. Als Pädagoge war Gutsmuths in der „Erziehungsanstalt“ in Schnepfenthal in Thüringen bei Gotha über Jahrzehnte aktiv. Es war seine Idee, mit Kindern und Jugendlichen regelmäßig Leibesübungen durchzuführen. Aus dieser Erfahrung heraus, weil er die Wirkung der damit verbundenen Bewegungsspiele erlebte, schrieb er 1793 ein Lehrbuch über Gymnastik. Es folgte 1796 das Buch „Spiele – zur Uebung und Erholung des Körpers und des Geistes“.

Klassiker der Spielwissenschaft: „Spiele“ von GutsMuths

In diesem frühen Werk der Spielwissenschaft führt GutsMuths neun Gründe an, warum Spiele in der Erziehungsarbeit notwendig sind. Er zeigt ihren pädagogischen Nutzen auf, weil er anscheinend damals für sein innovatives Lehrkonzept viel Gegenwind erfahren musste. Spiele gelten bei manchen Kritikern bis heute als Zeitverschwendung, damals nannte man dies „Tändelei“. Der Ernst des Lebens besteht in einer zielgerichteten Arbeit, die Nutzen stiftet, aber Spiele? Was nutzen die? Weil er diese Frage fundiert beantworten wollte, schrieb GutsMuths eine ausführliche Einleitung. Seine Lebenserfahrung und seine Beobachtungen aus der Praxis mit den ihm anvertrauten „Zöglingen“ lieferten die Argumente. Sein Buch entwickelte sich zum Klassiker und es erschien bis 1878 mit der fünften Auflage neu überarbeitet und ergänzt.

Der pädagogischen Nutzen von Spielen

Kritisch äußert sich GutsMuths zu Karten-, Würfel- und sogenannten Hasardspielen (Glücksspielen). Diesen schreibt er nicht komplett die folgenden positiven Wirkungen zu. Er bezieht sich in erster Linie auf die von ihm zusammengetragenen und selbst erfundenen Bewegungsspiele in freier Natur. Erst in späteren Auflagen seines Buches fanden Brettspiele, aber eben ohne Geldeinsatz, ebenso Berücksichtigung, weil er ja die grundsätzliche Idee verfolgte, dass Spiele vor allem zur Erholung von Körper und Geist betragen sollten.

GutsMuths Bewegungsspiele Ballspiele

Bewegungsspiele, Ballspiele

 

Die „Notwendigkeit der Spiele“ und ihren pädagogischen Nutzen begründet GutsMuths 1796 so:

1. Geist und Körper bedingen sich. Nur in einem gesunden Körper kann ein gesunder Geist entstehen, deshalb sind Bewegungsspiele als Erholung nach einer intensiven Lernphase zwingend erforderlich.

2. Langeweile sei eines der drückendsten Übel für die Jugend. Deshalb liegt es in der Verantwortung der Erzieher, für ein motivierendes Spielangebot zu sorgen.

3. Jugendliche haben sich auf die von ihnen auszufüllenden, zukünftigen gesellschaftlichen Rollen einzustellen, dies könnten sie leichter trainieren, weil sie im Spiel „natürliche“ Rollen erfahren.

4. Lehrinhalte erzeugen nicht immer ein ausreichendes Interesse bei den Jugendlichen. Um die lähmende Gleichgültigkeit überwinden zu können, empfiehlt GutsMuths Spiele. Damit ist er einer der Wegbereiter des Gamification-Ansatzes für das 21. Jahrhundert 😉

5. Gerade in der Pubertät, dem Selbstfindungs- und Identitätsentwicklungsprosesses benötigen Jugendliche eine Stärkung ihres Selbstbewusstseins. Dies leisten Spiele, sie verschenken Erfolg.

6. Durch das Spiel entsteht Vertrauen, findet ein Austausch statt, der zu Offenherzigkeit und Freundschaft führt. Dies auch über Altersgrenzen hinweg.

7. Spiele bilden im Kleinen das Leben ab.Sie sind künstliche Herausforderungen, an denen sich die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Jugendlichen entwickeln können und sich damit auch ihr Charakter formen lässt.

8. Spiele erzeugten Lebensfreude und das Gefühl der Freude ist der gesitigen Gesundheit sehr zuträglich. Wenn Heiterkeit, Lust und Frohsinn öfter gepflegt werden würden, „würde nicht so viel Böses geschehen.“

9. Bewegungsspiele und Ballspiele tragen zur körperlichen Gesundheit wesentlich bei. Dazu hat GutsMuths ein separates Buch über Gymnastik und Leibesübungen verfasst.

Weiterführende Links zu GutsMuths

Der ausführlicher Artikel mit den Originaltexten von GutsMuths steht auf: ludologie.de

Ausführlicher Artikel zum Thema: Spielen? Was ist das?
Ein weiterer bedeutender Spielwissenschaftler ist Johan Huizinga: Homo ludens.

Dieser Artikel erscheint heute zum Weltspieltag am 28. Mai 2020, der unterstützt und getragen wird vom Deutschen Kinderschutzbund und dem „Bündnis Recht auf Spiel„.